Kennzeichnung von Fischprodukten - ein Problem?
- Hintergrund
Ob frisch oder eingefroren, ob bearbeitet oder geräuchert - seit 2002 müssen Fisch und Fischereierzeugnisse gekennzeichnet sein. Das legt das Fischetikettierungsgesetz der Europäischen Union fest. Vorgeschrieben sind: Handelsbezeichnung (z.B. Kabeljau), Produktionsmethode (z.B. Wildfang/Seefischerei oder Aquakultur) und Fanggebiet (z.B. Nordostatlantik).
Fatalerweise betrifft dieses ohnehin schon unzureichende Etikettierungsgesetz noch nicht einmal alle Fischprodukte. Sogenannte verarbeitete Fischereierzeugnisse, d.h. alle Produkte in Soßen o.ä., zum Beispiel Heringssalat oder Thunfisch in Dosen sind ausgenommen. Das bedeutet konkret: Für ein Glas Rollmops oder eine Dose Thunfisch reicht die Angabe Hering oder Thunfisch - und das, obwohl es Herings- und Thunfischbestände gibt, die überfischt sind.
Zudem reichen diese Angaben für den Verbraucher bei weitem nicht aus, wenn er Fisch aus nicht-nachhaltigen Fischereien oder nicht-nachhaltigen Aquakulturen vermeiden will. Dafür benötigt er eine vollständige Kennzeichnung der Produkte. Greenpeace fordert eine solche für alle Fischprodukte von Fischindustrie und Lebensmitteleinzelhandel. Die Kennzeichnung muss mindestens folgende Informationen einschließen:
- lateinischer und allgemeiner Name der Fischart
- Fanggebiet der Welternährungsorganisation FAO bzw. Herkunftsland der Aquakulturen
- genaueres Fangebiet/Fischbestand bzw. Name/Ort der Aquakultur-Farm
- Fangmethode bzw. Zuchtmethode der Aquakultur
- Code, der die vollständige Rückverfolgbarkeit bis zum Fang über alle Verabreitungsstufen ermöglicht - transparent für den Verbaucher über ein Online-Portal einsehbar.
Warum sind der lateinische Name, das genaue Fanggebiet und die Fangmethode so wichtig?
Thunfisch ist nicht gleich Thunfisch - auch wenn uns dies einige Hersteller weismachen wollen und einfach nur "Thunfisch" auf die Dose schreiben. Um aber unter den acht befischten Thunfischarten genau unterscheiden zu können, ist die Angabe des lateinischen Artnamens wichtig. Nur so kann ich den Echten Bonito (Katsuwonus pelamis) vom Weißen Thunfisch (Thunnus alalunga) unterscheiden. Viele Fischarten werden unter zahlreichen Bezeichnungen verkauft. So findet der Verbraucher den Dornhai (Squalus acanthias) zum Beispiel auch unter Schillerlocke oder Seeaal in den Fischtheken. Nur der lateinische Name sagt korrekt, um welche Fischart es sich handelt.
Und Fischarten haben unterschiedliche Bestände. Beispielsweise kommen im gesamten Nordostatlantik 13 Kabeljaubestände vor. Von diesen sind manche überfischt und bei anderen ist der Bestandszustand etwas besser. Zudem werden sie mit unterschiedlichen Fangmethoden gefischt, die teils mehr, teils weniger schädlich für das Ökosystem sind. Greenpeace bewertet daher Fischbestände oder besser gesagt Fischereien. In die Bewertung wird also neben dem Zustand des Fischbestandes zum Beispiel auch die Fangmethode miteinbezogen.
Auch bei Aquakulturen gibt es Unterschiede. Hier werden einzelne Länder und Aquakulturmethoden bewertet. Diese detaillierte Bewertung führt zu den differenzierten Empfehlungen im Greenpeace Fischratgeber. So heißt es zum Beispiel nicht mehr: Kabeljau ja oder nein, sondern: "Kabeljau aus dem Nordostpazifik (FAO 67), Sub-Fanggebiet Golf von Alaska mit Grund-Langleine gefangen" ist noch empfehlenswert. Nur eine differenzierte Betrachtung ermöglicht Empfehlungen. Pauschale ja- oder nein-Urteile pro Art sind weder korrekt, noch tragen sie zum Schutz der Fischbestände bei.
Der Greenpeace-Fischratgeber bietet dem Verbraucher differenzierte Empfehlung. Um diese umzusetzen und beim Einkauf die richtige Wahl treffen zu können, braucht der Verbraucher vollständig gekennzeichnete Produkte in den Regalen oder an der Fischtheke.
Um dem Verbraucher zu seinem Recht auf vollständige Kennzeichnung und Information zu verhelfen, sind gesetzliche Änderungen notwendig. Aktuell wird im Rahmen der "Reform der Gemeinsamen Fischereipolitik der EU" auch die "Gemeinsame Marktorganisation für Fischerei- und Aquakulturerzeugnisse" überarbeitet. Jedoch bezieht die Bundesregierung dabei eine völlig unzureichende Position und zeigt kein Engagement für umfassende Verbraucherinformation und Transparenz. Dies wird in der aktuellen Beantwortung der Kleinen Anfrage der Bündnis 90/Die Grünen sehr deutlich.
Einige Unternehmen der Fischindustrie und des Lebensmitteleinzelhandels setzen jedoch bereits in Eigeninitiative eine vollständige Kennzeichnung und transparente Rückverfolgbarkeit um. Dies sind klare und notwendige Signale an die Politik und das notwendige Bekenntnis zu umfassenden Verbraucherinformationen und Transparenz.