Subventionsempfänger - das Who is Who des Hochadels
- Ein Artikel von Sigrid Totz
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Auf der Liste der Subventionsempfänger finden wir zum Beispiel die HMS, die Hanseatic Marine Services in Hamburg. Sie beliefert unter anderem Kreuzfahrtschiffe mit Lebensmitteln. Dafür erhielt sie 54.086 Euro. Fast das Doppelte, nämlich 106.276 Euro, kassierte die LSG Zollzweckgemeinschaft, ein Tochterunternehmen der Lufthansa, für die Verpflegung ihrer Fluggäste. Denn: Flugzeuge und Schiffe, die europäische Binnengewässer verlassen, können nach derzeitigem Recht sogenannte Exportbeihilfe für subventionierte Lebensmittel wie Kaffeesahne, Zucker, Eier und Fleisch beziehen.
Sehr anschaulich belegt auch die RWE Power AG in Erftstadt die subventionierte Sinnlosigkeit. Das Unternehmen erhielt satte 589.933 Euro Flächenprämien: Es kauft Ackerflächen für den Braunkohletagebau auf und bewirtschaftet sie. Nach Beendigung der Braunkohleförderung werden die verwüsteten Flächen rekultiviert und beackert. Auch dafür gibt es wieder Geld - Staatskohle.
Weitere Beispiele: Der Saatgutriese KWS in Einbeck, bekannt durch zahlreiche Anbauversuche mit Gen-Mais und Gen-Zuckerrüben, steckte 748.013 Euro an Direktzahlungen ein. Auch BASF (160.037 Euro) und Bayer Industries (130.538 Euro) erhielten ein Vielfaches von dem, was eine normale Bauernfamilie in Deutschland an Unterstützung erhält.
Aber auch in der Landwirtschaft geht es eigenartig zu: So erhält das Gut Klein Wanzleben in Sachsen-Anhalt 2,6 Millionen Euro. Das über 2000 Hektar große Gut wird besonders dafür gefördert, dass es in der Vergangenheit Bullen gemästet hat. Die Bullenmast wurde nach Greenpeace-Recherchen zwar bereits vor Jahren eingestellt, die Gelder aus Brüssel fließen aber weiter. Die europäische Agrarpolitik macht es möglich.
Neben LPG-Nachfolgebetrieben und Agrarindustriellen gehört der alte Landadel zu den Spitzenempfängern. Ob es der Markgraf von Baden (237.502 Euro) ist, der Prinz zu Schleswig-Holstein (609.867 Euro) oder der Graf von Westphalen in Meschede (811.228 Euro sowie 529.918 Euro für einen weiteren Betrieb) - die Subventionsliste liest sich wie das Who is Who des Hochadels. Für bäuerliche Betriebe sind die Unterstützungen deutlich geringer.
Ganz transparent sind die Zahlungen aus dem Agrartopf allerdings trotz Veröffentlichung der Liste noch nicht. Neben der Verweigerungshaltung des bayerischen Landwirtschaftsministeriums gibt es einen zweiten Kritikpunkt: Die jetzige Veröffentlichungspraxis liefert kaum Informationen darüber, wofür die Gelder im Detail geflossen sind. Auch in diesem Punkt muss nachgebessert werden.
Vor allem aber gehört die Subventionspraxis selber auf den Prüfstand. Bei der nächsten größeren EU-Agrarreform müssen einige grundlegende Dinge geändert werden, fordert Landwirtschaftsexperte Martin Hofstetter von Greenpeace. Dazu gehört, dass Agrarexportsubventionen, die die Landwirtschaft ärmerer Länder massiv schädigen, sofort eingestellt werden. Mit den künstlich verbilligten EU-Produkten können die heimischen Erzeuger dieser Länder nicht konkurrieren. Sie verlieren ihre Lebensgrundlage.
Darüber hinaus muss der große Batzen der Agrarsubventionen, die sogenannten Direktzahlungen, umverteilt werden. Das sind Jahr für Jahr 5,4 Milliarden Euro. Greenpeace fordert, diese Milliarden gezielt an landwirtschaftliche Betriebe zu vergeben, die ökologisch und klimafreundlich wirtschaften. Betriebe, die umweltschädigend wirtschaften, sagt Hofstetter, dürfen keine Unterstützung erhalten.