Gen-Mais-Monster über Brandenburg
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Etwa 50 Greenpeace-Aktive haben am Dienstag eine der größten Anbauflächen für genmanipulierten Mais in Brandenburg schon von weitem sichtbar gemacht: Über dem Acker des Agrargroßbetriebes LVG Seelow im Landkreis Märkisch-Oderland schwebte an einem Drachen ein 16 Meter hohes Transparent mit dem Bild eines Gen-Mais-Monsters.
Im Boden des Ackers in Seelow steckt schon die Saat des US-Gentechnikgiganten Monsanto: der Gen-Mais MON810. Bis vor kurzem betrug die von der LVG Seelow im Anbaukataster angemeldete Fläche noch 119 Hektar. Doch in den letzten Tagen mussten rund 80 Hektar wieder aus dem Kataster gestrichen werden.
So hatte die LVG Seelow im Anbaukataster der Bundesregierung einige Flächen falsch angemeldet. Erst vergangene Woche zog der Betrieb eine Fläche zurück, die sich als örtlicher Friedhof entpuppt hatte. Auch eine Pferdekoppel galt laut Anbaukataster als Gen-Mais-Acker.
"Die meisten Landwirte in Deutschland haben sich längst gegen die Gen-Saaten von Monsanto entschieden", stellt Henning Strodthoff, Gentechnikexperte von Greenpeace, in Seelow fest. "Nach Greenpeace-Recherchen bewirtschaften nur zehn Gentechnik-Befürworter bundesweit 85 Prozent der im Anbaukataster angemeldeten Flächen für Gen-Mais."
Und nicht nur die Landwirte verabschieden sich wegen der Gefahren vom Gen-Mais: Der Anbau von MON810 ist in Polen, Ungarn und Österreich bereits verboten. Dazu passt: Seit Februar wurden für die diesjährige Aussaat von genmanipuliertem Mais über 1.000 Hektar gemeldet. Bis heute wurde für rund 270 Hektar die Meldung wieder zurückgezogen.
Landeigentümer können Gen-Pflanzenanbau verhindern
Ein Grund für den Rückgang der bundesweit gemeldeten Flächen sind die Proteste von angrenzenden Biobauern und von Landbesitzern gegen Gen-Pflanzen, erklärt Strodthoff.
Landeigentümer können den Anbau auf ihren Flächen einfach verbieten. Viele der betroffenen Landeigentümer wissen jedoch bis heute nicht, dass ihre Pächter auf ihrem Land Gen-Mais anbauen wollen, so Strodthoff.
Seelow fest in der Hand von Monsanto
Das Interesse der LVG Seelow an Monsanto-Saaten ist groß: Der Ehemann der LVG-Chefin, Dr. Wolfgang Vögler, ist gleichzeitig Leiter der Produktentwicklung der Monsanto Deutschland GmbH mit Sitz in Düsseldorf. Im Report "Ein Gentechnik-Gigant kontrolliert die Landwirtschaft" legt Greenpeace die Strategien Monsantos zur weltweiten Kontrolle der Landwirtschaft offen.
Update vom 4. Mai 2005
Die Anbaufläche für Gen-Mais in Deutschland schrumpft weiter. Wie Greenpeace bei einem Blick in das noch öffentliche Anbauregister feststellte, sind jüngst in Brandenburg rund 167 Hektar Fläche wieder abgemeldet worden. "Zwei der zehn Groß-Anbauer von Gen-Mais verzichten nun komplett auf den Anbau. Das betrifft die Standorte Guben und Neuholland", sagte Henning Strodthoff, Gentechnikexperte bei Greenpeace. "Wir freuen uns, dass damit zwei Drittel der angemeldeten Flächen in Brandenburg wieder zurückgezogen worden sind."
Von den ursprünglich einmal in ganz Deutschland für den Anbau von Gen-Mais angemeldeten 1.100 Hektar sind damit bereits 437 Hektar wieder weggefallen, das entspricht einer Reduktion von rund 39 Prozent. Von den verbleibenden 672 Hektar werden über 80 Prozent von nur acht Gentechnik-Befürwortern bewirtschaftet.
"Bislang war Brandenburg das Bundesland mit den meisten Flächen für den Gen-Maisanbau", sagt Strodthoff. "Nun ist es hinter Sachsen-Anhalt und vor allem Mecklenburg-Vorpommern zurückgefallen. Was besonders absurd ist, weil der Maisschädling, gegen den der Gen-Mais gewappnet sein soll, in dem nördlichen Bundesland nur ein ganz marginales Problem darstellt."
Update vom 23. Mai 2005
Die polnische Regierung hat entschieden, dass alle 17 Sorten des Gen-Maises MON810 des US-Gentechnikkonzerns Monsanto verboten werden. Zugleich wandte sie sich an die anderen EU-Mitgliedsländer, Schritte einzuleiten, um den Anbau des Gen-Maises in Europa zu verhindern.
Greenpeace-Aktive hatten in den vergangenen Wochen mehrfach in Warschau gegen den möglichen Anbau von MON810 im Land protestiert. "Die polnische Regierung hat eine verantwortungsbewusste Entscheidung getroffen", sagte Maciej Muskat von Greenpeace Polen. "Eine Bedrohung für die biologische Vielfalt in unserem Lande ist damit gebannt. Außerdem schützt die Entscheidung polnische Bauern vor Zusatzkosten, weil ihr Mais nicht mit Gentechnik kontaminiert wird. Nun sollten andere EU-Länder dem Beispiel Polens folgen."
MON810 wurde im September 2004 in den EU-Sortenkatalog aufgenommen. Damit war der Handel EU-weit für den Gen-Mais erlaubt. Inzwischen stellte sich heraus, dass für die genmanipulierten Pflanzen kein den EU-Anforderungen entsprechender Überwachungsplan von Monsanto vorliegt. Außerdem geben neueste Studien Anlass zu erheblichen Zweifel an der Umweltverträglichkeit. In einer solchen Situation haben die EU-Länder das Recht, selbst über eine Zulassung zu entscheiden. So verbot Ungarn MON810 bereits im Januar.