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Sampling and Analysis of PFAS in the River Rhine in Germany
© Oliver Tjaden / Greenpeace

PFAS: Ewigkeitschemikalien belasten die Umwelt

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Greenpeace hat erhöhte PFOS-Werte im Rhein gefunden. Die Ewigkeitschemikalie aus der Gruppe der PFAS ist gesundheitsschädlich. Deutschland muss die PFAS besser regulieren. 

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Hochgerechnet sechsmal mehr als der Jahresgrenzwert - so viel PFOS, eine giftige und umweltschädliche Ewigkeitschemikalie aus der Gruppe der PFAS, hat Greenpeace bei Messungen im Rhein gefunden. PFAS, die Abkürzung für  Per- und Polyfluoralkylsubstanzen sind wie die Büchse der Pandora, einmal geöffnet, nie wieder einzufangen, weshalb die wasser- und fettabweisende Chemikalien zu den sogenannten Ewigkeitschemikalien gehören. Das heißt, sie bauen sich – einmal in der Umwelt – quasi gar nicht ab, weshalb sich ihre Konzentration auf Erden mehr und mehr erhöht. Sie aus Wasser oder Böden herauszufiltern ist kaum möglich bis extrem schwierig. Sie reichern sich in Lebewesen aller Art an, je höher in der Nahrungskette, desto mehr. Auch wir Menschen sind belastet. 

PFAS stehen im Verdacht, schwerwiegende Gesundheitsprobleme zu verursachen wie Krebs, Leberschäden oder Störungen des Hormonsystems. Auch schädigen sie das Immunsystem und haben negative Auswirkungen auf die Fortpflanzung und die Entwicklung von Kleinkindern. Obwohl es mittlerweile für fast alle Anwendungen in Gebrauchsgegenständen PFAS-freie Alternativen gibt, hält die Chemieindustrie an dieser Stoffgruppe fest und die Bundesregierung bringt keine starke Regulierung an den Start. 

Zum Einsatz kommen von PFAS bei Textilien wie Sport- und Outdoorbekleidung, Teppichböden und Autositzen, in Reinigungsmitteln und Lebensmittelverpackungen wie Pizzakartons und  Backpapier. Sie werden seit den 1940er Jahren hergestellt und finden Anwendung in vielen Produkten von Antihaft-Kochgeschirr über Kosmetika, Pestiziden, Feuerlöschschäumen, Elektronik bis hin zu Medizinprodukten, Schmierstoffen und vielem  mehr. Ihre Ewigkeitseigenschaften – ein Problem in der Umwelt – machen sie beliebt für diese breite Verwendung. Denn PFAS sind temperaturstabil, reagieren nicht mit anderen chemischen Substanzen und sind wasser- und ölabweisend. 

Seit den 1990er Jahren wächst die Besorgnis über die Umwelt- und Gesundheitsrisiken, die mit PFAS verbunden sind. Manche besonders gefährlichen Stoffgruppen sind mittlerweile auch reguliert oder ihre Regulierung ist in Arbeit. Aber noch gehen die Beschränkungen nicht weit genug. Mit erschreckenden Ergebnissen: In Deutschland wurden z. B. bei 21 Prozent der Kinder und Jugendlichen im Blut höhere PFAS-Werte nachgewiesen als gesundheitlich empfohlen. 

Sampling and Analysis of PFAS in the River Rhine in Germany
“Wir fordern die Bundesregierung auf Menschen und die Umwelt vor Industrieschutz zu stellen und künftig den Einsatz von PFAS ohne Wenn und Aber zu verbieten.”

Julios Kontchou

Ökotoxikologe von Greenpeace

Sampling and Analysis of PFAS in the River Rhine in Germany
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“Wir fordern die Bundesregierung auf Menschen und die Umwelt vor Industrieschutz zu stellen und künftig den Einsatz von PFAS ohne Wenn und Aber zu verbieten.”
Zitatinhaber, Vorname Nachname
Julios Kontchou
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Zwei Substanzen der PFAS sind dabei besonders gesundheitsschädlich und deshalb gefährlich: PFOS (Perfluoroctansulfonsäure) und PFOA (Perfluoroctansäure). Beide sind nachweislich krebserregend, beeinflussen das Hormonsystem und schädigen die Fortpflanzung. PFOS ist, weil so gefährlich, eines der am besten erforschten und am stärksten regulierten PFAS und darf in der EU seit 2009 nur eingeschränkt verwendet werden. Im Jahr 2010 wurde es in die Verbotsliste der Stockholm-Konvention aufgenommen. In Deutschland ist die Produktion seit 2015 offiziell eingestellt. 

PFOS-Grenzwerte im Rhein sechsfach überschritten - Greenpeace-Messungen

Trotzdem überschreitet die Konzentration von PFOS im Rhein den durchschnittlichen Jahresgrenzwert. Das ist das Ergebnis von acht Stichproben, die Greenpeace-Umweltschützer:innen an unterschiedlichen Stellen in Dormagen, Leverkusen, Dinslaken, Duisburg, Düsseldorf und Krefeld genommen haben. Demnach weisen alle im August und Oktober vergangenen Jahres gesammelten Proben Werte auf, die hochgerechnet bis zum Sechsfachen über der Umweltqualitätsnorm für PFOS liegen. 

Sampling and Analysis of PFAS in the River Rhine in Germany
“Es ist ein Skandal, dass wir ein Jahrzehnt nach dem Ende der Produktion in Deutschland derart hohe PFOS-Werte messen. Die zuständigen Landesämter in Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz und Baden-Württemberg müssen schnell die Ursachen finden und entschärfen.”

Julios Kontchou

Ökotoxikologe von Greenpeace

Sampling and Analysis of PFAS in the River Rhine in Germany
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“Es ist ein Skandal, dass wir ein Jahrzehnt nach dem Ende der Produktion in Deutschland derart hohe PFOS-Werte messen. Die zuständigen Landesämter in Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz und Baden-Württemberg müssen schnell die Ursachen finden und entschärfen.”

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Julios Kontchou
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PFOS im Rhein - eine Greenpeace-Untersuchung

PFOS im Rhein - eine Greenpeace-Untersuchung

Messergebnisse der Wasserproben aus dem Rhein zeigen erhöhte Werte von Perfluoroktansulfonsäure (PFOS). Die gesundheitsschädliche Chemikalie gehört zur Gruppe der per- und polyfluorierten Substanzen (PFAS).

Anzahl Seiten: 7

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  • Sampling and Analysis of PFAS in the River Rhine in Germany

    Oktober 2024

    Greenpeace-Expert:innen nehmen Wasserproben an unterschiedlichen Stellen des Rheinlaufs, von Leverkusen bis Dinslaken, um diese auf die sogenannten „Ewigkeitschemikalien“ PFAS (Per- und Polyfluorakylsubstanzen) zu untersuchen.

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  • Sampling and Analysis of PFAS in the River Rhine in Germany

    PFOS und PFAS bauen sich in der Umwelt nicht ab sondern bleiben für immer. Deshalb reichern sie sich in der Umwelt, in der Nahrungskette und auch im Menschen mehr und mehr an.

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  • Sampling and Analysis of PFAS in the River Rhine in Germany

    Greenpeace-Experte und Ökotoxikologe Julios Kontchou, fordert deshalb, PFAS in Deutschland zu verbieten. Es gibt ungefährlichere Alternativen.

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Wie PFOS in den Rhein kommt, ist ungeklärt. Wahrscheinlich aber durch Restbestände von mit PFOS hergestellten Feuerllöschschaum, die noch aufgebraucht werden dürfen. Die hohe PFOS-Konzentration ist vor allem beim Aufbereiten von Trinkwasser eine Gefahr für dessen Qualität. Nur mit hohem technischen Aufwand lassen sich die gesundheitsgefährdenden Ewigkeitschemikalien aus dem Wasser filtern. Die Niederlande, die ihr Trinkwasser zu einem Großteil aus dem Rhein beziehen, haben sich deshalb bereits an die Bundesregierung gewendet. Von der Bundesumweltministerin wünschen sich die Niederlande gesetzlich festgelegte Grenzwerte für die Emissionen aus deutschen Industrieanlagen.

Im Dezember 2024 berichtete die europäische Umweltbehörde zudem, dass in Europa bis zu 60 Prozent der Flüsse und 35 Prozent der Seen Konzentrationen von PFOS gemessen wurden, die über den Umweltqualitätsschwellenwerten liegen. 

PFAS: Bisher kaum reguliert

Es gibt mehr als 10.000 dieser potenziell schädlichen PFAS-Chemikalien, aber über viele von ihnen gibt es erschreckend wenig Informationen, und nur wenige sind geregelt. In Deutschland fehlen z. B. weitgehend verbindliche Grenzwerte für PFAS-Kontaminationen in der Umwelt. Immerhin sieht die neue  Trinkwasserverordnung von Juni 2023 die Einführung neuer Grenzwerte für PFAS in zwei Stufen vor. Ab 2026 gelten 0,1 Mikrogramm pro Liter (µg/L) als Summengrenzwert für eine Gruppe von 20 trinkwasserrelevanten PFAS-Substanzen (PFAS-20). Für vier spezielle Substanzen aus der PFAS-Gruppe (PFAS-4 bestehend aus PFHxS, ⁠PFOS⁠, ⁠PFOA⁠, PFNA) sieht die Trinkwasserverordnung ab 2028 zusätzlich einen Grenzwert von 0,02 µg/L für die Summe aus diesen Verbindungen vor.

Für Oberflächengewässer gibt es keine nationalen Grenzwerte, mit Ausnahme des EU-regulierten PFOS, das für Deutschland gilt. Darüber hinaus gibt es auch keine allgemein verbindlichen Vorschriften für PFAS in industriellen Einleitungen, die Grenzwerte dafür werden von Fall zu Fall genehmigt. So kann es immer wieder – wie von Greenpeace 2024 im Rhein gemessen – zu hohen PFOS-Werten in Flüssen kommen.

Andere europäische Länder haben bereits strengere Maßnahmen ergriffen, um die von PFAS ausgehenden Risiken zu bekämpfen. So hat Dänemark PFAS in Lebensmittelverpackungen, wie z. B. Papier und Pappe schon ab 2020 verboten. Weitere Verbote für z.B. die Verwendung in Textilien und Outdoor-Ausrüstung werden derzeit in Betracht gezogen. Dänemark hat außerdem strenge Grenzwerte für PFAS festgelegt, die weit unter dem EU-Grenzwert liegen. So gilt für PFAS-4  aktuell in Dänemark 2 ng/L als Grenzwert für Trinkwasser, während der deutsche Grenzwert zehnmal höher ist und erst 2028 in Kraft treten wird.

PFAS und PFOS: Ewigkeitschemikalien belasten die Umwelt

Was sind PFAS?

Text

PFAS (Per- und Polyfluoralkylsubstanzen) sind eine Gruppe aus Chemikalien, die sich quasi nicht abbauen und somit die Umwelt ewig belasten. Sie bestehen aus einem Kohlenstoffgerüst, dessen Wasserstoffatome entweder ganz oder nur teilweise durch Fluoratome ersetzt sind. Zu PFAS zählen über 10.000 Einzelsubstanzen, von denen manche, wie zum Beispiel PFOS oder PFOA, hochgradig gesundheitsgefährdend sind. Trotzdem ist ihre Verwendung in Europa zu wenig reguliert. Greenpeace fordert, dass Deutschland PFAS verbietet, gesetzlich verbindliche Grenzwerte vorschreibt und sich europaweit für eine starke Beschränkung dieser Ewigkeitsgifte einsetzt. 

Was sind PFOS?

Text

PFOS (Perflouroctansulfonsäure) ist ebenso wie PFOA (Perfluoroctansäure) eine besonders umwelt- und gesundheitsschädliche Substanz aus der Gruppe der PFAS. Beide sind krebserregend, beeinflussen das Hormonsystem und schädigen die Fortpflanzung. PFOS darf in der EU seit 2009 nur eingeschränkt verwendet werden, im Jahr 2010 wurde es in die Verbotsliste der Stockholm-Konvention aufgenommen. In Deutschland ist die Produktion seit 2015 offiziell eingestellt worden. Trotzdem werden immer wieder erhöhte Konzentrationen gemessen, wie Ende 2023 von Greenpeace im Rhein. 

Historischer Vorschlag zur PFAS-Regulierung in der EU

Deutschland hat zusammen mit den Niederlanden, Dänemark, Schweden und Norwegen 2023 einen historischen Vorschlag für eine starke Beschränkung von über 10.000 PFAS-Chemikalien bei der EU eingereicht. Der Vorschlag wurde von viele NGOs und anderen Interessengruppen positiv aufgenommen, allerdings wurde er von der chemischen Industrie und einigen Politikern stark kritisiert. Am Ende siegte die Industrie - und obwohl Deutschland diese Initiative geleitet hat, hat sich die Bundesregierung 2024 gegen eine starke Beschränkung von PFAS ausgesprochen.

Greenpeace fordert, dass Deutschland seine nationalen Maßnahmen gegen die Verschmutzung durch PFAS verstärken muss. Die könnten schnell und konsequent umgesetzt werden. Außerdem soll Deutschland in der Europäischen Union wieder zu den Ländern zurückkehren, die eine starke Regulierung sämtlicher PFAS vorantreiben wollen. Denn diese Gifte bleiben für die Ewigkeit. 

Häufige Fragen zu PFAS und PFOS

Wo wurde POFS verwendet?

Die Perfluoroctansulfonsäure (PFOS) wurde überwiegend verwendet, um Textilien, Teppiche und Papier fett-, öl- und wasserfest zu imprägnieren. Zudem wird es bis heute bei der Verchromung und in älterem Feuerlöschschaum verwendet. 

Wofür werden PFAS verwendet?

Zu den Anwendungsgebiete von PFAS zählen Sport- und Outdoorbekleidung, Teppichböden und Autositze, Reinigungsmittel, Lebensmittelverpackungen wie Pizzakartons und  Backpapier.

Wie wirkt PFOS in der Natur und auf den menschlichen Organismus?

PFOS/PFAS bauen sich in der Umwelt nicht ab und reichern sich in der Nahrungskette an. Viele der Stoffe bleiben lange im menschlichen Körper. Einige davon, darunter PFOS und PFOA, sind krebserregend, beeinflussen das Hormonsystem und schädigen die Fortpflanzung.

Seit wann sind PFOS verboten?

PFOS darf in der EU seit 2009 nur eingeschränkt verwendet werden. In Deutschland ist die Produktion seit 2015 offiziell eingestellt worden. Seitdem wurden nur noch Lagerbestände bspw. für Feuerlöschschaum verwendet. 

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