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Alexander Hissting, Gentechnik-Experte bei Greenpeace

Erste konventionell erzeugte Milch in Deutschland ohne Gentechnik

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Die erste konventionelle Milch, die das Label "ohne Gentechnik" tragen darf, ist auf dem Markt. Damit wird einem Kundenwunsch entsprochen. Wir sprachen mit unserem Landwirtschaftsexperten Alexander Hissting über die neue Milch.

GP-Online: Welche Situation findet der Verbraucher derzeit vor, wenn er in den Supermarkt geht, um sich Milch zu kaufen?

Alexander Hissting: Bislang hatte die Verbraucherin oder der Verbraucher nur die Wahl zwischen konventionell produzierter Milch und Bio-Milch. Wobei bei der zuerst genannten nicht zu erkennen ist, ob Gen-Pflanzen im Futter waren oder nicht, obwohl seit April letzten Jahres die EU-Kennzeichnungsverordnung gilt. In diesem Punkt hat die Verordnung nämlich eine Lücke - zu Ungunsten der Verbraucher.

GP-Online: Nun wird von diesem Montag an die erste konventionell erzeugte Milch in Deutschland mit dem Label ohne Gentechnik in den Supermarkt kommen. Was sagt Greenpeace dazu?

Alexander Hissting: Wir begrüßen diesen Schritt der Bergweide GmbH sehr. Dadurch haben die Verbraucher eine deutliche Möglichkeit, ihre Ablehnung der Gentechnik bei der Milcherzeugung zu demonstrieren. Denn bisher haben wir die Erfahrung gemacht, dass die Milchbranche den Ergebnissen von Verbraucherbefragungen nicht so recht glauben will.

GP-Online: Und das ist bei den Anbietern der Milch ohne Gentechnik anders?

Alexander Hissting: Ja, denn die Bergweide GmbH und die ebenfalls mit eingebundene Upländer Bauernmolkerei haben das, was in den Umfragen zutage trat, nämlich der Verbraucherwunsch keine Gentechnik bei der Milcherzeugung, konsequent umgesetzt.

GP-Online: Warum kommt dieser Schritt jetzt erst? Ist es nicht relativ einfach, auf Gen-Pflanzen im Tierfutter zu verzichten?

Alexander Hissting: Die von Greenpeace zusammengetragenen Listen mit Futtermittelanbietern in ganz Deutschland zeigen, dass man überall im Land Tierfutter ohne Gen-Pflanzen beziehen kann. Allerdings erfordert ein Label ohne Gentechnik noch viel mehr. Und das gab es bislang so noch nicht. Deshalb mussten erst einmal in akribischer Kleinarbeit Kontrollmechanismen aufgebaut werden. Daran waren neben den Futtermittelherstellern konventionell Landwirtschaft betreibende Bauern und der Handel sowie die Molkerei beteiligt. Sie alle mussten zusammenarbeiten. Und das hat hier hervorragend geklappt!{image_r}

GP-Online: Was sind das für weitergehende Anforderungen?

Alexander Hissting: Außer dass das Futter keine Gen-Pflanzen enthält, dürfen die Tiere auch nicht mit Medikamenten behandelt werden, die gentechnisch oder mit Hilfe genmanipulierter Organismen hergestellt wurden. Auch dürfen keine so produzierten Zusatzstoffe im Futter sein. Diese hohen Anforderungen wurden 1998 vom damaligen Bundesgesundheitsminister Horst Seehofer festgeschrieben. Sind sie erfüllt, darf man freiwillig die Kennzeichnung ohne Gentechnik verwenden.

GP-Online: Das klingt nach sehr viel Arbeit und sehr viel Kosten?

Alexander Hissting: Nach Angaben der Molkerei wird der Preis für den Liter Milch nur wenige Cent über dem von konventioneller Milch liegen. Hier zeigt sich eindrucksvoll, was ein gemeinsamer Wille bewirken kann: Molkerei, Handel und Landwirte haben sich zusammengerauft, um den Verbraucherwunsch zu erfüllen. Dabei wurden auch die Bedürfnisse der Beteiligten berücksichtigt. So bekommen die Bauern faire Preise für die von ihnen gelieferte Milch. Das ist ein gutes Vorbild für andere: Man geht einen Weg, der allen hilft. Fast könnte man hier von einer so genannten Win-Win-Situation reden - auch für die Verbraucher.

GP-Online: Was bleibt jetzt noch zu tun?

Alexander Hissting: Da die Milch ohne Gentechnik zunächst nur in Hessen und Thüringen sowie in Teilen Bayerns und Niedersachsens zu erhalten sein wird, haben es nun die Verbraucher in diesen Ländern in der Hand. Ich hoffe, dass die Verbraucher zu ihren Wünschen stehen. Vom Handel wünsche ich mir, dass er das neue Produkt ins Sortiment aufnimmt, auch außerhalb der Startländer.

Prinzipiell fordern wir jedoch: Nicht diejenigen, die auf eine neue Technologie verzichten und sich davor schützen wollen, müssen die Arbeit und Kosten für eine Kennzeichnung haben. Vielmehr sollten diejenigen, die die neue Technologie unbedingt nutzen wollen, dafür sorgen. Das Beste wäre demnach, wenn die Produkte, bei deren Herstellung Gen-Pflanzen eingesetzt wurden, eine Kennzeichung mit Gentechnik tragen müssten.

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