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Die Frist für die Veröffentlichung der Empfänger von Agrarsubventionen läuft jetzt ab. Vor einer Woche hatte die zuständige Landwirtschaftministerin Aigner den Bundesländern empfohlen, die Daten unter Verweis auf die unklare Rechtslage nicht zu veröffentlichen. Auf Bestreben des Bauernverbandes laufen zahlreiche Einzelklagen von Landwirten an Verwaltungsgerichten gegen die Veröffentlichung mit dem Argument des fehlenden Datenschutzes. Bisher führten solche Klagen zu recht unterschiedlichen Ergebnissen. Auf höchster Instanz hatte das Oberverwaltungsgericht in Münster die Klagen von mehreren Landwirten abgewiesen.
Dieser Vorgang ist ein Trauerspiel, sagt Martin Hofstetter, Landwirtschaftsexperte von Greenpeace. In dem Land mit den höchsten EU-Beitragszahlungen herrscht weiterhin Verdunkelungsgefahr. Ausgerechnet hier wird verhindert, dass die Bürger erfahren, wohin die Gelder fließen. Nun droht auch noch ein EU-Vertragsverletzungsverfahren mit weiteren Kosten für den Steuerzahler.
Deutschland hatte der EU-Verordnung schon 2006 zugestimmt. Auch der Datenschutzbeauftrage der Bundesregierung begrüßte die EU-Regelung, mit der politische Entscheidungsprozesse transparenter gestaltet und die Verwendung finanzieller Mittel für jeden Bürger nachvollziehbar gemacht werden solle. So heißt es auch offiziell von Seiten der Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung.
Tatsächlich hat die deutsche Regierung die Bemühungen um Transparenz konsequent unterlaufen. So hat sie im Vorfeld die Veröffentlichung immer wieder hinausgezögert und auch nur eine Minimalversion der EU-Verordnung umgesetzt. Danach sollen nur Gesamtsummen angegeben werden, nicht aber, wofür die Gelder verwendet werden.
Wir benötigen dringend Transparenz, wohin die Steuergelder in Wirklichkeit fließen, so Hofstetter. Die Mehrheit der Bauern und Bäuerinnen, die Geld vom Staat bekommen, habe keinen Grund, etwas zu verbergen. Es sind vielmehr die Hauptprofiteure der EU-Agrarsubventionen - rationalisierte, flächenstarke Betriebe vor allem - die sich zusammen mit dem deutschen Bauernverband und der Agrarindustrie strikt gegen eine Offenlegung stark gemacht haben.
{image}Greenpeace-Recherchen zeigen, dass nicht nur Landwirte in den Genuss von Agrargeldern kommen, sondern viele branchenfremde Unternehmen - von der Energiebranche über Fluggesellschaften und Kreuzfahrtunternehmen bis hin zu Zigarettenherstellern. Es geht nicht an, dass Aigner sich zur Marionette von Bauernverbandspräsident Gerd Sonnleitner und der Agrarindustrie macht. Auf der politischen Bühne geht es einen Monat vor der Europawahl offensichtlich mehr um die Interessen ihrer Klientel als um Transparenz für die Bürger, kritisiert Hofstetter.
Stattdessen sollten Agrarsubventionen in Zukunft vor allem an Betriebe gezahlt werden, die einen aktiven Beitrag zu Umwelt- und Klimaschutz liefern, fordert Hofstetter. Zugleich sollten Exportsubventionen abgeschafft und Betriebsprämien gekürzt werden.