Interview mit Samtkrabbe: “Ich bin jetzt Aktivist”
Jetzt Petition unterzeichnen- Ein Artikel von Michael Weiland
- Im Gespräch
Der niederländische Energiekonzern One Dyas plant neue Gasbohrungen in der Nordsee vor Borkum. Greenpeace-Tauchende haben in der Nähe mehrere schützenswerte Riffstrukturen gefunden - doch diese Lebensräume sind bedroht durch den Bau einer Kabeltrasse, mit der die Bohrplattform mit Strom versorgt werden soll. Auf einer dieser Strukturen davon haben wir die kleine Samtkrabbe (Necora Puber) Timothy entdeckt, die wir zum Halten eines kleinen Banners bewegen konnten. Hier erklärt Timothy, was ihn an dem Gasprojekt stört, wovor er sich fürchtet und warum er jetzt Aktivist ist - eine nicht ganz ernstgemeinte Unterhaltung per Videoschalte:
Greenpeace: Hallo Timothy, kannst du mich gut verstehen?
Samtkrabbe: (abgehackt) schlecht… Moment. Ah, hier ist’s besser. Wir haben im Meer manchmal Netzprobleme. Haha.
Sehr lustig. Aber schön, dass du noch zu Scherzen aufgelegt bist.
Ja, wir nennen das Algenhumor.
Ganz schön abgeklärt.
Ach, das täuscht. Du weißt ja: harte Schale, weicher Kern.
Viel zu lachen gibt es ja nicht. Der Gaskonzern One-Dyas will eine Stromtrasse direkt durch dein Wohngebiet legen.
Eine meeresbodenlose Frechheit! Ich hab doch gerade erst meine Wohnröhre abbezahlt. Als hätten wir nicht genug Probleme.
Welche Probleme meinst du?
Die Nordsee war noch nie so warm wie 2023. Im Schnitt 11,9 Grad Wassertemperatur! Ich bin doch keine tropische Garnele. Und nun will man auch noch meinen Vorgarten umpflügen. Aber das hängt ja alles zusammen.
Das musst du erklären.
Dieser Konzern will in der Nordsee Gas fördern. Und für die Plattform braucht man Strom. Der kommt zwar aus einem Windpark, aber gefördert werden damit klimaschädliche fossile Brennstoffe. Das ist doch absurd! Und die Erderwärmung betrifft euch doch genauso.
Du bist ja gut informiert.
Ich lebe in der Nordsee, nicht hinterm Mond.
Und was unternimmst du dagegen?
Ich bin jetzt Aktivist.
Ach.
Der nette junge Mann von euch, der neulich zu Besuch war, hat mir ein Banner in die Schere gedrückt. Und jetzt bin ich Greenpeace-Aktivist. Tja, da staunst du.
Toll! Dann sehen wir uns beim Klimastreik am 20. September?
Ich hab hier alle Scheren voll zu tun. Aber Seegurke und Seestern hätten Bock, sagen sie. Die Moostierchen können schlecht. Die sind hier festgewachsen.
Wie sieht’s mit Spenden aus?
Hier gibt’s leider nur ‘ne Sandbank in der Nähe.
Okay. Was würdest du unseren Leser:innen denn noch gerne mit auf den Weg geben?
Sie sollen Kohle, Öl und Gas im Boden lassen und ihr Plastik nicht ins Meer werfen. Nehmt euch ein Beispiel an mir, mein Motto lautet: Zero Waste! Wenn ihr hier Müll seht, hat den einer eurer Artgenossen reingeworfen.
Letzte Frage: Wer lebt in ‘ner Ananas ganz tief im Meer?
Nu wer’n Se ma’ nich’ frech.