Agrar-Konzern sichert sich weitreichende Patentansprüche
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Der schweizer Agrar-Riese Syngenta hat ein Patent erhalten – auf eine Tomate, die besonders viele gesunde Inhaltstoffe (Flavonole) enthalten soll. Dazu hat der Konzern wilde Tomaten mit bereits gezüchteten Sorten gekreuzt. Doch ein Patent ist ein Schutzrecht für eine Erfindung – wie zum Beispiel die Glühlampe. Die Frage ist daher: Wieso ist die Tomate eine Erfindung? Das Gemüse an sich gibt es bereits und musste nicht von Syngenta erfunden werden. Die Leistung des Konzerns besteht lediglich darin, eine neue Sorte gezüchtet zu haben. Generationen an Landwirten verbessern seit jeher so ihre Pflanzen.
Dass weder Züchtungen noch Pflanzensorten patentwürdig sind, steht auch in den europäischen Patentgesetzen. Doch das Europäische Patentamt (EPA) legt das Patenrecht anders aus und vergibt Patente auf Pflanzen – vom Saatgut bis zur Ernte. Greenpeace und andere Organisationen wie Keine Patente auf Saatgut haben immer wieder Einsprüche eingereicht. Diese gehen allerdings an die Einspruchsabteilung, die zum EPA gehört. Das Patentamt kontrolliert sich rechtlich also selbst. Und da es von den Einnahmen aus erteilten Patenten lebt, ist das Ergebnis vorhersehbar. Die Industrie freut es.
In der Hand von Konzernen
„Mit der Erteilung dieser Patente ignoriert das EPA die Interessen der Allgemeinheit und bedient stattdessen das eigene Klientel“, sagt Christoph Then von Keine Patente auf Saatgut. „Wenn diese Entwicklung nicht gestoppt wird, geraten wir alle immer mehr in die Abhängigkeit großer Konzerne wie Monsanto, Syngenta und Dupont.“ In der Tat kontrollieren diese drei Konzerne bereits 50 Prozent des weltweit gehandelten Saatguts. Mit der Tomate ist ein weiteres Nahrungsmittel in die Sammlung eingegangen.
Patente sichern den Inhabern weitgehende Rechte: Sie können bestimmen, was wo unter welchen Bedingungen angebaut wird. Kriterien wie Vielfalt spielen dabei keine Rolle – was zählt ist der Profit. Dabei ist Saatgut die Grundlage unserer Ernährung. Wir sind auf eine Vielfalt und nicht auf wenige Hochertragssorten angewiesen. Nur so lassen sich auch künftig neue Pflanzen züchten, die besonderen Ansprüchen, zum Beispiel bedingt durch den Klimawandel, gerecht werden.
Die eigenwillige Handhabung des Patentrechts stößt auch in der Politik auf immer mehr Kritik: Die Niederlande, Frankreich und Deutschland haben angekündigt, gegen das EPA vorzugehen. Jetzt müssen Taten folgen, fordert Then: „Die Bundesregierung muss im Verwaltungsrat des Europäischen Patentamtes aktiv werden, dem einzigen politischen Kontrollgremium des Amtes. Durch eine gemeinsame Initiative mit anderen Regierungen könnte so in naher Zukunft die Erteilung weiterer derartiger Patente verhindert werden.“
Unterstützen auch Sie die Initiative Kein Patent auf Saatgut, zu der auch Greenpeace gehört.