Nach Greenpeace-Kampagne: Krillindustrie unterstützt Meeresschutzgebiete in der Antarktis
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Eigentlich ist die Konferenz der CCAMLR kein sonderlich bemerkenswerter Eintrag im Kalender. Eine Arbeitsgruppe dieser Kommission zum Schutz der Antarktis trifft sich derzeit im britischen Cambridge, um über die Beobachtung und das Management von Ökosystemen zu sprechen. Business as usual – erst im Oktober steht die historische Entscheidung an, ob in der Antarktis tatsächlich das größte Meeresschutzgebiet der Welt entsteht: 1,8 Millionen Quadratkilometer, rund fünfmal die Größe Deutschlands. Definitiv keine Alltäglichkeit.
Doch das Vorab-Treffen jetzt im Juli hat es wider Erwarten in sich. Anlässlich der Konferenz erklärte der Branchenverband der Krillindustrie, in großen Gebieten rund um die antarktische Halbinsel auf Fischerei zu verzichten. Dazu gehören auch Pufferzonen im Umkreis bis zu 40 Kilometern um Pinguinkolonien. Zusätzlich zu ihrer freiwilligen Verpflichtung unterstützen die Fischereiunternehmen ausdrücklich die Forderung nach einem Schutzgebiet im Weddellmeer – sowie nach einem ganzen Netzwerk von Schutzgebieten. Diese Entwicklung hat Gewicht: Die beteiligten Unternehmen decken zusammen 85 Prozent des gesamten Krillfangs in der Antarktis ab.
Rückhalt aus der bundesdeutschen Politik
Zur gleichen Zeit kommt auch von der Bundesregierung Unterstützung für das geplante Meeresschutzgebiet. Fischereiministerin Julia Klöckner (CDU) hat sich gestern Abend am Rande der CCAMLR-Konferenz in einer Videobotschaft zu Wort gemeldet, in der sie Greenpeace ausdrücklich für die Arbeit zum Schutz der Meere dankt. Sie verspricht: „Die Bundesregierung wird alles in ihrer Macht Stehende tun, um alle Vorbehalte, die unsere internationalen Partner noch haben mögen, auszuräumen.“
Zuvor hatte der Bundestag die Bundesregierung einstimmig aufgefordert, sich mit allen diplomatischen Mitteln für das Weddellmeer einzusetzen. Die deutsche Regierung selbst muss nicht von der Notwendigkeit überzeugt werden; sie selbst war es, die den Vorschlag für das Schutzgebiet einbrachte. Andere Nationen mit wirtschaftlichen Interessen an der Antarktis brauchen noch Entscheidungshilfe.
Greenpeace setzt sich mit seiner „Protect the Antarctic“-Kampagne seit Beginn des Jahres tatkräftig für eine international vor Eingriffen geschützte Region im Weddellmeer ein. Dabei geht es vor allem darum, die dort vorherrschende Form der industriellen Fischerei, den Krillfang, zu beenden. Die Arctic Sunrise war vor Monaten mit Aktivisten und Wissenschaftlern an Bord am Südpol unterwegs. Die Bilder der Expedition zur antarktischen Halbinsel belegen, dass unter Wasser ein empfindliches Ökosystem gedeiht – eines das unbedingt unberührt von Schleppnetzen und anderen schädlichen Fischereipraktiken bleiben muss. In Cambridge führt Greenpeace dieser Tage eine beeindruckende 360-Grad-Videoinstallation vor, die Besuchern diese Schönheit der Antarktis nahebringt – zu besichtigen für alle, nicht bloß für Offizielle der Schutzkommission.
Was macht Krill so begehrt?
Krill sind winzige garnelenartige Tierchen, die in der Antarktis aber eine Schlüsselrolle spielen. Robben, Wale und Pinguine sind zur Ernährung auf sie angewiesen – ohne Krill wäre die Nahrungskette am Südpol hier zu Ende. Doch die Krillvorkommen der Antarktis wecken die Begehrlichkeiten der Industrie. Mit Trawlern fischen sie die rosa Schwärme ab, die zu Futtermehl für die Fischzucht verarbeitet werden – oder zu Nahrungsergänzungsmitteln. Krill ist eine Quelle von Omega-3-Fettsäuren. Die sind zwar gut für die Gesundheit, können aber ohne Weiteres durch gleichwertige vegane Alternativen ersetzt werden.
Millionen Menschen für den Meeresschutz
Gesunde Krillbestände bedeuten ein gesundes Ökosystem – und Meere im Gleichgewicht sind eine Lebensvoraussetzung für uns alle. Darum forderten bereits 1,7 Millionen Menschen zusammen mit Greenpeace den Schutz des Weddellmeers. Einer davon: Hollywood-Schauspieler und Oscar-Preisträger Javier Bardem, der an Bord der Arctic Sunrise die Antarktis aus erster Hand erlebte und seitdem wirkungsvoll als Botschafter für das Schutzgebiet wirbt.
Das ist noch immer nicht in trockenen Tüchern – bereits eine einzige Gegenstimme kann im Oktober den Plan kippen. Doch das Signal ist stark, findet Sandra Schoettner, Greenpeace-Expertin für Meere: „Das ist ein wesentlicher Schritt auf dem Weg zum größten Meeresschutzgebiet der Welt – und er kommt zum richtigen Zeitpunkt.“