Greenpeace-Recherche: Deutsche Rüstungsgüter in Aserbaidschan
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Hätten wir eine funktionierende Rüstungsexportkontrolle in Deutschland, dann dürften sie gar nicht hier sein. Doch Recherchen von Greenpeace haben gezeigt, dass das aserbaidschanische Militär Mercedes-Benz-LKW mit israelischen CARDOM-Mörsern im Kaliber 120 mm auf einer Parade eingesetzt hat. Hierfür hat Greenpeace unter anderem Bild- und Videomaterial ausgewertet.
Seit 1992 gibt es ein Waffenembargo der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa gegen Aserbaidschan. Grund hierfür ist der Konflikt um die Region Bergkarabach zwischen Armenien und Aserbaidschan. Völkerrechtlich gehört dieses Gebiet, in dem hauptsächlich ethnische Armenier leben, zu Aserbaidschan. Doch die Menschen in Bergkarabach sehen sich als autonom. Armenien spricht sich für Bergkarabach als autonome Region aus, wohingegen Aserbaidschan es für sich beansprucht. Immer wieder kommt es zwischen den Menschen in Bergkarabach und dem aserbaidschanischen Militär zu Konflikten mit Todesopfern. Dass nun auch deutsche Rüstungsgüter in dieser Region eingesetzt werden können, ist könnte ein Bruch des Waffenembargos sein und hätte verhindert werden müssen.
Der Mythos der restriktiven deutschen Rüstungsexportpolitik
Die deutsche Rüstungsexportpraxis wird im Vergleich mit anderen Ländern immer wieder als restriktiv beschrieben. Tatsächlich gehört Deutschland jedoch zu den vier größten Waffenexporteuren weltweit, dies haben die im März 2020 veröffentlichten Daten des Stockholmer Friedensforschungsinstituts Sipri bestätigt. Damit hat Deutschland in den letzten fünf Jahren mehr Waffen verkauft als China, nur die USA, Russland und Frankreich haben mehr Kriegsmaterial exportiert.
„Dass die deutsche Rüstungsexportpolitik restriktiv ist, ist ein Mythos, den die Exportseilschaften in Politik, Ministerien und Industrie in die Welt gesetzt haben, um in Ruhe ihrem blutigen Geschäft nachgehen zu können. Deutschland liefert Waffen in die ganze Welt – auch an autoritäre Regime, Menschenrechtsverletzer und in Krisen- und Kriegsgebiete“, sagt Greenpeace-Abrüstungsexperte Alexander Lurz.
Bei den Mercedes-Benz-LKW ist bisher nicht klar, ob diese als zivile LKW oder mit militärischer Spezifikation ausgeliefert worden sind und ob es hierfür eine behördliche Genehmigung gab. Aserbaidschan gilt als autoritäres Regime. Der Democracy Index listet es auf Platz 147 von 167 Ländern. „Dieses Beispiel zeigt einmal mehr, wie dringend das deutsche Rüstungsexportwesen überholt werden muss. Kriegsmaterial darf unter keinen Umständen, ob direkt oder auf Umwegen, ob bereits militärisch spezifiziert oder militärisch umbaubar, an solche Regime gelangen. Andernfalls macht sich Deutschland mitschuldig, wenn damit Menschenrechtsverletzungen begangen werden“, so Lurz.
Rüstungsexporte in Drittländer verbieten
Damit Kriegsmaterial und andere Rüstungsgüter nicht mehr wie im vorliegenden Fall in Krisen- und Kriegsgebiete gelangen können, fordert Greenpeace Deutschland ein rechtlich bindendes, ausnahmsloses Verbot von Rüstungsexporten an Drittländer, in Konfliktregionen und an Länder, in denen Menschenrechte verletzt werden. Das betrifft unter anderem Exporte an Länder wie Mexiko, Türkei, Iran, Saudi-Arabien und Myanmar.
Mit 70 Prozent will auch eine übergroße Mehrheit der deutschen Bevölkerung nicht, dass Waffen aus Deutschland an Krieg führende Staaten, in Krisengebiete sowie in Länder außerhalb der EU geliefert werden. Nach einer aktuellen, repräsentativen Umfrage, die das Meinungsforschungsinstitut Kantar im Auftrag von Greenpeace Mitte Februar durchgeführt hat. Greenpeace Deutschland fordert die Bundesregierung auf, diesem Wunsch der Bevölkerung gerecht zu werden. Im Rahmen der Völkerverständigung setzt sich Greenpeace für friedliche Konfliktlösungen, ein Rüstungsexportverbot in Drittländer, Krisen- und Kriegsgebiete sowie weltweite atomare Abrüstung und Umweltschutz ein.