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Gemeinsamer Protest von AbL und Greenpeace
Paul Lovis Wagner / Greenpeace

Für eine neue EU-Agrarpolitik

Wie weiter mit der Reform der EU-Agrarpolitik? Darüber diskutieren heute EU-Kommissare mit der deutschen Politik.  Greenpeace und Landwirt*innen der AbL demonstrieren in Berlin.

Das Banner zwischen den beiden Treckern vor dem Bundeslandwirtschaftsministerium in Berlin fasst die gemeinsame Forderung zusammen: “Agrarpolitik muss Klima und Arten schützen!”. Mitgebracht haben es Greenpeacer, aufgespannt ist es zwischen Traktoren der Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft. Beide Verbände  sind sich einig, dass es so mit der Agrarpolitik nicht weitergeht. Sozialverträglich und ökologisch muss sie werden, und Betriebe bei der Umstellung auf eine nachhaltige Landwirtschaft zukünftig angemessen unterstützen.

Politisch ist jetzt der Moment, das Ruder herumzureißen: Die EU hat gerade erst ihre neuen Strategien zu Biodiversität und Landwirtschaft veröffentlicht und die Reform der Gemeinsamen Agrarpolitik der EU - kurz GAP - nähert sich der entscheidenden Phase. Heute findet deshalb eine Sonderkonferenz zur künftigen Ausgestaltung der GAP vor dem Hintergrund des europäischen Green Deal statt. Mit dabei sind alle, die die Agrar- und Umweltpolitik maßgeblich bestimmen: Von den Minister*innen für Landwirtschaft und für Umwelt auf Bundes- und Länderebene bis hin zu den beiden EU-Kommissaren für Agrar und Umwelt. Grund genug für Greenpeace und AbL, anlässlich dieses politischen Sondertreffens mit Bannern und Treckern ihren Forderungen nach einer Neuausrichtung der Agrarpolitik an die politisch Verantwortliche zu richten: Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner (CDU). 

Bereits im Vorfeld ging die Ministerin in die Defensive und warnte vor vermeintlich “pauschalen Verurteilungen der Landwirtschaft”, statt inhaltlich auf Forderungen nach ökologischen Kriterien einzugehen. Die Fakten sprechen gegen sie: Der derzeitige Reformentwurf zur GAP steht weder im Einklang mit dem Green Deal, geschweige mit den Zielen des Pariser Klimaschutzabkommens. Die Agrarpolitik der letzten Jahrzehnte treibt jährlich tausende bäuerliche Betriebe in den Ruin, das Artensterben hat dramatische Ausmaße angenommen und die Emissionen aus der deutschen Landwirtschaft stagnieren seit Jahren. So kann es nicht weitergehen. Für Lasse van Aken, Landwirtschaftsexperte von Greenpeace ist die Sache klar: “Die strukturellen Defizite der EU-Agrarpolitik treiben das Artensterben und die Klimakrise voran. Der derzeitige Reformentwurf gehört eingestampft und muss neu aufgesetzt werden. Konkrete Maßnahmen zum Schutz des Klimas, der Umwelt und der Biodiversität, aber auch zur artgerechten Tierhaltung, müssen zukünftig gezielt und gefördert werden.” (Zum Greenpeace-Positionspapier). 

AbL: gesellschaftliche Leistungen der Landwirtschaft honorieren 

Kleinere Betriebe, die strukturbedingt eher dazu beitragen, beispielsweise das Artensterben zu stoppen, erhalten im Rahmen der bisherigen EU-Agrarpolitik bisher keine angemessene finanzielle Entlohnung. Ein Unding, findet Georg Janßen. Er ist als Bundesgeschäftsführer der Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft (AbL) mit vor Ort und stellt klar: “Viele Bäuerinnen und Bauern sind längst bereit, klimaschonenden Ackerbau zu betreiben und ihre Tiere artgerecht zu halten - das liegt doch in unserem eigenen, auch wirtschaftlichen Interesse. Qualität statt Masse muss sich lohnen.” (AbL-Positionspapier) Janßen fordert: "In Zukunft müssen die wertvollen gesellschaftlichen Leistungen der Landwirtschaft honoriert werden - und nicht, wer am meisten Fläche hat, bekommt am meisten EU-Gelder.” 

Agrargelder für Chemie-, Energie- und Rüstungsindustrie!

Die Defizite der EU-Agrarpolitik wurden Anfang der Woche erneut deutlich, als die Empfänger der EU-Agrarsubventionen von 2019 in der Fördermitteldatenbank veröffentlicht wurden. Rechnet man die Daten gegen, wird schnell klar: Sechs Prozent der deutschen Fördermittelempfänger stauben jedes Jahr über zwei Milliarden Euro Agrarsubventionen ab - das ist fast die Hälfte aller Direktzahlungen! Bauernverband-Chef und Landwirt Joachim Rukwied erhielt beispielsweise 2019 fast 100.000 Euro aus dem EU-Topf. 

Bei der Verteilung der Agrargelder profitieren aber auch zahlreiche fachfremde Unternehmen. So kauften die Aldi-Erben im vergangenen Jahr so viel Land, dass sie dafür jetzt jährlich über 900.000 Euro Steuergelder als Bonus erhalten. Auch die Lürssen-Gruppe, bekannt für die Produktion von Luxusyachten und Kriegsschiffen, ließ sich ihren Landbesitz 2019 mit knapp einer Million Euro vergolden. Der Energieriese RWE erhielt 330.000 Euro und der Chemiekonzern Bayer 145.000 Euro, obwohl ihr Kerngeschäft den Zielen der GAP widerspricht. 

Greenpeace fordert: Klöckner muss sich für Neustart der GAP einsetzen

Das Reform-Entwurf stammt noch aus der Feder der letzten EU-Kommission - und längst weht ein anderer Wind, der hoffentlich unter EU-Präsidentin Ursula van Leyen die erhofften Fortschritte in Sachen Klima-, Umwelt und Artenschutz bringt. Noch sieht der aktuelle Entwurf für die GAP-Reform vor, dass Gelder weiterhin im  großen Umfang nach der Größe der landwirtschaftlichen Betriebsfläche ausgezahlt werden. Großgrundbesitzer profitieren, während gleichzeitig jährlich über 4000 landwirtschaftliche Betriebe aufgeben. Lasse van Aken fordert: “Landwirtschaftsministerin Klöckner muss sich bei der EU-Kommission für einen Neustart der europäischen Agrarpolitik einsetzen.” Ob sie das tut, ist fraglich. Gerade mal zwei bis drei Stunden sind für die heutige Sonderkonferenz der EU-Kommissare und deutschen Minister*innen angesetzt, bei der es um nicht weniger geht als die Zukunft der europäischen Landwirtschaft.

  • Greenpeace-Landwirtschaftsexperte Lasse van Aken

    Greenpeace-Landwirtschaftsexperte Lasse van Aken

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  • Ackerschlag in Brandenburg

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  • Agrarwende heißt auch: weg von der industriellen Landwirtschaft

    Agrarwende heißt auch: weg von der industriellen Landwirtschaft

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Positionspapier: Scrap the GAP - Warum ein Neustart der Gemeinsamen Agrarpolitik der EU nötig ist

Positionspapier: Scrap the GAP - Warum ein Neustart der Gemeinsamen Agrarpolitik der EU nötig ist

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