Niederlage für Stammzellenforscher Brüstle
Darf der deutsche Stammzellenforscher Oliver Brüstle sein 1997 erteiltes Patent auf embryonale Stammzellen behalten, wenn dafür Embryonen zerstört werden? Darüber entschied der Europäische Gerichtshof in Luxemburg am 10. März 2011.
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Darf der deutsche Stammzellenforscher Oliver Brüstle sein 1997 erteiltes Patent auf embryonale Stammzellen behalten, wenn dafür Embryonen zerstört werden? Der Europäische Gerichtshof in Luxemburg folgte am 10. März 2011 der Auffassung von Greenpeace: Zellen, die sich zu Menschen entwickeln können, seien keine Erfindung und dürften nicht patentierbar sein. Dies verkündete Generalanwalt Yves Bot in Anwesenheit des Patentinhabers und seiner Anwälte.
Hintergrund der Verhandlung am Europäischen Gerichtshof ist ein Patentstreit zwischen Greenpeace und Oliver Brüstle. Nach einer Klage von Greenpeace hatte das deutsche Bundespatentgericht 2006 das Stammzellenpatent von Brüstle für nichtig erklärt. Brüstle hatte daraufhin Berufung beim Bundesgerichtshof eingelegt. Dieses hatte das Verfahren im vergangenen Jahr ausgesetzt, um den Europäischen Gerichtshof nach der Auslegung des Begriffs "menschlicher Embryo" zu fragen, der in der Patent-Richtlinie 98/44/EG über den rechtlichen Schutz biotechnologischer Erfindungen nicht definiert wird.
Der Generalanwalt verkündete heute, dass eine Erfindung nicht patentierbar ist, wenn die Durchführung des Verfahrens die vorherige Zerstörung menschlicher Embryonen oder ihre Verwendung als Ausgangsmaterial erfordert.
Aus der Urteilsbegründung des Europäischen Gerichtshofes: Als Embryo anzuerkennen ist auch die Blastozyste - ein späteres Stadium der embryonalen Entwicklung zu einem bestimmten Zeitpunkt, nämlich ungefähr fünf Tage nach der Befruchtung - da, so der Generalanwalt, die Menschenwürde, auf die die Richtlinie Bezug nimmt, nicht nur für den existierenden Menschen, das geborene Kind, gilt, sondern auch für den menschlichen Körper vom ersten Stadium seiner Entwicklung an, d. h. dem der Befruchtung.
Wir hoffen, dass der Fall jetzt zu einer endgültigen Klärung der gesetzlichen Grundlagen führt, sagt Christoph Then, Patentberater von Greenpeace. In der Europäischen Union muss das Verbot der kommerziellen Nutzung menschlicher Embryonen als ethische Grenze im Patentrecht konsequent umgesetzt werden. Mit Spannung erwarten wir das für den Sommer erwartete abschließende Urteil des Europäischen Gerichtshofes.
Brüstle und seine Anwälte hatten sogar gefordert, geklonte menschliche Embryonen - entstanden durch die Transplantation der Erbinformation aus einer Körperzelle in eine Eizelle - zum Gegenstand der Patentierung zu machen. Auch dagegen sprach sich der Generalanwalt heute in Luxemburg aus.
Auch in der Politik wird der weitere Etappensieg von Greenpeace gegen das Stammzellen-Patent begrüßt. Ich bin sehr froh, dass wir nun ein Urteil erwarten können, das menschliche Lebewesen in der Frühform ihrer Entwicklung nicht zum Objekt kommerziellen Handelns macht, sagt Dr. Peter Liese, Arzt und Mitglied des Europäischen Parlaments. Das Plädoyer des Generalanwalts bedeutet einen großen Erfolg für alle, die für Ethik in der modernen Biotechnologie eintreten (...). Die Entwicklung der letzten 10 Jahre hat gezeigt, dass die Hoffnungen, die in embryonale Stammzellen gesetzt wurden, sich bei weitem nicht erfüllt haben; alternative Forschungszweige nützen dem Patienten wesentlich mehr.