Frauen – Frieden – Sicherheit
- mitwirkende Expert:innen Anna von Gall
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Gewalt und Ausbeutung in Konflikten treffen häufig insbesondere Frauen und Kinder; sexuelle Gewalt – auch an Männern* – setzen Kriegsparteien teils strategisch ein. Im Jahr 2019 dokumentierten die Vereinten Nationen (VN) 2.838 Fälle von sexueller Gewalt in Konflikten, 96 Prozent betrafen dabei Frauen und Mädchen. Doch auch um Frieden zu erreichen, spielen Frauen eine entscheidende Rolle: Der VN-Generalsekretär António Guterres sagte diese Woche erneut, dass die Ungleichheit der Geschlechter eine treibende Kraft für Instabilität und Konflikte sei und daher als eine grundlegende Ursache von Konflikten behandelt werden müsse.
UN-Resolution zum Schutz der Frauen
Ein politischer Wendepunkt in der internationalen Friedenspolitik war daher die heute vor 20 Jahren vom Sicherheitsrat (SR) der Vereinten Nationen beschlossene Resolution 1325 (VNSR 1325), auch Agenda „Frauen, Frieden und Sicherheit“ genannt. Auch Deutschland hat sich dazu bekannt, die Geschlechterverhältnisse in Prozessen zum Frieden zu berücksichtigen. Die Bundesregierung arbeitet aktuell an ihrem dritten Aktionsplan zur Umsetzung der Resolution. Nur – Worte und Taten fallen bei der Regierung auseinander.
Eine heute veröffentlichte Studie des Centre for Feminist Foreign Policy (CFFP) im Auftrag von Greenpeace zeigt: Die Rüstungsexportpolitik der Bundesregierung passt nicht zu ihren eigenen Zusagen, sexualisierte und geschlechtsspezifische Gewalt einzudämmen. „Die Bundesregierung gibt in ihrer Außen- und Sicherheitspolitik vor, insbesondere vor sexualisierter Gewalt in Konflikten schützen zu wollen. Zeitgleich exportiert sie Waffen, ohne die Empfängerländer entsprechend und ausreichend zu prüfen“, sagt Anna von Gall, Juristin und Politikexpertin von Greenpeace. „Die Dunkelziffer von geschlechtsspezifischer Gewalt ist enorm. So lange nicht explizit danach gefragt wird, bleiben die Stimmen der Betroffenen im Verborgenen.“
Exportgüter Gewalt und Ungleichheit
VNSR 1325 wie auch eine Folgeresolution des UN-Sicherheitsrat, die er unter deutschem Vorsitz im April 2019 beschlossen hat, beziehen sich explizit auf den internationalen Waffenhandelsvertrag (Arms Trade Treaty, ATT). Deutschland hat den ATT ratifiziert. Dieser sieht konkret vor, dass Genehmigungen von Rüstungsexporten nicht erteilt werden, wenn mit diesen Waffen geschlechtsspezifische Gewalt ausgeübt oder ermöglicht wird – also Gewalt, die sich gegen eine Person aufgrund ihres Geschlechts, ihrer Geschlechtsidentität oder ihrer sexuellen Orientierung richtet. Der ATT erkennt auch solche Fälle an, in denen etwa eine Waffe genutzt wird, um einzuschüchtern und damit den Widerstand für weitere geschlechtsspezifische Gewalt zu überwinden.
Die Zusagen an den ATT nimmt zum Beispiel Kanada ernst und prüft diese Gewalt als ein Kriterium, um Waffenexporte zu genehmigen. Deutschland beachtet nicht, ob geschlechtsspezifische Gewalt im Empfängerland ein systematisches Problem ist oder ob es etwa Fälle dieser Gewalt durch Sicherheitskräfte gibt. „Eine bloßes ‚Mitdenken‘ bei der allgemeinen Prüfung von Menschenrechtsverletzungen reicht nicht aus. Die Bundesregierung muss endlich explizit prüfen, ob deutsche Waffen geschlechtsspezifische Gewalt ermöglichen“, sagt von Gall.
Empfängerländer besser prüfen
Und ja: Auch das beste Kontrollsystem wird nicht gänzlich das Risiko ausräumen, dass deutsche Waffen aufgrund des Geschlechts gegen Personen eingesetzt werden. Ein Ende der Gewalt gibt es erst, wenn Deutschland keine Waffen mehr exportiert. Im ersten Schritt fordert Greenpeace die Bundesregierung jedoch auf, bevor sie Waffenexporte genehmigt, geschlechtsspezifische Gewalt im Empfängerland explizit zu prüfen. Die aktuelle Studie zeigt im Detail, warum die aktuelle Genehmigungspraxis nicht ausreichend umgesetzt wird und was sie besser machen kann.
Auch noch nach 20 Jahren braucht es eine starke und ausdauernde Zivilgesellschaft, die immer wieder betont, dass die Umsetzung von VNSR 1325 kein Spezialthema ist, sondern für einen globalen Frieden für alle Menschen unerlässlich ist.
Denn stabiler Frieden für alle ist nur möglich, wenn alle Menschen unabhängig von ihrer Herkunft, ihrem Alter, ihrer Religion, ihrer sexuellen Orientierung und ihrem Geschlecht freien Zugang zu sozialen und wirtschaftlichen Entwicklungen haben – und ihre Menschenrechte anerkannt werden.