Fangquoten für den Dorsch in der Ostsee beschlossen
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Das Spiel wiederholt sich alle Jahre wieder: Im Oktober beschließt die Europäische Kommission die Fischerei-Fangquoten für die Ostsee – regelmäßig zur Enttäuschung von Umweltschützern und gegen ausdrücklichen wissenschaftlichen Rat. Das ist auch 2016 nicht anders: Die beschlossene maximale Fangmenge für 2017 liegt deutlich über der Empfehlung der Fachleute. Der Rat für Meeresforschung (ICES) sprach sich für weniger als 1588 Tonnen aus, um dem Dorschbestand und damit auch der Ostseefischerei eine Chance zu geben. Auf rund dreieinhalb mal so viel kamen die EU-Fischereiminister nach langer Diskussion: Sie beschlossen eine Quote von 5597 Tonnen.
Für die Dorschbestände kämen allerdings sogar geringere Fangquoten eigentlich zu spät: Wegen jahrzehntelanger Misswirtschaft gehen den Fischern ohnehin kaum noch Tiere ins Netz. Bis in die Siebzigerjahre war der Dorschbestand der westlichen Ostsee groß genug, um fast 50.000 Tonnen jährlich zu fangen. Inzwischen ist die Ostsee, was den Dorsch angeht, weniger überfischt als vielmehr fast entfischt.
Dank der Entscheidung des Fischereiministerrates geht die Ausbeutung der wenigen verbliebenen Dorschbestände ungebrochen weiter. Das geht schon lange Zeit so: Der Dorsch ist schließlich ein ausgesprochen beliebter Speisefisch. Die Exemplare etwa aus dem Nordatlantik landen als Kabeljau in der Fischtheke, biologisch handelt es sich dabei um die gleiche Art.
Nachhaltigkeit geht nur mit Handwerksfischerei
Zu den Leidtragenden der Überfischung gehört nicht bloß der Dorsch selbst, sondern auch die mit traditionellen Methoden arbeitende Küstenfischerei: Regionale Kleinunternehmen, die eben nicht mit Grundschleppnetzen im industriellen Maßstab die Weltmeere abfischen, sondern kleinere Mengen vollständig verarbeiten, wenig Beifang erzeugen und die beste Chance auf eine nachhaltige Zukunft bietet – für die Fischbestände und die Menschen, die vom Meer leben.
Damit die auch weiterhin ihren Lebensunterhalt mit der Fischerei bestreiten können, muss die kleine, traditionelle Küstenfischerei gestärkt werden, zum Beispiel mit Ausgleichszahlungen der EU. Gleichzeitig müssen andere politische Voraussetzungen für eine nachhaltige Fischwirtschaft geschaffen werden: durch konsequente Fangverbote, vor allem in den ausgewiesenen Schutzgebieten, und den Abbau der Grundschleppnetz-Fangflotte.
Doch Fangquoten, wie sie bislang festgelegt wurden, dienen vor allem denen, die für die Misere verantwortlich sind: Großunternehmen und ihre Trawlerflotten, die aufgreifen, was an Bestand noch vorhanden ist. Zudem wurde in den bisherigen Berechnungen nicht die Angelfischerei berücksichtigt, die mit großen Beutemengen ihrerseits zur Überfischung der Ostsee beigetragen hat.
Ewiges Streitthema Fangquote
Doch wie kommen die Fangquoten der EU überhaupt zustande? Zunächst einmal sind sie das Ergebnis unterschiedlicher Abwägungen: Einerseits geht es um die Erhaltung der Bestände und den Schutz des marinen Ökosystems. Genauso versucht der Fischereirat allerdings auch, die Fischereiwirtschaft wettbewerbsfähig zu halten und die Fangmöglichkeiten gerecht aufzuteilen. Zwei wissenschaftliche Gutachten geben dazu fachlichen Input: zum einen das Gutachten des Wissenschafts-, Technik- und Wirtschaftsausschusses für die Fischerei, zum anderen das des Internationalen Rats für Meeresforschung.
Wie bereits in der Vergangenheit fiel die Entscheidung dieses Jahr erneut politisch statt wissenschaftlich aus. Ein weiterer Hebel bleibt: Der aktualisierte Greenpeace-Fischratgeber hilft Verbrauchern, ihren Einfluss auf die Fischindustrie geltend zu machen – indem er aufzeigt, welche Arten bedenkenlos eingekauft werden können. Keine Überraschung: Dorsch empfiehlt der Fischratgeber nicht.
>>> Hier können Sie den Greenpeace-Fischratgeber kostenfrei herunterladen.