SmILE: Der 1. Schritt - die Hälfte Sprit
- Hintergrund
Wie alles begann...
Frankfurt/Main, 14.9.95: Zur Eröffnung der 56. Internationalen Automobil- Ausstellung (IAA) geben Saurier den Ton an. Mit Gebrüll (Originalton Jurassic Park) präsentiert Greenpeace vor dem Messeeingang mit VW-Golf, Ford Fiesta, Opel Vectra, dem 5er von BMW und der E-Klasse von Mercedes die Auslaufmodelle 95. Von Postern schauen schwere und gefräßige Saurier herab und saufen aus umgehängten Tankpistolen eine Tanksäulen-Attrappe leer. Auf deren Sockel prangt die Botschaft: Die Hälfte ist machbar - jetzt.
Wie das geht, hatte Greenpeace bereits eine Woche vor der IAA-Eröffnung auf einer Pressekonferenz in Berlin enthüllt: Im Auftrag von Greenpeace haben Schweizer Techniker ein herkömmliches Serienauto so verbessert, dass es nur noch die Hälfte Sprit verbraucht. Aus einem Twingo Easy der Firma Renault wurde der Twingo SmILE. Sein Kernstück: Ein Zweizylinder-Viertakt-Ottomotor mit ganzen 358 Kubikzentimetern Hubraum, der den serienmäßigen Vierzylinder-Motor ersetzt. Der gesamte Wagen ist um 195 Kilogramm abgespeckt und die Karosserie noch windschnittiger gestaltet.
Wie alles begann...
Frankfurt/Main, 14.9.95: Zur Eröffnung der 56. Internationalen Automobil- Ausstellung (IAA) geben Saurier den Ton an. Mit Gebrüll (Originalton Jurassic Park) präsentiert Greenpeace vor dem Messeeingang mit VW-Golf, Ford Fiesta, Opel Vectra, dem 5er von BMW und der E-Klasse von Mercedes die Auslaufmodelle 95. Von Postern schauen schwere und gefräßige Saurier herab und saufen aus umgehängten Tankpistolen eine Tanksäulen-Attrappe leer. Auf deren Sockel prangt die Botschaft: Die Hälfte ist machbar - jetzt.
Wie das geht, hatte Greenpeace bereits eine Woche vor der IAA-Eröffnung auf einer Pressekonferenz in Berlin enthüllt: Im Auftrag von Greenpeace haben Schweizer Techniker ein herkömmliches Serienauto so verbessert, dass es nur noch die Hälfte Sprit verbraucht. Aus einem Twingo Easy der Firma Renault wurde der Twingo SmILE. Sein Kernstück: Ein Zweizylinder-Viertakt-Ottomotor mit ganzen 358 Kubikzentimetern Hubraum, der den serienmäßigen Vierzylinder-Motor ersetzt. Der gesamte Wagen ist um 195 Kilogramm abgespeckt und die Karosserie noch windschnittiger gestaltet.
Das Motiv: Weniger Kohlendioxid
Der durchschnittliche Benzinverbrauch auf 100 Kilometern ist in den vergangenen Jahren de facto nicht gesunken. Zwar behauptet die Autoindustrie (VDA, Verband der deutschen Autohersteller) mittlerweile bei 6,8 Litern zu liegen, doch diese Behauptung basiert auf offensichtlich manipulativen Annahmen. Tatsächlich verbrauchen selbst Neuwagen heute noch (September 2005) im Schnitt über 8 Liter auf hundert Kilometern, und das auf der Basis eher vorsichtiger Annahmen und Berechnungen. Die so genannte Flotte der auf den Strassen fahrenden Alt-Autos erreicht einen Wert von 8,4 Litern. Die Autoindustrie hat also keinerlei Ansätze zur Reduzierung des Verbrauchs umgesetzt.
Diese Entwicklung steht in krassem Widerspruch sowohl zur erklärten Absicht der Bundesregierung, in Deutschland bis zum Jahr 2005 mindestens 25 Prozent Kohlendioxid weniger emittieren zu wollen, als auch zur so genannten Freiwilligen Selbstverpflichtung der Autoindustrie selbst. Danach sollten Neuwagen ab 2008 nur noch 6 Liter verbrauchen. Von diesem Versprechen hat sich die Autoindustrie erst jüngst quasi offiziell verabschiedet.
Und das, obwohl bekannt ist, dass Automobile weltweit zu den Klimakillern Nummer eins gehören. 20 Prozent aller Emissionen des Treibhausgases Kohlendioxid stammen aus ihren Auspuffrohren - und noch immer steigt die Zahl der Autos rapide. Um die Klimaerwärmung zu bremsen, müssen in jedem Fall die Emissionen von CO2, besonders in den Industrieländern, drastisch sinken. Und dazu gehört als wesentlicher Teil auch der Spritverbrauch.
Mit dem SmILE zeigt Greenpeace, dass der Benzinverbrauch fast jedes heutigen Modells in kurzer Zeit mit vergleichsweise geringen technischen Änderungen halbiert werden kann. Die Entwickler des SmILE-Motors hatten den klaren Auftrag, nicht etwa ein neues Auto zu entwerfen, sondern einen hocheffizienten Motor in ein Serienauto einzubauen und für den nötigen Umbau des Autos (Gewicht, Aerodynamik) nur bereits entwickelte und am Markt erhältliche Komponenten zu verwenden.
Außerdem entlarvt Greenpeace die Behauptung der Industrie, Sparmotoren müssten zwangsläufig Dieselmotoren sein, als glatte Lüge. Zwar verbrauchen Dieselfahrzeuge in Litern gemessen bei der Verbrennung weniger Kraftstoff, doch ein Liter Diesel produziert im Vergleich zu Benzin über 13 Prozent mehr Kohlendioxid, ganz abgesehen vom Problem der Diesel-Abgase: hohe Stickoxyd-Emissionen und vor allem krebserzeugende Rußpartikel. Schon deshalb können Dieselmotoren - sofern ohne wirksamen Rußfilter - beim heutigen Stand keine Alternative sein.
Am 8.9.1995, dem Tag der Berliner Pressekonferenz, war der SmILE noch unvollständig: Greenpeace präsentierte zunächst nur eine grüne Karosserie. Das Herzstück, der neue entdrosselte Motor mit Hochaufladung, stand noch daneben. Es sollte noch knapp ein Jahr dauern, bis der SmILE wirklich zeigen konnte, was in ihm steckt. Begonnen hatte die Geschichte von Greenpeace und dem Sparmobil allerdings schon lange vor der ersten SmILE-Enthüllung in Berlin - mit der Entführung eines Weltrekordlers im Frühjahr 1993.
Aus dem Museum entführt: Das Auto der Zukunft
Frankreich im Juni 1987: Ein Auto fährt von Bordeaux nach Paris und stellt dabei unbeachtet von der Öffentlichkeit einen Weltrekord auf: Der von der Firma Renault entwickelte Vesta II verbraucht gerade einmal 1,94 Liter Benzin auf 100 Kilometer. Doch in Autosalons suchte man das 500-Kilo-Leichtgewicht vergeblich.
Im April 1993 hakt Greenpeace bei Renault nach. Es habe sich nur um eine Versuchsreihe gehandelt, und alle Prototypen seien zerlegt. Schließlich entdecken Greenpeace-Rechercheure ein Modell im Patrimoine, dem Renault-Museum nahe Paris. Für die Umweltschützer ist klar: Das Auto gehört nicht ins Museum, sondern in die Öffentlichkeit. Es ist der Beweis, dass Sparautos im Prinzip technisch längst machbar sind und von der Autoindustrie unter Verschluss gehalten werden.
Greenpeace gründet 1993 zum Schein eine Deutsche Umweltstiftung Köln. Die fingierte Stiftung erbittet den Vesta II für eine Ausstellung besonders energiesparender Hausgeräte im SAS-Hotel Köln. Renault willigt ein. Ausstellungsplakate, Faltblätter und extra angeheuerte Wachmänner lassen keinen Zweifel an der Seriosität der Stiftung aufkommen. Wenig später rollt der Vesta - angeblich für Außenaufnahmen - aus dem Saal direkt in einen Transporter und verschwindet für einige Wochen in einem Schuppen irgendwo in der Bundesrepublik.
Frankfurt, 9.9.1993: Plötzlich taucht der Vesta wieder auf, und zwar direkt gegenüber dem Messeeingang der IAA in Frankfurt. Anschließend geht der Weltrekordler in einem gläsernen Container auf Tournee. Führende Autohersteller und verantwortliche Politiker bekommen den sichtbaren Beweis vorgeführt für das, was sie könnten, wenn sie wollten. Innerhalb des nächsten halben Jahres ordern fast 30.000 Menschen bei Greenpeace symbolisch ein Sparmobil und zeigen, dass es einen Markt für Sparmobile gibt.
Statt Swatch Twingo - SmILE: Swiss made
Die Entführung des Vesta II hatte in erster Linie dazu gedient, die Verschleierungstaktik der Automobilindustrie aufzudecken und das Thema Sparmobil an die Öffentlichkeit zu bringen. Dass der kleine Renault nicht wirklich das Sparauto der Zukunft sei, war Campaigner Wolfgang Lohbeck, Verkehrs- und Klimaexperte bei Greenpeace, durchaus klar. Das superleichte Auto erfüllte nicht die Sicherheits- und Komfortstandards eines Kleinwagens der 90er Jahre.
Lohbeck machte sich deshalb auf die Suche nach Partnern, die ein Sparmobil gemäß den heutigen Ansprüchen entwickeln könnten. Zunächst setzte er auf die Zusammenarbeit mit dem Schweizer Unternehmer Hayek, besser bekannt als Hersteller der Swatch-Uhren, der ein Auto mit einem Verbrauch von weniger als 2,5 Litern konzipieren wollte. Doch dann kam die Enttäuschung: Hayek liierte sich Anfang 1994 mit Mercedes. Aus der Traum vom Sparmobil.
Es wird nichts davon bleiben als ein billiger Image-Gag für Mercedes, befürchtete Lohbeck damals. Über Hayek kam Lohbeck jedoch mit der Wenko AG in Kontakt, einem auf Konzeption und Bau von Verbrennungsmotoren spezialisierten Unternehmen in Burgdorf bei Bern. Für Swatch/Hayek hatte Wenko an einem Niedrigverbrauchsmotor gearbeitet. Das von Wenko angewandte Konzept des hochaufgeladenen und kleinvolumigen Antriebs wurde sehr schnell von Mercedes/MCC (der neuen Swatch/Smart-Herstellerfirma) fallen gelassen und durch einen - wie könnte es anders sein – weit weniger effizienten Mercedes-Motor ersetzt.
Am 6.2.1995 schließen Wenko und Greenpeace einen Vertrag. Das Ziel: Ein Sparmobil, das den Spritverbrauch des Originals durchschnittlich auf die Hälfte reduziert und heutigen Sicherheits- und Komfortstandards genügt.
Eigentlich ist Geschwindigkeit das Stammgeschäft der Wenko-Leute. Mehrere Motorrad-Weltmeistertitel wurden mit ihren Maschinen errungen, auch für die Formel-1 haben sie gearbeitet. Ihre 250-Kubikzentimeter-Rennmotorräder haben einen extrem niedrigen Verbrauch.
Zwei Jahre lang tüfteln Urs Wenger und seine zehn Mitarbeiter daran, dieses Konzept von Motorrädern auf ein Auto zu übertragen. Sie entwickeln einen kleinvolumigen Zweizylinder-Viertakt-Ottomotor, der seine Kraft aus der hohen Aufladung der Verbrennungsluft zieht.
Die Aufladung bewirkt, dass der Motor seinen günstigsten und sparsamsten Betriebszustand nicht nur hin und wieder bei Höchstgeschwindigkeit, sondern schon bei niedriger Belastung erreicht. Also dort, wo ein Auto meistens eingesetzt wird. Herkömmliche Pkw-Motoren sind für Hochgeschwindigkeiten ausgelegt. Sie haben viel zu große Zylinder-Hubräume, von denen im normalen Fahrbetrieb meist nur ein Drittel beansprucht wird.
Die Luftzufuhr für die Verbrennung im Zylinder wird durch eine Drosselklappe künstlich verringert - so, als würde die Höchstleistung eines 100-Meter-Läufers dadurch geregelt, dass man ihm die Luft abschnürt. Der Motor läuft also gedrosselt und verbraucht bei niedrigen Geschwindigkeiten erheblich mehr Energie, als er für die Leistung eigentlich benötigt.
Beim SmILE läuft es gerade umgekehrt: Der Motor entfaltet seine volle Kraft schon bei geringer Leistung; braucht er mehr, wird ihm das zusätzlich benötigte Luft-Benzingemisch durch einen Lader zugeführt. Es könnte im Prinzip auch ein normaler Turbo-Lader oder ein Kompressor sein.
Der SmILE-Motor wird also belüftet statt gedrosselt und verbraucht sehr viel weniger unnötige Energie. Er ist sozusagen ein aktiv gesteuerter Motor. Gleichzeitig bekommt die Twingo-Karosserie ein aerodynamischeres Design - auch das spart, zusammen mit dem geringen Rollwiderstand und Gewicht, Benzin.
Der SmILE auf dem Prüfstand
Eines Abends im April 1996 ist es dann soweit: Alle Teile des Motors sind unter einer knallgelben Haube. Techniker Hans-Peter Götti will kurz vor Feierabend prüfen, wie sich der Motor im neuen Auto anlässt. Er dreht den Schlüssel im Zündschloss - nichts. Alle Wenko-Mitarbeiter hören die Stille und strömen herbei. Ist das das Ergebnis ihrer monatelangen Arbeit?
Nach einer halben Stunde, in der sich der Techniker mit dem Messgerät durchs Kabelgewirr tastet, ist die Diagnose klar: Der Anlasser ist falsch gepolt. Und dann geht es doch noch los, auf die erste Probefahrt - damals noch unter Ausschluss der Öffentlichkeit.
Hamburg, Juli 1996: Die Mehrheit der deutschen Autofahrer würde ein extrem Benzin sparendes Auto kaufen und dafür die Automarke wechseln - so das von Greenpeace präsentierte Ergebnis einer Emnid-Umfrage. 66,5 Prozent der 1092 befragten Autofahrer erklären, sie würden ganz sicher oder sehr wahrscheinlich umsteigen.
Doch die von der Industrie angepriesenen Sparautos entpuppen sich als Mogelpackung. Im Auftrag von Greenpeace hat das Wuppertal-Institut elf von der Autoindustrie angepriesene so genannte Drei-Liter-Autos unter die Lupe genommen. Ergebnis: Von einer Drei vor dem Komma sind alle meilenweit entfernt. Der Benzinverbrauch wird von den Herstellern schöngerechnet, etwa durch Verbrauchsangaben bei Konstantfahrten oder durch Fahrtricks speziell geschulter Profifahrer.
Luzern, 13.8.96: Endlich - der SmILE zeigt, was in ihm steckt, und stellt sich der Konkurrenz. 200 Kilometer geht es unter der Aufsicht schweizerischer und deutscher TÜV-Experten von Luzern über Landstraßen und über Autobahnen durch Zürich hindurch und wieder zurück. Mit von der Partie: Ein Original Twingo Easy, ein Ford Escort und ein VW Polo. Plötzlich bleibt der Gelbe mitten auf der Autobahn liegen. Eine Benzinleitung hatte sich gelöst.
Nach großer Aufregung ein zweiter Versuch - und diesmal klappt es. Der SmILE kommt wohlbehalten wieder an. Ergebnis: Der SmILE schluckte 3,2 Liter auf 100 Kilometer, der Twingo 5,6 Liter, Escort und Polo verbrauchten 6,3 bzw. 5,8 Liter. Der SmILE hat den Beweis erbracht: Im direkten Vergleich mit dem ursprünglichen Serienauto eine Verbrauchsminderung von rund 45 Prozent.
Bei Messen und Ministern
Bonn, 23.9.96: SmILE - endlich haben Sie Grund zum Lächeln steht auf dem Plakat, doch das Gesicht von Bundesverkehrsminister Matthias Wissmann zeigt eher Erstaunen. Dann verschwindet er schon um die Ecke - im knallgelben SmILE. Direkt vor den Augen der Bodyguards hat Greenpeace den Minister entführt.
Nach zehn Minuten Probefahrt ist er zurück - am Lenker des Sparmobils. Der SmILE habe ihm gut gefallen, sagt er den anwesenden Journalisten. Greenpeace fordert von dem Minister rasche politische Maßnahmen, um Anreize für die Produktion und den Kauf sparsamer Autos zu schaffen. Durch Sonderabgaben auf Spritfresser beispielsweise oder die Festsetzung von Gewichtsobergrenzen für Fahrzeugklassen und die Erhöhung der Benzinpreise.
Berlin, 17.10.96: Auf einer Testfahrt von Hamburg in die neue Hauptstadt verbraucht der SmILE nur 2,2 Liter auf hundert Kilometer - ein Rekord, den Greenpeace zwar bei günstigen Fahrbedingungen, aber ohne Tricks und ohne Rekordabsicht erzielt hat. Doch Rekordwerte einzelner Autos (auch des SmILE) unter Spezialbedingungen sind nicht das Ziel der Greenpeace-SmILE-Kampagne, sondern der Beweis, dass eine massive Verbrauchsminderung jetzt machbar ist.
Untertürkheim, 27.11.96: Greenpeace-Aktivisten erklettern den Mercedes-Stern auf dem Verwaltungsgebäude im Stammwerk Untertürkheim und befestigen ein Transparent: Kein guter Stern fürs Klima. Die von Daimler-Benz hergestellten Pkw haben den höchsten durchschnittlichen Verbrauch aller Serienautos in Deutschland: zwischen 8,4 und 16,4 Litern.
Preise, Protest, Probefahrten
Zürich, 22.1.97: Die schweizerische Gesellschaft für Ideenmanagement, Idee-Suisse, verleiht Greenpeace und den Konstrukteuren des SmILE den Innovationspreis.
Genua/Frederikshavn, 5.5.97: Mit nur einer Tankfüllung schafft der kleine Gelbe den Weg von der italienischen Küstenstadt bis an die Spitze Dänemarks: 1840 Kilometer mit einem Verbrauch von 2,44 Litern auf 100 Kilometern - selbstverständlich unter TÜV-Aufsicht. Der SmILE-Stammvater Twingo Easy, der ebenfalls gestartet ist, bleibt mit einer Tankfüllung nach 920 Kilometern auf halber Strecke liegen, Durchschnittsverbrauch knapp 5 Liter.
München, 5.6.97: Greenpeace demonstriert vor der BMW-Zentrale gegen den hohen Spritverbrauch der Autoflotte des Herstellers. Mit einem zehn Meter langen und drei Meter dicken Ballon am Auspuff eines BMW-Modells demonstrieren die Greenpeacer die Menge Kohlendioxid, die durch das Verbrennen einer einzigen Tankfüllung Benzin entsteht: 74 Kubikmeter CO2 aus 62 Litern Benzin. Der Durchschnitts-Testverbrauch der BMW-Modelle beträgt zu diesem Zeitpunkt knapp zehn Liter.
Der SmILE in aller Welt
Shanghai, Juni 1997: Greenpeace präsentiert das gelbe Sparmobil auf einer der größten Automessen Chinas. Der SmILE ist ständig von einer Menschentraube umringt, und die Mitarbeiter aus dem Hongkonger Greenpeace-Büro reden und erklären ohne Pause. Das Hauptinteresse richtet sich auf den in China völlig unbekannten Druckwellenlader.
Frankfurt, September 1997: Neben Luxuslimousinen und Spritfressern gibt es auf der Internationalen Automobil-Ausstellung (IAA) erstmals auch den SmILE zu sehen. Auch andere Autofirmen stellen kleine Wagen mit kleineren Motoren vor. Doch leider, bemängelt Wolfgang Lohbeck, sind das wieder nur Konzeptstudien, kein einziges ist für den Markt gedacht. Umweltministerin Angela Merkel (CDU) bewertet den SmILE sehr positiv.
Europa, Herbst 1997: Auf einer zweiwöchigen Tour de SmILE von Athen nach Thessaloniki und zurück sorgt das Greenpeace-Sparmobil für Aufsehen. Vom Mittelmeer aus führt die Route weit nach Norden, wo das Sparmobil Oslo, Stockholm und Kopenhagen besucht und Regierungsvertreter für eine Proberunde ans Steuer lässt. Über Hunderte von Kilometern wird der Verbrauch registriert - Ergebnis: rund 2,6 Liter auf 100 Kilometern.
Österreich, Mai 1998: Eine Woche lang ist der SmILE im Alpenland unterwegs. In Wien wird er vom österreichischen Bundeskanzler Klima testgefahren, der von dem neuen Niedrigverbrauchsauto begeistert ist.
Peking, Juni 1998: Wieder ist das gelbe Sparmobil auf der größten Automesse Chinas, die diesmal in Peking stattfindet. Erstmals gibt es direkte Gespräche zwischen Greenpeace und dem Dachverband der chinesischen Autoindustrie. Der Verband erhält von Greenpeace ein Gutachten über Kosten und Konsequenzen einer Umstellung für chinesische Autohersteller.
Berlin, Oktober 1998: Auf Einladung des Berliner Senats wird der SmILE auf der Automobilausstellung aaa'99 präsentiert. Auf dem Forum Mobilität für morgen sorgt das Sparauto für Furore.
Madrid, Mai 1999: Auf einer Probefahrt quer durch Spanien stellt der SmILE erneut seine Sparsamkeit und Alltagstauglichkeit unter Beweis. Auf der 624 Kilometer langen Strecke verbrauchte der gelbe Flitzer nur 2,46 Liter pro 100 Kilometer. In Barcelona wird der SmILE auf der Internationalen Autoshow vorgestellt.
Autoindustrie bestätigt: SmILE ist ein richtiger Weg
Das Konzept ist nicht fahrfähig, nicht marktfähig und nicht zulassungsfähig! So urteilte noch im August 1996 der Dachverband der Autoindustrie, VDA. Der Entwicklungschef von Opel, Professor Indra, sprach gar vom unglücklichen Menschen, der in diesem Auto fahren muss.
Inzwischen sind die Töne andere geworden. Auf ungezählten Fachseminaren, Vorlesungen und Gesprächen wurde klar: Die Antriebstechnik des SmILE hat das Potenzial zu einer großen Revolution. Der Verband deutscher Ingenieure veröffentlichte im Herbst 1998 erstmals eine Studie über einen Kreisellader, eine dem SmILE-Motor vergleichbare Ladetechnik (VDI-Berichte Nr.1418, 1998).
Im November 1998 schließlich gab Technologieführer Audi auf einer Fachtagung in Essen bekannt, dass Audi das Prinzip Hubraumverkleinerung plus Aufladung umsetzen will - ein Konzept, das den SmILE-Antrieb bestätigt. Die Namen Greenpeace oder SmILE fallen freilich bei dem Vortrag nicht.
Eben so wenig wie bei VW-Chefentwickler Krebs, der mit zehn Jahren Verspätung (im August 2005) feststellt, das Konzept aufgeladener kleinvolumiger Motoren - also das SmILE-Konzept - sei der bessere Weg. Zehn Jahre hat es gedauert, bis die Autoindustrie sich herabließ, dieses Konzept nicht mehr totzuschweigen oder zu ironisieren, sondern es als den richtigen (und wirtschaftlich günstigsten) Weg anzuerkennen.
Die Hälfte Sprit - nur der erste Schritt
Von Beginn der Sparmobil-Kampagne an hat es Kritik gehagelt. Findet Greenpeace Autos plötzlich gut? Greenpeace hat nach wie vor das Ziel, den Autoverkehr drastisch zu verringern. Doch es wird, allen Wünschen zum Trotz, auch in den nächsten Jahrzehnten Autos geben. Und die werden, wenn sich nichts ändert, mehr als das Doppelte von dem verbrauchen, was heute schon technisch gesehen möglich und nötig wäre.
Die sich anbahnende Klimakatastrophe erfordert, dass sofort gehandelt wird. Greenpeace hat deshalb der Industrie mit dieser technologischen Konfrontation einen Weg gezeigt, wie ein deutlich geringerer Benzinverbrauch im Fahrzeug machbar ist. Die Konzerne können nun nicht länger behaupten, dies sei nicht möglich.
Vor allem soll mit dem SmILE auch gezeigt werden, dass diese Möglichkeiten heute und mit heutiger Technik machbar sind und dass es dafür keiner Utopien und keiner visionären Techniken bedarf. Die von der Autoindustrie lancierten Vorstellungen, etwa die Brennstoffzelle als Autoantrieb der Zukunft, sind nicht nur irreal, sie haben den Zweck, von JETZT machbaren technischen Fortschritten abzulenken.
Der SmILE ist nur der erste Schritt. Greenpeace fordert nach wie vor von den verantwortlichen Politikern wie von jedem Einzelnen: Wir müssen die Zahl der Kraftfahrzeuge deutlich verringern. Wir dürfen nicht länger so viele Kilometer mit dem Auto fahren. Denn: Der SmILE allein rettet unser Klima nicht!