Großflächiger Anbau von Tierfutter in Argentinien
- Hintergrund
Soja, das auf dem Weltmarkt insbesondere als Zutat für Tierfutter gehandelt wird, stammt zu mehr als 50 Prozent aus Argentinien. Damit gehört das Land neben Brasilien und den USA zu den Hauptanbaugebieten. Mittlerweile wächst die Bohne auf der Hälfte der Ackerfläche Argentiniens – auf 20 Millionen Hektar. Obwohl der Anbau zu vielen Problemen führt, wird er seitens der Regierung nicht in Frage gestellt.
Denn für die Volkswirtschaft des Landes ist die Pflanze von großer Wichtigkeit. Rund 32 Prozent der Exporterlöse stammen aus dem Geschäft mit Soja oder vielmehr aus den daraus gewonnenen Produkten wie Schrot, Mehl, Öl oder Biodiesel. Größter Devisenbringer ist Sojamehl, das vor allem als Eiweißzusatz in den Futtertrögen von Geflügel, Schweinen und Rindern in Asien, Europa und Nordafrika landet. Da die Produktion von Fleisch auf diesen Kontinenten steigt, nimmt auch die Nachfrage nach Tierfutter zu.
Schattenseiten der Entwicklung
Ein großer Teil der jährlich hinzukommenden Ackerflächen für den Sojaanbau wird der Natur abgerungen. Hunderttausende Hektar unberührte Buschwälder fielen dem Expansionsdrang zum Opfer – und mit ihnen Tierarten, die auf diese Wälder angewiesen sind, und die dort lebenden Ureinwohner. Angehörige der 17 indigenen Völker Argentiniens sind davon besonders betroffen, weil sie in der Mehrzahl keine rechtsgültigen Landtitel vorweisen können. Häufig werden sie daher als Eindringlinge auf ihrem eigenen Land behandelt und vertrieben, wenn das Gebiet sich für die Ausdehnung der Anbaufläche eignet.
Bereits 2007 setzte Greenpeace ein Waldschutzgesetz gegen die weitere Ausbreitung der Soja auf Kosten der Wälder durch. Es sieht mit der lokalen Bevölkerung abgestimmte Nutzungspläne vor. Leider werden immer noch allzu oft Ausnahmegenehmigungen für Abholzungen erteilt oder Verstöße gegen die Bestimmungen nicht geahndet – deshalb bleibt Greenpeace dran und fordert Strafen für solche Vergehen. Die Entwaldungsrate in den vier Provinzen, in denen mehr als 80 Prozent des Waldverlustes zu verzeichnen sind, sank: auf 112.000 Hektar im Jahr 2016 und damit auf die Hälfte der Fläche, die vor Verabschiedung des Waldgesetzes gerodet worden war.
Gift und Gentechnik
Die Probleme hören allerdings mit dem Raubbau nicht auf: In der Provinz Córdoba im Zentrum des Landes wächst zu 80 Prozent Soja auf den Feldern, eine riesige Monokultur der immer gleichen Pflanze: der genmanipulierten Soja von Monsanto und Co. Die Saatgut-Konzerne haben die Pflanze so verändert, dass sie gegen Glyphosat-haltige Pestizide immun sind, die häufig von den gleichen Firmen verkauft werden. So sprühen Landwirte Jahr für Jahr dasselbe Gift auf die Äcker, damit außer Soja nichts gedeihen kann. 300 Millionen Liter Glyphosat sind es jährlich in Argentinien, die nicht nur unerwünschte Beikräuter vernichten, sondern auch nützliche Insekten, Bodenorganismen und Wasserlebewesen. Der Verlust an Artenvielfalt ist katastrophal – erst recht, wenn man die Sojafelder mit den früheren Waldökosystemen vergleicht.
Das Pestizid schadet aber nicht nur der Umwelt: Studien bringen den Einsatz von Glyphosat mit einer erhöhten Zahl von Missbildungen bei Neugeborenen, schweren Krebsfällen, Atemwegs- und Hauterkrankungen in ländlichen Regionen in Verbindung. Auch die zur Weltgesundheitsorganisation (WHO) gehörende Internationale Krebsforschungsagentur IARC klassifizierte Glyphosat 2015 nach Auswertung von mehr als 1000 Studien als „wahrscheinlich krebserregend". Die EU-Zulassung für Glyphosat in der EU läuft Ende 2017 aus. Die Verlängerung der Einsatzerlaubnis wird zurzeit kontrovers diskutiert.
Der großflächige Einsatz hat mittlerweile aber auch zu zahlreichen resistenten Gräsern und Wildkräutern geführt, denen nur mit noch gefährlicheren Pestizidcocktails beizukommen ist.
Wachsender Widerstand
Die Bevölkerung in Argentinien nimmt das zunehmend nicht mehr hin: Zahlreiche Bürgerinitiativen und mittlerweile auch Staatsanwälte fordern ein Verbot des Gifts, weil es eine erhebliche Bedrohung von Gesundheit und Umwelt darstellt.
Gift, Gentechnik und Urwaldzerstörung mit den Konsequenzen für Artenvielfalt, Weltklima und menschliche Gesundheit: Das sind die Folgen des Anbaus von Tierfutter für einen ausufernden Fleischkonsum.
Das können Sie tun:
- Essen Sie weniger Fleisch – in jedem Fall welches aus Bio-Haltung. Denn bei Bio-Bauern stammt das Futter überwiegend aus heimischem Anbau. Gentechnik und chemisch synthetische Pestizide sind auch für den Futtermittel-Anbau tabu. Auch mit dem „Ohne-Gentechnik“-Siegel gekennzeichnete Produkte sind ohne gentechnisch veränderte Futtermittel produziert.
- In Europa fordern Bürger ebenfalls ein Verbot von Glyphosat. Unterstützen Sie die Europäische Bürgerinitiative, die übrigens auch in Argentinien aufmerksam verfolgt wird.
(Stand: März 2017)