Erfolg aus Brüssel: Das Gesetz zur Wiederherstellung der Natur steht
- Ein Artikel von Gesche Jürgens, Agneta Melzer
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Gute Nachrichten aus Brüssel: Nach langem Ringen hat der Rat der EU-Umweltminister:innen dem Gesetz zur Wiederherstellung der Natur zugestimmt. Was bringt das Gesetz?
Es war ein Politkrimi vom Allerfeinsten, doch nach vielem Hin und Her, deutlicher Abschwächung des ursprünglichen Vorschlags und langem Ringen selbst um diesen Kompromiss hat der Rat der EU-Umweltminister:innen dem Gesetz zur Wiederherstellung der Natur zugestimmt. Die Mehrheit war denkbar knapp und hing letztlich an Österreich. Dort setzte sich Grünen-Ministerin Leonore Gewessler über ihren konservativen Koalitionspartner hinweg und stimmte mit “Ja”.
Was bringt das Gesetz zur Wiederherstellung der Natur?
Derzeit sind 80 Prozent der natürlichen Lebensräume in der EU in einem schlechten Zustand: Moore entwässert, Flüsse begradigt, Wälder intensiv forstlich genutzt. Dazu kommt, dass die konventionelle Landwirtschaft selten nachhaltig ist, mit ihrem hohen Einsatz an chemisch-synthetischen Pestiziden und Düngemitteln, die der Natur zu wenig Raum, zum Beispiel in Form bunt blühender Ackerrandstreifen, gibt. Daher bestand und besteht großer Handlungsbedarf.
Das Gesetz macht dazu mehr als 30 Vorschläge in verschiedenen Bereichen. Zu den Maßnahmen gehören beispielsweise die Wiedervernässung von Mooren und eine landwirtschaftliche Nutzung dieser Standorte (so genannte Paludikultur), eine Ökologisierung der Landwirtschaft (Reduktion von Pestiziden und Düngern, Umbau der Tierhaltung), eine naturnahe Forstwirtschaft mit mehr heimischen Baumarten, mehr alten Bäumen und mehr Totholz sowie die Renaturierung von begradigten und aufgestauten Flussläufen. Dazu geht es auch um mehr Stadtnatur: zum Beispiel mehr Parks, Straßenbäume und Hecken, aber auch Kleingewässer wie Teiche, begrünte Dächer und Stadtgärten. Mehr zu den Vorschlägen im Gesetz zur Wiederherstellung der Natur hier.
Um das Gesetz überhaupt durchzusetzen, wurde es im Laufe der Verhandlungen abgeschwächt. Dennoch: Es ist eine einmalige Chance, die Klima- und Naturkrise in der EU gemeinsam anzugehen. Und daneben ist es ein wichtiges Signal an die Weltbiodiversitätskonferenz im Herbst in Kolumbien, dass die EU ihre Hausaufgaben in Sachen Schutz der Artenvielfalt auch in ihren Mitgliedstaaten erledigt. Greenpeace hat sich gemeinsam mit vielen anderen Organisationen der Zivilgesellschaft für das Gesetz stark gemacht und an diversen Beispielen gezeigt, wo es beim Schutz der Natur in Europa hapert.
Warum ist das Gesetz gut für uns Menschen?
Das Gesetz soll dazu führen, dass sich der Zustand der Natur wieder verbessert. Das ist dringend notwendig, und zwar nicht nur für Tiere und Pflanzen, sondern auch für uns Menschen. Denn viele dieser Maßnahmen kommen uns direkt zugute, weil sie beispielsweise die Luftqualität und das Mikroklima verbessern und an heißen Tagen für Kühlung sorgen.
- Intakte Natur ist unsere Lebensgrundlage. Sie versorgt uns mit fruchtbaren Böden, sauberer Luft und reinem Trinkwasser.
- Intakte Natur schützt uns vor Extremwetter wie Hitzewellen, Dürren, Starkregen und Überschwemmungen. So können beispielsweise gesunde Wälder mehr Wasser aufnehmen, aber auch Flussauen oder Moore, und auch jede Grünfläche in der Stadt nimmt mehr Wasser auf als versiegelter Boden. Bäume kühlen außerdem ihre Umgebung; Wälder, aber auch bereits einzelne Stadtbäume sind deshalb bei starker Hitze gesundheitsschützend.
- Ökosysteme wie Wälder und Moore sind bedeutende Klimaschützer, indem sie das Klimagas CO2 aus der Atmosphäre aufnehmen und im Boden und Bäumen speichern. Für die Wälder steht die Bundesregierung national bereits in der Pflicht: Das derzeit in Überarbeitung befindliche Bundeswaldgesetz muss so angepasst werden, dass die Renaturierung von intensiv genutzten Wäldern durch klare neue Standards mit dem neuen EU Gesetz übereinstimmt.
Was bedeutet das Gesetz in Deutschland? Beispiel: Bundeswaldgesetz
Das Nature Restoration Law (NRL) muss in nationales Recht überführt und umgesetzt werden, beispielsweise, indem die Politik das Bundeswaldgesetz anpasst. Dieses Gesetz schützt seit 50 Jahren hauptsächlich die Rechte der Forstindustrie und vernachlässigt den Naturschutz. Um die Anforderungen des NRL zu erfüllen, kann das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) unter der Leitung von Cem Özdemir das Gesetz nun so überarbeiten, dass es eine naturnahe Forstwirtschaft fördert und hilft, die biologische Vielfalt in deutschen Wäldern wiederherzustellen.
Rechtsgutachten NRL BWaldG.pdf
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