Jetzt spenden
Knapp 20 Greenpeace-Aktivisten stehen auf dem Dach und dem Gelände einer OMV-Tankstelle. Im Vordergrund hält einer der Aktivisten ein Banner mit der Aufschrift "OMV, raus aus der Arktis!"
Georg Mayer / Greenpeace

Österreichischer Ölkonzern OMV startet risikoreiche Arktis-Bohrungen

Archiviert | Inhalt wird nicht mehr aktualisiert

Nahe eines Naturschutzgebietes in der Arktis sucht das österreichische Mineralölunternehmen OMV nach Öl. Gestern begannen laut Konzernangaben die Probebohrungen. Etwa 30 Greenpeace-Aktivisten installierten daher heute auf einer OMV-Tankstelle in der österreichischen Hauptstadt Wien einen symbolischen Ölteppich, um auf die große Gefahr eines Ölunfalls in der Arktis aufmerksam zu machen. Die Botschaft der Umweltschützer an den Ölkonzern: „OMV, raus aus der Arktis“.

Erst im Dezember hatte OMV die Genehmigung für Bohrungen ab dem 1. Januar dieses Jahres im Hoop-Ölfeld in der norwegischen Barentssee erhalten. Durch einen Einspruch bei den Behörden in Norwegen konnte Greenpeace kurzzeitig den Bohrstart verzögern; der Einspruch wurde jedoch bereits am 12. Januar abgewiesen.

„In der Arktis nach Öl zu bohren, ist an sich schon unverantwortlich“, sagt Adam Pawloff, Klima- und Energiesprecher von Greenpeace in Österreich. „Das mitten im arktischen Winter unter extremen Wetterbedingungen zu tun, noch dazu in der Nähe eines Naturschutzgebietes, grenzt allerdings an Wahnsinn. Die OMV muss Verantwortung zeigen und sich aus dem für Mensch und Umwelt hochriskanten arktischen Ölgeschäft gänzlich zurückziehen.“

Tierparadies Bäreninsel in Gefahr

Der Bohrort befindet sich bei 73 Grad nördlicher Breite, 315 Kilometer nördlich der Stadt Hammerfest, und nur knapp 180 Kilometer südöstlich des Naturschutzgebietes Bäreninsel (s. Karte unten). Dieses beheimatet neben einer der größten Vogelkolonien der nördlichen Hemisphäre in den umliegenden Gewässern auch zahlreiche Säugetiere wie Wale und verschiedene Robbenarten. Auch Eisbären sind hier anzutreffen, jedoch hauptsächlich in den Wintermonaten, wenn sie über gefrorenes Packeis auf die Insel gelangen.

Ihren Namen – Norwegisch:  Bjørnøya – verdankt die Insel einer Begegnung zwischen ihren Entdeckern, angeführt vom niederländischen Seefahrer Willem Barents, und einem Eisbären im Jahre 1596. Die Nahrungsgrundlage für die vielen auf der Bäreninsel beheimateten Vögel und Säugetiere bilden die reichen Fischbestände. Berechnungen des norwegischen Ölkonzerns Statoil zufolge könnte im Hoop-Feld austretendes Öl innerhalb einer Woche das Schutzgebiet erreichen – mit katastrophalen Folgen unter anderem für die Tiere der Bäreninsel.

Ölpest ließe sich nicht eindämmen

„Die OMV spielt ein hochriskantes Spiel mit dem äußerst sensiblen arktischen Ökosystem“, warnt Pawloff. „Passiert bei den Probebohrungen ein Unfall, ist es aufgrund der Abgelegenheit des Ölfeldes, der arktischen Kälte und der Stürme vor Ort fast unmöglich, das Ausbreiten einer Ölpest einzudämmen. Dann droht eine Umweltkatastrophe enormen Ausmaßes mit nicht abschätzbaren Konsequenzen für Menschen, Tiere und Umwelt.“

Für die Erkundungsbohrungen wird die Bohrinsel Transocean Spitsbergen eingesetzt, die bereits 2014 für Statoil in der gleichen Region zur Anwendung kam. Im Sommer 2014 hatten Greenpeace-Aktivisten 90 Stunden lang auf der Plattform protestiert. OMVs diesjähriger Bohrort befindet sich etwa 50 Kilometer südlich von Statoils Ölfeld aus dem Jahr 2014; Statoil ist mit 15 Prozent an dem Projekt beteiligt.

Signal der Klimakonferenz nicht verstanden

Durch die Bohrungen ignoriert die OMV auch die Ergebnisse der Klimkonferenz von Paris Ende vergangenen Jahres. Sie zeigt deutlich, dass sie das dort ausgegebene Signal zum Ende des Zeitalters fossiler Energien nicht verstanden hat. In Paris hatte die internationale Staatengemeinschaft den Ausstieg aus fossilen Energieträgern bis 2050 beschlossen. Um dieses Ziel zu erreichen, muss ein Teil der bereits erschlossenen Öl- und Gasvorkommen im Boden bleiben.

Wirtschaftlich fraglich

Der Pläne von OMV in der Arktis widersprechen zudem dem derzeitigen Trend in der Ölbranche: Erst im Vorjahr hatten sich die Ölkonzerne Shell und Statoil von Bohrungen vor der Küste Alaskas zurückgezogen. Weitere Ölkonzerne hatten Anfang 2015 Bohrlizenzen vor Grönland zurückgegeben.

Dennoch stehen die arktischen Gewässer Norwegens gerade im Fokus vieler Ölfirmen. Erst am 19. Januar dieses Jahres hatte der italienische Ölkonzern Eni die Erlaubnis der norwegischen Behörden bekommen, mit der Ölförderung an der Goliat-Plattform 80 Kilometer nördlich von Norwegens Küste zu beginnen. Mit Produktionsstart ab voraussichtlich Ende Februar wird die Goliat die nördlichste Offshore-Ölplattform der Welt sein. Sie löst damit die Prirazlomnaya-Plattform des russischen Ölkonzerns Gazprom ab.

Der Produktionsstart der Goliat-Plattform war ursprünglich für 2013 geplant, hatte sich jedoch aufgrund technischer Probleme und schwieriger Witterungsbedingungen immer wieder verzögert. Auch finanziell ist das Projekt ein Desaster: Die Investitionskosten liegen bei rund 4,7 Milliarden Euro – etwa 1,4 Milliarden mehr, als ursprünglich veranschlagt. Experten haben berechnet, dass die Plattform erst ab einem Ölpreis von durchschnittlich 95 US-Dollar pro Barrel kostendeckend arbeitet. Derzeit steht der Ölpreis bei knapp unter 30 US-Dollar pro Barrel.

  • Statoil-Bohrplattform Transocean Spitsbergen in der Barentsee

    Arktiserprobt

    Überspringe die Bildergalerie
  • Zwei Greenpeace-Aktivistinnen im Gestänge der Plattform Transocean Spitsbergen. Sie sind angeseilt, tragen Sicherheitshelme und halten ein Banner mit der Aufschrift "No arctic oil"

    Kein arktisches Öl

    Überspringe die Bildergalerie
  • Seevögel auf einem Felsen auf der Bäreninsel, Barentsee

    Brutplatz in Gefahr

    Überspringe die Bildergalerie
  • Nächtliche Ansicht der Bohrplattform Goliat

    Nordlicht

    Überspringe die Bildergalerie
Ende der Gallerie
Öl-Report 2016

Öl-Report 2016

Anzahl Seiten: 95

Dateigröße: 7.08 MB

Herunterladen
Datum
Rally against Corporations Trying to Sue Critics into Silence in Oakland

Mehr zum Thema

zwei Schlauchboote mit Aktivist:innen auf der Ostsee, im Hintergrund das Schiff
  • 16.12.2024

Gefahr durch Schattenflotte: Warnemünde, Fehmarn und Damp wären im Falle einer Ölpest bedroht. Greenpeace-Aktiviste protestieren bei der Umweltminister:innenkonferenz gegen die gefährliche Fracht.

mehr erfahren
Brennender Tanker "Annika" von oben
  • 11.10.2024

Am Freitagmorgen geriet der Öltanker "Annika" vor der Ostseeküste in Brand, es drohte eine Umweltkatastrophe. Dieser Brand verdeutlicht einmal mehr, wie sehr Tanker die sensiblen Ökosysteme bedrohen.

mehr erfahren
Nach der Havarie des Öltankers Prestige vor der galicischen Küste Spaniens

Öltanker transportieren mehr als die Hälfte des geförderten Rohöls über die Weltmeere. Obwohl die Schiffe seit 2010 Doppelhüllen haben müssen, passieren immer wieder Unfälle.

mehr erfahren
Rally against Corporations Trying to Sue Critics into Silence in Oakland
  • 04.09.2024

Die Geschichte der SLAPP-Klage von Energy Transfer gegen Greenpeace in den USA - und welche Rolle sie weltweit spielt

mehr erfahren
In einem letzten Gefecht kletterten die Demonstranten auf den 125 m langen Fackelausleger der Plattform und schwenkten ein Transparent mit der Aufschrift „Bohren stoppen“. Fangen Sie an zu bezahlen.“ Unterdessen segelten fünf weitere Aktivisten unter der Leitung von Yeb Saño, Executive Director von Greenpeace Südostasien, an Bord des 8 Meter langen Tanker Tracker-Bootes von Greenpeace Nordic aus, um das 51.000 Tonnen schwere White Marlin-Schiff abzufangen, das von Shell unter Vertrag genommen wurde, als es
  • 09.11.2023

Vergangenen Februar protestierten Greenpeace-Aktivist:innen friedlich auf einer Shell-Ölplattfrom gegen Umweltzerstörung. Shell legt nun Einschüchterungsklage vor.

mehr erfahren
Canadian Activists Want 'Arctic 30' Home for the Holidays

2013 werden 28 Greenpeace-Aktivist:innen und zwei freie Journalisten für ihren friedlichen Protest gegen Ölbohrungen vor der Küste Russlands wochenlang inhaftiert. "Zu unrecht", urteilt die EU 2023.

mehr erfahren