Wenn die Klimakrise zur Flucht zwingt
Die unterschätzte Katastrophe
Klimawandel und Umweltzerstörung sind schon heute oft ein Auslöser für Flucht und Abwanderung. Das Problem klein reden hilft nicht. Es ist Zeit, zu handeln!
- Hintergrund
Es ist ein Fakt: Auch der Klimawandel vertreibt weltweit mehr und mehr Menschen. Zwar ist er meist nicht der alleinige Auslöser dafür, dass Menschen ihre Heimat verlassen müssen. Doch wirkt er als Risikoverstärker in den Ländern, in denen die Situation eh schon angespannt ist. Diese Tatsache muss mehr als bisher beachtet werden. Denn die Zeit drängt. Wir können es uns nicht länger leisten, die Katastrophen zu unterschätzen, die sich überall auf der Welt abspielen. Eine Greenpeace-Studie fasst den Stand der Wissenschaft zu diesem Thema zusammen.
Die globale Erwärmung verschärft das Risiko, durch Naturkatastrophen seine Heimat zu verlieren. Es ist heute schon massiv viel höher als vor 40 Jahren. Durch den Klimawandel werden Wetterextreme wie Starkregen, Stürme und Fluten heftiger und häufiger. Auch Hitze und Dürren tragen dazu bei, dass landwirtschaftliche Nutzflächen verlorengehen. Oft sind die bereits vorher durch viele Formen des Raubbaus an der Natur stark belastet oder übernutzt. Eine weitere Bedrohung ist der Anstieg des Meeresspiegels, durch den Küstenstreifen überflutet werden sowie Boden und Grundwasser versalzen. Der Klimawandel ist ebenfalls ein Treiber dafür, dass mehr und mehr Menschen vom Land in die Städte ziehen. Oft in informellen Siedlungen, was zu zusätzlichen Problemen und Konflikten führen kann.
Es ist erschreckend, wie viele Menschen heute schon durch klima- und wetterbedingte Katastrophen ihre Heimat verlassen müssen. Zwischen 2014 und 2023 nahm die Anzahl der wetterbedingten Vertreibungen jedes Jahr zu. Im Durchschnitt wurden jährlich über 24 Millionen Menschen innerhalb ihres Landes aufgrund von Naturkatastrophen vertrieben, was mehr als doppelt so viele sind wie diejenigen, die aufgrund von Konflikten ihre Heimat verlassen haben. Laut dem Report des Internal Displacement Monitoring Center gab es allein 2023 etwa 26.4 Millionen neue binnenvertriebene Klimamigrant:innen, die in ihrer Heimatregion ihre Existenzgrundlage nicht mehr sichern können.
Zahl der Klimaflüchtenden steigt
Plötzlich eintretende Katastrophen vertreiben oft ganze Bevölkerungsgruppen. Die Menschen bleiben meist im Land, oft sogar in der Nähe ihrer einstigen Heimat. Der größte Teil kehrt bald wieder zurück, sofern es möglich ist, und engagiert sich beim Wiederaufbau. Der allerdings kostet Geld. Wenn der Staat dabei nicht hilft, setzt das oft einen Teufelskreis in Gang: Gerade in Entwicklungsländern führt jede Katastrophe meist zur weiteren Verarmung. Und die Fähigkeit, sich vorbeugend auf die nächste Flut oder Dürre vorzubereiten, nimmt immer weiter ab.
Nur ein Bruchteil der Menschen, die weltweit vertrieben sind, verlassen das eigene Land oder machen sich gar auf den Weg nach Europa. Oft waren sie zuvor jahrelang im eigenen Land entwurzelt: durch Naturkatastrophen oder Gewalt und Krieg oder durch beides. Erst wenn dort die Unterstützung fehlt und Hoffnungslosigkeit und Verzweiflung zu groß werden, begeben sich diese Menschen auf die gefährliche Flucht in andere Länder.
Das Problem der Vertreibung durch Klimawandel muss endlich ernst genommen werden. Das heißt zum Einen, dass diese Menschen einen – wie auch immer gearteten – Status erhalten müssen: Einen, der ihnen Rechte einräumt, wenn sie ihr eigenes Land verlassen müssen, und der ihnen international Schutz gewährt. Zum Zweiten müssen die gefährdetsten und verwundbarsten Länder dieser Erde von den reichen Industrienationen (die immerhin den Klimawandel verursacht haben) finanziell bei der Anpassung an den Klimawandel unterstützt werden. Und natürlich muss zum Dritten die Menschheit und die Staatengemeinschaft alles in ihrer Macht stehendende dafür tun, den Ausstoß der Klimagase zu reduzieren und die Erderwärmung auf 1,5 Grad zu begrenzen.