Jetzt spenden

Archiviert | Inhalt wird nicht mehr aktualisiert

Online-Redaktion: Karsten, durch den Ausgang der Wahl steht auch das geplante Kraftwerk Moorburg auf der Kippe. Greenpeace hat Vattenfallchef Lars Göran Josefsson gestern in einem offenen Brief aufgefordert, den Genehmigungsantrag für Moorburg zurückzuziehen. Warum dieser Brief zu diesem Zeitpunkt?

Karsten Smid: Die Wahlen sind entschieden, aber der Streit um Moorburg geht weiter. Vattenfall ist am Zug. Wir erwarten von Herrn Josefsson, dass er sich jetzt wie ein aufrechter Demokrat verhält und nicht gegen den Willen der Bevölkerung diese Kohlendioxidschleuder durchsetzt. Das Aus für die Kohlekraftwerke Ensdorf/Saarland und Staudinger/Hessen zeigt, dass man sich nach den politischen Mehrheiten richten muss. E.ON-Chef Wulf Bernotat hat auf der Energiefachmesse in Essen kürzlich geäußert, man werde keine neuen Anlagen gegen den Bürgerwillen bauen. Das sollte Vattenfall in Hamburg auch beherzigen.

Es gibt drei weitere Gründe, die gegen den Bau sprechen. Erstens sind die Genehmigungsunterlagen unzureichend. Das Kraftwerk ist wasserrechtlich nicht genehmigungsfähig. Zweitens herrscht beträchtliche Verwirrung darüber, was Vattenfall eigentlich bauen will: Ein Kraftwerk, das später mit CCS, also einer CO2-Abscheidungsanlage nachgerüstet wird? Welchen Stellenwert hat die Zusatzvereinbarung zwischen Vattenfall und Ole von Beust? Welche internen Papiere schlummern noch im Rathaus?

Online-Redaktion: Inzwischen steigen Unternehmen zum Teil auch aus ökonomischen Gründen aus. Siehe das Aus für das geplante Kohlekraftwerk Herne 5.

Karsten Smid: Das ist der dritte Grund. Bei einer hundertprozentigen Versteigerung der Emissionszertifikate ab 2013 rechnet sich ein solches Kohlekraftwerk auch ökonomisch nicht mehr.

Online-Redaktion: Was sagst du zu der Idee, ein nur halb so großes Kohlekraftwerk zu bauen?

Karsten Smid: Wir sagen: Nein! Die Verbrennung von Kohle ist ein Klimakiller. Wir brauchen auch keinen halben Klimakiller in Hamburg. Auch die Grünen können es sich politisch überhaupt nicht erlauben, auf Kohle zu setzen, so klein das Kraftwerk auch sein sollte. Außerdem: Ob nun ein kleineres Kohlekraftwerk oder ein Gaskraftwerk gebaut wird - das Genehmigungsverfahren muss so oder so neu aufgerollt werden. Dann bitte gleich Nägel mit Köpfen! Vattenfall muss das Aus für das Kohlekraftwerk verkünden. Wir erwarten von Herrn Josefsson eine ernsthafte Antwort auf unseren offenen Brief.

Online-Redaktion: Ist Gas langfristig eine Antwort? Bedeutet es nicht auch Importabhängigkeit?

Karsten Smid: Moderne Gaskraftwerke arbeiten durch höhere Effizienz und Kraft-Wärme-Kopplung sehr ressourcenschonend. Und durch ein gutes Hamburger Wärmedämmungsprogramm können wir viel Gas einsparen, das zurzeit noch sinnlos verheizt wird. Das sollte besser für den Betrieb von hocheffizienten Gaskraftwerken genutzt werden. Wir müssen Klimaschutz in Hamburg von Grund auf neu denken. Dazu gehört auch ein Effizienzprogramm genauso wie die Beteiligung an Offshore-Windparks.

Online-Redaktion: Siehst du die Chance für eine Neuausrichtung der Hamburger Klima- und Energiepolitik?

Karsten Smid: Absolut! Hamburg kann unter Schwarz-Grün Klimahauptstadt werden. Das geht aber nur bei Verzicht auf das Kohlekraftwerk Moorburg. Wir brauchen einen Neuanfang.

Nebenbei: Vattenfall hat die Pläne für ein Gaskraftwerk schon in der Schublade. Und sie haben das Know-how. Der Projektleiter für das Kohlekraftwerk Moorburg hat früher Gaskraftwerke gebaut.

Online-Redaktion: Danke für das Gespräch, Karsten.

Online-Mitmachaktion

https://act.greenpeace.de/eu-verbot-fossile-energien

Offener Brief: Neue fossile Energieprojekte in Europa verbieten

Wir alle müssen jetzt den klimatischen und ökologischen Notstand als die existenzielle Krise behandeln, die er ist. Unser Leben hängt davon ab. Deshalb fordern wir die EU-Institutionen dazu auf: Stoppt neue Öl- und Gasprojekte!

Jetzt unterzeichnen
0%
vom Ziel erreicht
0
haben mitgemacht
0%
Datum
Protesters holding yellow banner that says "defend the climate - not fussil fuels"

Mehr zum Thema

Protest at CCS trade fair in Hamburg
  • 13.11.2024

CO2 unter dem Meer verstecken ist der Plan der Regierung. Doch "Carbon Capture and Storage" ist eine Scheinlösung – sie bremst die Energiewende und ermöglicht der fossilen Industrie ein ‚Weiter so‘.

mehr erfahren
Martin Kaiser auf der Demo in Lützerath
  • 18.01.2023

Das Dorf Lützerath ist nun dem Erdboden gleichgemacht. Wie geht es jetzt weiter mit dem Klimaschutz, der Klimapolitik und der Klimabewegung? Fragen an Greenpeace-Chef Martin Kaiser.

mehr erfahren
35.000 Menschen demonstrieren gegen die Räumung von Lützerath
  • 16.01.2023

Trotz des Protests zehntausender Menschen, trotz tagelanger mutiger Aktionen ist Lützerath nun geräumt. Der Abriss schreitet schnell voran. Doch fürs 1,5 Gradziel darf die Kohle nicht verheizt werden.

mehr erfahren
Auszug aus den NRE-Papieren
  • 22.09.2022

Interne Papiere des NRW-Bauministeriums verstärken den Verdacht auf Zweckentfremdung von Fördermitteln. Laut Greenpeace-Recherche sollen belastete Industrieflächen mit Steuergeldern saniert werden.

mehr erfahren
Mit einer roten Linie zwischen Lützerath und dem Braunkohletagebau Garzweiler  protestieren Greenpeace-Aktivist:innen gegen die Zerstörung des Dorfes durch den Kohlekonzern RWE. Auf  einer Feuerlinie steht "1,5°C LIMIT", auf Bannern ist zu lesen "1,5°C bedeutet: Lützerath bleibt".
  • 20.12.2021

Ganz Deutschland macht Weihnachtsferien. Ganz Deutschland? Nein! Ein kleines Dorf am Rande des Tagesbaus Garzweiler hört nicht auf, der Kohle-Lobby Widerstand zu leisten. Ein Bericht aus Lützerath.

mehr erfahren
  • 10.11.2021

Zum Endspurt der Koalitionsverhandlungen demonstrieren Greenpeace-Aktive mit Katastrophen-Schutt für eine stärkere Rolle der SPD im Klimaschutz

mehr erfahren