Aufräumaktion auf der Helgoländer Düne
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Dutzende Helfer räumten gestern Helgolands Düne auf und waren erstaunt, was in zwei Stunden an einem vermeintlich sauberen Strand an Plastikmüll zusammenkam.
„Mädels, geht einen weiten Bogen drumherum“, ruft eine Frau ihren beiden jungen Schützlingen zu. Mit blauer Plastiktüte und Greifzange laufen die zwei Mädchen den Inselstrand der Helgoländer Düne ab – und sind dabei so in ihre Schritte vertieft, dass sie die paar Dutzend Kegelrobben vor ihnen beinahe übersehen. Denn ihre Aufmerksamkeit gilt nicht der Helgoländischen Fauna – sie interessieren sich für menschliche Hinterlassenschaften, die deren Lebensraum verschmutzen.
Freiwillige, darunter auch viele Greenpeace-Ehrenamtliche und Mitglieder des Vereins Jordsand, räumen den Strand auf, hauptsächlich von vergessenem und angeschwemmtem Plastikmüll. Rebecca Störmer, Initiatorin des Beach Clean Ups gibt am Treffpunkt um 15 Uhr ein paar Regeln aus: Nicht durch die Dünen laufen, die ausgeschilderten Brutplätze beachten – und eben einige Meter Abstand von den Robben halten, die typisch für die Nordseeinsel Helgoländer Düne sind. Wer will, kriegt Handschuhe und eine Karte, dann verteilt sich die Gruppe am gesamten Strand zum Sammeln.
Auf Plastiksuche auf der Düne
Und das geht nicht ohne Konzentration. „So viele dreckige Strände zum Aufräumen, ausgerechnet der hier ist sauber“, murrt eine Freiwillige halbernst. Tatsächlich findet sich auf der Düne zunächst wenig Kunststoffabfall: Ein klein wenig Schatzsuche-Feeling stellt sich bei den rund 50 Helfern ein. Auch wenn das, was sie zu finden beabsichtigen, überhaupt nicht zum Jubeln ist.
Doch so langsam füllen sich doch die Taschen und Säcke: Selbst an dem vermeintlich sauberen Strand liegen Plastikflaschen und Verpackungsabfall. Ein langes und schweres schwarzes Band, etwa dreißig Zentimeter breit, steckt zwischen den Felsen in der Nähe des Leuchtturms fest. So gut wie jeder, der daran vorbeiläuft, versucht sich daran: Man erkennt die Eifrigen später leicht an dem schwarzen Teer an ihren Händen – jetzt weiß man, wozu die Handschuhe gut gewesen wären. Die meisten geben schnell auf, lediglich Paulo, ein portugiesisches Crewmitglied des Greenpeace-Schiffes Beluga, gräbt und buddelt mit großer Ausdauer. Auch er muss sich aber letztlich geschlagen geben.
Gefährliche Fundstücke
Ein paar Meter weiter ist Leonie erfolgreicher. Zwischen den Felsen hat sie ein großes Fischernetz gefunden – und eine gute Idee, wie sie das verhedderte Plastik losbekommt: Mit einem abgebrochenen Feuerstein sägt und schneidet sie das Netz ab. Das dauert zwar eine Weile, aber irgendwann hat sie das blaue Gestrüpp unterm Arm und balanciert über die Steine zurück auf den Strand. Gerade dieser verlorengegangene Fischereimüll ist ein riesiges Problem für den Helgoländer Natur- und Artenschutz. Neben Netzen werden auch immer wieder sogenannte Dolly Ropes angeschwemmt: Plastik-Fransen von Grundschleppnetzen, die Vögel zum Nestbau verwenden. Oft verheddern sich die Tiere aber in dem unnachgiebigen Material und strangulieren sich selbst.
Nach zwei Stunden tragen die Helfer ihre Beute zusammen – in der kurzen Zeit ist einiges zusammengekommen. Auf einem großen Haufen liegen weitere Netze, ein halber Wäschekorb, vergessene Badelatschen und der Schaft eines gelben Gummistiefels. Weiterer gesammelter Müll liegt in einem halben Dutzend Säcke vor dem Dünenrestaurant, in dem um 18 Uhr eine ungewöhnliche Preisverleihung stattfindet: Die Top 3 der sonderbarsten Fundstücke werden gekürt.
Öl und jede Menge Haushaltsgegenstände
Platz drei geht an den Finder eines Paars Slipper. Skurril ist daran vor allem, dass es sich um zwei linke Schuhe handelt. Aber das lässt sich erklären: Seit einem Schiff hier vor Jahren ein Container über Bord ging, finden Leute immer wieder diese Latschen am Strand – ungetragen, sozusagen. Den zweiten Platz gibt es für einen – vollen! – Ölkanister, den ersten für einen Teppich, den jemand am Strand entsorgt hat. Der vier Jahre alte Finder holt sich seinen Preis, einen Schwimmbadgutschein, allerdings nicht selbst ab; zu müde von getaner Arbeit ist er mit seinen Eltern schon unterwegs nach Hause.
Für die zwei Stunden Aufräumaktion hielt der Wettergott eine schützende Hand über die Düne, mittlerweile ist es nieselig und grau. Vor dem richtigen Regen wollen die meisten wieder übersetzen zur Hauptinsel. Davor muss der Müll allerdings noch in einen Käfig zum Abtransport gewuchtet werden. Und dann, endlich: Feierabend. Der Strand ist gereinigt, die Felsen sind etwas weniger gefährlich für Vögel, in die Kegelrobben-Versammlung ist auch niemand mehr hineingerannt. Und die vielen Helfer sind erschöpft, aber glücklich. Denn Sie wissen: Sie haben für eine saubere Sache geschuftet.