Jetzt spenden
Der Erkundungsbereich im Salzstock Gorleben 01/21/2011
Thomas Breuer / Greenpeace

Ausstieg aus Gorleben

Elf Castoren, beladen mit über 120 Tonnen hochradioaktivem Atommüll aus der französischen Plutoniumfabrik La Hague, gingen im November 2011 auf die lange Reise ins Zwischenlager nach Gorleben. Die 44-fache Menge an Radioaktivität, die in Fukushima freigesetzt wurde, rollte durch Frankreich und die Bundesrepublik - und landete in einer Art Kartoffelscheune unweit des niedersächsischen Elbdorfes Gorleben. Und das, obwohl es nachweislich einen geeigneteren Ort für die Zwischenlagerung gegeben hätte: Sicherer und näher wäre das Zwischenlager am AKW Philippsburg gewesen. Das hatte Greenpeace in einer Studie Mitte Oktober 2011 nachgewiesen.

Die Geschichte klingt wie ein Schildbürgerstreich: Das Ergebnis der riskanten Energiegewinnung durch Atomkraft ist hochradioaktiver Abfall - und niemand weiß, wohin damit. Zur sogenannten Wiederaufbereitung wurden die abgebrannten Brennelemente aus bundesdeutschen AKW zunächst nach Frankreich und Großbritannien gefahren. In den Atomfabriken La Hague und Sellafield wird der Bombenstoff Plutonium von anderen hochradioaktiven Stoffen abgetrennt. Dadurch entsteht noch mehr hochradioaktiver Abfall. Dieser Müll muss aber von Deutschland zurückgenommen werden und tritt die Reise in das Zwischenlager in Gorleben an.

Die im Volksmund als Kartoffelscheune bezeichnete Zwischenlagerhalle steht direkt über dem Salzstock Gorleben, der vor 34 Jahren aus politischen Gründen als zukünftiges Endlager ausgesucht wurde und seitdem ausgebaut wird. Wenn der unsichere Salzstock demnächst folgerichtig aufgegeben und eine andere Endlagerstätte gefunden werden sollte, dann muss auch der Müll aus der Gorlebener Zwischenlagerhalle ein weiteres Mal Hunderte von Kilometern transportiert werden.

Daher fordert Greenpeace: Kein weiterer Castortransport nach Gorleben

Lagerung: Die Castorbehälter sollen für maximal 40 Jahre in Gorleben oberirdisch zwischengelagert werden. Der Atommüll kühlt dabei von 400 Grad Celsius auf etwa 200 Grad Celsius ab. Die Castoren stehen in einer Halle, die nicht speziell gesichert ist, sondern lediglich vor Witterungseinflüssen schützen soll. Das Zwischenlager am AKW Philippsburg hingegen verfügt über ein Abflusssystem für das leicht entzündliche Kerosin, das bei einem Flugzeugabsturz ausströmen könnte. Dadurch können lang anhaltende Kerosinbrände besser vermieden werden.

Verursacherprinzip: Der deutsche Müll muss nach dem Verursacherprinzip von den Wiederaufarbeitungsanlagen La Hague und Sellafield zurückgenommen werden. Doch warum alles nach Gorleben? 21 Prozent des gesamten Atommülls aus der Wiederaufbereitungsanlage in La Hague stammen ursprünglich aus baden-württembergischen Atomkraftwerken. Dennoch wurde der strahlende Müll 2011 erneut allein im niedersächsischen Gorleben abgeladen. Baden-Württemberg stahl sich aus der Verantwortung.

Festlegung als Endlager: Jeder weitere Castortransport nach Gorleben zementiert das geplante Endlager im unsicheren Salzstock direkt unter der Zwischenlagerhalle. Dabei ist längst erwiesen, dass der Salzstock Gorleben die Umwelt nicht vor radioaktiver Belastung für Hunderttausende von Jahren sicher schützen kann. Im Verlauf der sogenannten Erkundung dieses Salzstocks traten immer wieder schwere Mängel zu Tage: keine wasserabdichtende Tonschicht über dem Salz, Wasser und Gase im Salz, das größte Erdgasvorkommen der Bundesrepublik unter dem Salz. Genug Gründe, den Standort aufzugeben, doch stattdessen wurden lieber die Sicherheitskriterien an die geologischen Mängel des Salzstocks angepasst.

(Autorin: Sara Westerhaus, aktualisiert Oktober 2012)

  • Zeugen aus Fukushima am Castorprotest gegen den Castortransport ins Zwischenlager Gorleben, November 2011

    Zeugen aus Fukushima am Castorprotest

    Überspringe die Bildergalerie
  • Ehrenamtliche der Gruppe Hannover protestieren mit Gasmasken und Banner, November 2011

    Castor Mahnwache in Hannover

    Überspringe die Bildergalerie
  • Erkundungsbereich im Salzstock von Schacht Gorleben, Januar 2011

    Erkundungsschacht Gorleben

    Überspringe die Bildergalerie
  • Demonstration in Dannenberg gegen den Atommüll-Transport von der Wiederaufbereitungsanlage La Hague ins Zwischenlager Gorleben, November 2011

    Protest gegen Castor-Transport

    Überspringe die Bildergalerie
Ende der Gallerie

Online-Mitmachaktion

https://act.greenpeace.de/eu-verbot-fossile-energien

Offener Brief: Neue fossile Energieprojekte in Europa verbieten

Wir alle müssen jetzt den klimatischen und ökologischen Notstand als die existenzielle Krise behandeln, die er ist. Unser Leben hängt davon ab. Deshalb fordern wir die EU-Institutionen dazu auf: Stoppt neue Öl- und Gasprojekte!

Jetzt unterzeichnen
0%
vom Ziel erreicht
0
haben mitgemacht
0%
Datum
Protesters holding yellow banner that says "defend the climate - not fussil fuels"

Mehr zum Thema

Projektion zum Atomausstieg am AKW Isar 2
  • 16.08.2024

Atomkraft ist nicht nur riskant, sondern auch keine Lösung für die Energiekrise. Am 15. April 2023 wurden die deutschen Atomkraftwerke darum endgültig abgeschaltet, nun wurden Kühltürme gesprengt.

mehr erfahren
Atommeiler in Cattenom
  • 19.06.2024

Atomenergie ist ein volkswirtschaftliches Risiko, so eine aktuelle Greenpeace-Studie. Die Rechnung für unkontrollierte Kostensteigerungen und massive Verzögerungen begleichen die Steuerzahlenden.

mehr erfahren
Nuclear Action at EnBW in Germany
  • 24.05.2024

Tausende von Jahren sollte das „Versuchsendlager“ im ehemaligen Salzbergwerk Asse II sicher sein. Knapp vier Jahrzehnte später säuft es durch Wassereinbrüche ab, die Schachtanlage droht einzustürzen.

mehr erfahren
In einem Kindergarten liegen die Spielsachen so, wie sie nach der Katastrophe zurückgelassen wurden. Die Gasmaske eines Kindes neben einer Puppe ist nur ein weiteres grausames Paradoxon: Eine Woche vor dem Atomunfall wurden die Kinder darin geschult, die Sicherheitsausrüstung gegen die atomare Gefahr zu benutzen. Doch am Tag des Unfalls wurde auf Anweisung der Parteiführung keine einzige Gasmaske benutzt.
  • 26.04.2024

Am 26. April 1986 erschüttert eine Explosion das Atomkraftwerk Tschornobyl. Eine radioaktive Wolke verseucht die Region und zieht über Europa. Ursache sind menschliches Versagen und technische Mängel.

mehr erfahren
Greenpeace and BUND Naturschutz Celebrate Nuclear Phase-out in Munich
  • 12.04.2024

Vor einem Jahr ging das letzte AKW in Bayern vom Netz. Strom aus erneuerbaren Energien hat deutschlandweit Atomstrom ersetzt. Nur der Freistaat hinkt hinterher. Warum ist das so?

mehr erfahren
Projektion für den Atomausstieg am Atomkraftwerk Isar 2 bei Nacht
  • 09.04.2024

Happy Birthday, Atomausstieg! Auch wenn ein Jahr nach dem deutschen Ausstieg vielerorts eine “Renaissance der Atomkraft” herbeigeredet wird, laut einer aktuellen Studie sprechen die Fakten dagegen.

mehr erfahren