Verfahren gegen Ölbohrungen in der Arktis beginnt in Norwegen
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Update vom 5. Februar 2018:
So leicht gibt sich Greenpeace Norwegen nicht geschlagen: Gemeinsam mit ihren Mitklägern, der Jugendorganisation Nature and Youth, legt die Umweltschutzorganisation Berufung gegen das Urteil von Beginn des Jahres ein – und wendet sich damit an die nächsthöhere Instanz, den norwegischen Obersten Gerichtshof. Obwohl das Gericht in Oslo im Januar den Klägern beistimmte, dass das Recht auf eine gesunde Umwelt von der norwegischen Verfassung geschützt wird, sei dieser Paragraph 112 auf den konkreten Fall von Ölbohrungen in der Arktis nicht anwendbar.
Eine Argumentation, der die Kläger nicht folgen wollen. „Es befindet sich bereits genug Kohlenstoffdioxid in der Atmosphäre, um unsere Zukunft ernsthaft zu gefährden“, sagt Truls Gulowsen von Greenpeace Norwegen. „Werden bislang unberührte Gebiete in der Arktis nun für Probebohrungen nach Öl erschlossen, schmuggelt die norwegische Regierung letzten Endes ihre eigenen CO2-Emissionen aus dem Land heraus und heizt damit den Klimawandel weiter an. Das schadet allen, überall.“
Ihre Berufung begründen Greenpeace Norwegen und Nature and Youth damit, dass das Osloer Gericht die Beweislage in dem Verfahren nicht angemessen bewertet und den Gesetzestext nicht korrekt interpretiert und angewendet hat. Damit ist die nächste Runde im Rechtsstreit „People vs. Arctic Oil“ eingeläutet, den bereits über eine halbe Million Menschen weltweit mit ihrer Unterschrift unterstützen.
Update vom 5. Januar 2018:
Im Verfahren gegen die norwegische Regierung hat der Richter in Oslo gestern nicht im Sinne der Kläger – und des Umweltschutzes – entschieden. Greenpeace und die Jugendorganisation Nature and Youth zogen im vergangenen Jahr vor Gericht, weil neue Bohrlizenzen in der Arktis nicht mit der norwegischen Verfassung vereinbar seien. Eine Ansicht, der sich der Richter im Urteil nicht anschließt: Zwar sei es richtig, dass das Recht auf eine unversehrte Umwelt von der norwegischen Verfassung abgedeckt ist und die Regierung danach handeln muss – ein Verfassungsbruch könne aber in diesem Fall nicht nachgewiesen werden.
„Dass das Urteil den Umweltschutzpassus in der norwegischen Verfassung so deutlich anerkennt, ist eine gute Nachricht“, sagt Truls Gulowsen von Greenpeace Norwegen. „Es ist aber sehr enttäuschend, dass es gleichermaßen Norwegens Verantwortung für Klimaschäden weltweit herunterspielt.“
Mehr als eine halbe Million Menschen haben im Vorfeld des Verfahrens mit ihrer Unterschrift das Gerichtsverfahren gegen arktisches Öl unterstützt. „Die norwegische Regierung und Rechtsprechung mögen den Ruf nach unmittelbaren Maßnahmen gegen die Erderhitzung nicht gehört haben“, so Gulowsen weiter. „Aber jeder einzelne Umweltschützer hat die unzähligen Menschen rund um die Welt vernommen, die den Schutz der Arktis wollen.“
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Artikel vom 15. November 2017:
Nicht alles, was falsch ist, verstößt deswegen auch gegen ein Gesetz – insbesondere Naturschützer können davon ein (trauriges) Lied singen. Manchmal lässt sich drohenden Umweltvergehen allerdings doch mit der Macht der Paragraphen entgegentreten: Seit gestern ziehen Greenpeace Nordic und die Jugendorganisation Nature and Youth in Oslo gegen die norwegische Regierung vor Gericht. Die Anklage: Die von ihr genehmigten Ölbohrungen in der Arktis sind nicht mit der norwegischen Verfassung vereinbar und müssen darum gestoppt werden.
Entscheidend für die Klageschrift ist der Paragraph 112: „Jeder hat das Recht auf eine gesunde Umwelt und eine Natur, deren Produktionsfähigkeit und Vielfalt unverändert erhalten bleibt.“ Doch wie soll das gewährleistet sein, wenn arktisches Öl den Klimawandel anfacht? Die Verbrennung von Öl und Kohle setzt klimaschädliches Kohlenstoffdioxid frei – das Treibhausgas ist hauptverantwortlich für die menschengemachte Erderhitzung.
Nicht im Sinne des Klimavertrags
Im Pariser Klimaabkommen ist festgeschrieben, dass die globale Erwärmung unter 1,5 Grad Celsius im Vergleich zum vorindustriellen Niveau bleiben muss, um die schlimmsten Folgen des Klimawandels zu verhindern. Alle Staaten der Welt bekennen sich dazu, bis auf die USA. Doch für dieses Ziel muss weniger Kohle verbrannt, eine Verkehrswende vollzogen werden – und das Öl der Arktis im Boden bleiben.
Menschen rund um die Welt unterstützen die Klage und haben im August vor Ort an einer Statoil-Ölplattorm gegen die Bohrpläne protestiert. Denn was in der Arktis passiert, ist kein norwegisches Problem: Es betrifft buchstäblich jeden auf dem Planeten. Inselstaaten im Pazifik, zum Beispiel die Marshall-Inseln, spüren bereits heute die Folgen des Klimawandels. Die Aktivistin Alisi Nacewa, die in Oslo die Pazifischen Inselstaaten vertritt, sagt: „Wir sind hier in Norwegen, weil unser Zuhause an vorderster Linie des Klimawandels steht. Unsere Lebensweise wird von Extremwetter und einem steigenden Meeresspiegel bedroht.“ Sie hofft auf eine Signalwirkung: „Es ist höchste Zeit, dass Länder dafür geradestehen müssen, wenn sie das Pariser Abkommen brechen.“
Das könnte klappen. Rund 90 Länder der Welt haben einen ähnlichen Passus wie Norwegen in ihrer Verfassung: das Recht auf eine gesunde Umwelt. Die Kläger versprechen sich von dem Verfahren einen Nachhall auf der ganzen Welt: Dass Menschen, wenn es sein muss, in einem Gerichtssaal für die Unversehrtheit ihrer Umwelt kämpfen. Das Recht ist auf ihrer Seite. Nun muss sich zeigen, ob die Rechtsprechung es auch ist.
>>> Helfen Sie uns, Ölbohrungen in der Arktis vor Gericht zu stoppen, indem Sie Ihren Namen unserer Petition hinzufügen! Wir werden ihn vor Gericht vorlegen – als Beweis der stetig wachsenden Bewegung gegen Ölbohrungen in der Arktis.