Hersteller-Check Plastik in Kosmetik: So wird beim Ausstieg getrickst
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Eigenlob stinkt, in diesem Fall nach Verbrauchertäuschung: Wenn sich Kosmetikhersteller für den Verzicht auf Mikroplastik selbst auf die Schulter klopfen, ist das in vielen Fällen eher Marketing als ernstgemeinte Maßnahme. Zu diesem Ergebnis kommt ein Hersteller-Check von Greenpeace, der sich auf Aussagen der Firmen und eigene Recherchen beruft.
Das demonstrativ gute Gewissen vieler Hersteller konventioneller Pflegeprodukte rührt aus dem sogenannten Kosmetikdialog. Zu dem traf sich der Industrieverband Körperpflege und Waschmittel (IKW) mit dem Bundesumweltministerium, um Mikroplastik aus Produkten zu verbannen. Ihm ist zu verdanken, dass feste Plastikpartikel aus Peelings und anderen abwaschbaren Pflegeprodukten verschwunden sind.
Doch dieses Zugeständnis ist kaum mehr als ein Feigenblatt: Gel- und wachsartige Kunststoffe oder Suspensionen, das heißt feste Stoffe in Flüssigkeit gelöst, sind bei keinem Hersteller Teil der Selbstverpflichtung. Das ist auch kein Wunder: Jede Firma definiert selbst, was sie für Mikroplastik hält. Plastik, das nicht unter ihre Begriffsbestimmung fällt, landet weiterhin über den Abfluss in unseren Meeren.
Gestörte Selbstwahrnehmung
Demnach schneiden Firmen wie Beiersdorf mit der Marke Nivea oder Henkel mit Schwarzkopf auch lediglich nach den eigenen Maßstäben gut ab: Ihre Produkte sind frei von festen Plastikpartikeln. Die anderen drei Kriterien des Hersteller-Checks werden nicht grundsätzlich und vollständig erfüllt. Denn die firmeneigene Definition schließt eben nicht sämtliche Kunststoffe ein, folgerichtig sind die Produkte auch nicht frei von flüssigem, gel- und wachsartigem Plastik. Das vierte Kriterium wird genauso wenig erfüllt: Weder Beiersdorf noch Henkel können belegen, dass die eingesetzten Kunststoffe zweifelsfrei umweltverträglich sind.
Genau dasselbe Bild bietet sich bei den Eigenmarken der Drogerieketten Rossmann, Budnikowsky und DM. Einzig zertifizierte Naturkosmetikfirmen wie Lavera, Speick oder Weleda erfüllen erwartungsgemäß alle Kriterien.
Gefährlich und nicht ausreichend erforscht
Dass Kosmetik plastikfrei produziert wird, ist für gesunde Meere unabdingbar. Geschätzt 150 Millionen Tonnen Plastik belasten die Weltmeere, darunter teils zerkleinerter Plastikmüll, aber auch primäres Mikroplastik aus der Industrie – also Kunststoff, der bereits in winzig kleiner Form in Umlauf gebracht wird. Diese Plastikverbindungen können Giftstoffe an sich binden, die über die Nahrungskette auf unseren Tellern landen. Dass Speisefische zum Teil mit Plastik belastet sind, belegt ein Greenpeace-Report aus dem vergangenen Jahr. Was flüssige Kunststoffe in der Umwelt ausrichten, ist noch überhaupt nicht ausreichend erforscht.
„Jeden Tag gelangen Kunststoffe in fester und flüssiger Form aus Alltagsprodukten in unsere Flüsse und Meere“, sagt Sandra Schöttner, Greenpeace-Expertin für Meere. „Es wäre ein einfacher Schritt für große Firmen wie Beiersdorf oder Henkel, sie wegzulassen oder durch umweltfreundliche Alternativen zu ersetzen.“ Doch die Selbstverpflichtung ist offensichtlich gescheitert. Um die Meere wirksam vor diesem unnötigen Mehr an Plastikmüll zu schützen, braucht es ein umfassendes Verbot.
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