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Die Informationspolitik der Behörden und der Firma ist nicht tragbar. Das Ausmaß des Unglücks wird überhaupt nicht ersichtlich, empört sich Christian Bussau, Meeres- und Ölexperte bei Greenpeace. Denn ConocoPhillips geizt weiterhin mit Informationen: Auf der Firmen-Webseite findet sich lediglich eine Meldung vom 13. Juli, sechs Wochen nach dem ersten Leck veröffentlicht. Vergeblich sucht man nach Bildern vom Unglück, aktuellen Zahlen oder Karten, die die verschmutzten Meeresgebiete auszeichnen.
Nach den dürftigen Angaben der Betreiberfirma hat sich der erste Unfall im größten chinesischen Ölfeld Penglai 19-3 am 4. Juni ereignet, am 17. Juni ein zweiter. Das größte Ölfeld Chinas betreibt ConocoPhillips gemeinsam mit der China National Offshore Oil Corporation. Beide Lecks seien größtenteils dicht, versichert die Firma. Lediglich einige Liter Öl am Tag treten noch aus.
Wenn die Angaben von Conoco Phillips stimmen, handelt es sich um eine vergleichsweise kleine Dimension, die nicht zu vergleichen ist mit der Ölpest im Golf von Mexiko, sagt Christian Bussau. Etwa 174.000 Liter Öl seien in der Bahai-Bucht ausgeflossen, schätzt ConocoPhillips. Zum Vergleich: Nach der Ölkatastrophe von BP flossen 780 Millionen Liter Öl ins Meer.
Die Nachrichtenlage ist widersprüchlich. Die verseuchte Fläche sei mittlerweile von 840 auf 4.200 Quadratkilometer angewachsen, berichten die Medien. Dies zu beurteilen ist schwierig ohne Luftaufnahmen, sagt Bussau. Es ist nicht bekannt, ob der Teppich so dünn ist, dass er sich durch Sonnenlicht und mechanische Wellenbewegung abbaut, oder ob ein dicker schwarzer Ölteppich auf der Meeresoberfläche schwimmt. Die Ausläufer sollen bereits die Küste erreicht haben: Ein Badestrand soll durch einen 300 Meter langen Ölteppich verunreinigt sein, Ölpartikel würden an den Küsten angeschwemmt.
Umweltschützer verärgert die Informationspolitik der Betreiber. Chinesische Blogger brachten die Ölunfälle ans Licht, doch erst Anfang Juli gab die Meeresbehörde State Oceanic Administration (SOA) sie öffentlich bekannt. Die SOA verhängte am 13. Juli einen Förderstopp mit der Begründung, weitere Lecks könnten auftreten.
Der Bürgerprotest wächst, währenddessen Behörde und Betreiberfirma sich gegenseitig den Schwarzen Peter zuschieben: Conoco versichert, die Behörden umgehend informiert zu haben, die SOA wirft der Ölfirma unzureichende Bemühungen vor.
Der Umgang mit dem Unglück erinnert an die Ölpest in der chinesischen Hafenstadt Dalian: Auch dort verschwiegen die Behörden zunächst die Ausmaße der Ölpest, Aufräumarbeiter wurden ohne angemessene Schutzkleidung oder Werkzeug dem giftigen Öl ausgesetzt. mehr...
Verschmutzung der Nordsee
Ein Leck in dieser Größe - sofern die Angaben Conocos stimmen - passiert in der Offshore-Industrie immer wieder, betont Bussau. Jedes Jahr ereignen sich auf den über 400 Plattformen der Nordsee Unfälle, auch in der Größenordnung der aktuellen chinesischen Ölpest: 2007 strömten beim Beladen eines Tankers im Ölfeld Statfjord A etwa 4.000 Tonnen Öl in die Nordsee.
Geht es um Verschmutzung, sind die europäischen Behörden und Betreiber kaum auskunftsfreudiger als ihre chinesischen Kollegen. Behördliche Kontrollen erfolgen unregelmäßig - und zur Freude der Industrie mit Anmeldung.
Greenpeace dokumentiert jährlich die Verschmutzung der Nordsee durch die Ölindustrie. Der alltägliche Betrieb verursacht bereits eine schleichende Verseuchung, die in den vergangenen Jahren deutlich zugenommen hat.