Schädliche Chemikalien aus der Textilproduktion in entlegenen Gebieten der Erde
- Ein Artikel von Michael Weiland
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Ausgerechnet Outdoor: Gerade die Textilproduzent:innen, die sich naturverbunden geben, verschmutzen die Umwelt mit gefährlichen Chemikalien – bis in entlegenste Bergseen und Schneedecken.
Es war kein leichter Spaziergang: Um Proben zu sammeln, unternahmen acht Greenpeace-Teams im Mai und im Juni Expeditionen in entlegene Gebiete, etwa in den Himalaja, in die Anden und ins südsibirische Altai-Gebirge. Spaß machte das nicht immer: „Es regnete ununterbrochen, und wir mussten die Schneefelder sehr vorsichtig überqueren, darunter liegen die Seen“, erzählt Greenpeace-Mitarbeiter Branislav Blascak, der in der Hohen Tatra in den Karpaten Schnee und Wasser sammelte. „Jeder Fehler hätte bedeuten können, dass wir in das vier Grad kalte Wasser fallen.“
Eigentlich vermutet man in solchen schwer zugänglichen Gegenden wenig menschengemachte Verunreinigungen. Doch mit der mühevollen Probennahme auf drei Kontinenten belegt Greenpeace das Gegenteil: Der nun vorliegende Report „Chemie in unberührter Natur“ weist schädliche Chemikalien aus der Textilproduktion in klaren Bergseen und entlegene Schneefeldern nach. Selbst wo der Mensch kaum hingelangt, hinterlässt er Spuren.
Die Ironie ist, dass für die Verunreinigungen Outdoor-Marken verantwortlich sind, die sich in der Werbung gerne als besonders naturverbunden darstellen. Es geht vor allem um PFC – poly- und perfluorierte Chemikalien, die sie bei der Produktion von Wander- und Sportbekleidung verwenden. Diese machen Regenjacken, Handschuhe und Schneehosen wasserabweisend und unempfindlich gegen Schmutz.
Ihre Widerstandsfähigkeit ist aber auch ein riesiges Problem: Durch die sehr starke chemische Bindung zwischen Kohlenstoff und Fluor können PFC-Moleküle durch keine natürlichen Prozesse, etwa bakterielle, abgebaut werden. Einmal in die Umwelt freigesetzt, verteilen sich PFC nach und nach über den gesamten Globus. In Proben aller Expeditionen konnte ein unabhängiges Labor darum Spuren von PFC nachweisen. Die in Europa festgestellten Konzentrationen sind etwas höher als in Asien oder den Anden, die geringsten Mengen fanden sich auf 5000 Metern Höhe in China.
Funktionskleidung braucht kein Gift
Verbotene PFC in Outdoor-Artikeln hat Greenpeace bereits mit den Untersuchungen „Chemie für jedes Wetter“ (2012) und „Chemie für Gipfelstürmer“ (2013) nachgewiesen. „Dennoch rüsten die Marktführer The North Face und Patagonia Kleidung und Schuhe weiter mit PFC auf“, sagt Manfred Santen, Greenpeace-Experte für Chemie und Mitglied der Expedition zu den Macun-Seen in der Schweiz. „Auch Materialien wie Teflon oder Gore-Tex sind in Herstellung und Entsorgung problematisch.“
Langkettige PFC wie PFOS und PFOA reichern sich in Lebewesen an und sind als giftig eingestuft; ihre Verwendung ist mittlerweile über eine EU-Richtlinie reglementiert. Doch kürzerkettige PFC, auf die die meisten Hersteller umgestellt haben, lösen das Problem nicht: Von ihnen werden größere Mengen gebraucht, um eine vergleichbare Wirkung zu erzielen; sie sind flüchtiger und gelangen schneller in die Atemluft und ins Trinkwasser.
Mit der Detox-Kampagne hat Greenpeace bereits über 30 Modemarken und Discounter dazu bewegt, auf PFC und andere Risiko-Chemikalien zu verzichten. Dass Funktionskleidung kein Gift benötigt, um auch anspruchsvollen Aufgaben gewachsen zu sein, belegen die Expeditionen, die dem Report vorausgingen: Alle Teams waren mit PFC-freier Outdoorkleidung ausgerüstet und blieben dennoch trocken und warm.