Akut giftig: Trauben und Salat
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Insgesamt überschreiten zwei Prozent (12 Proben) die sogenannte Akute Referenzdosis (ARfD). Bei Tafeltrauben aus konventionellem Anbau liegen sogar neun Prozent (7 von 80 Proben) über diesem Alarm-Wert. Betroffen ist auch Kopfsalat.
Nach einer Stellungnahme des Bundesinstituts für Risikobewertung (BfR) von November 2005 ist die Überschreitung der ARfD ein konkretes Indiz für eine mögliche Beeinträchtigung der menschlichen Gesundheit. ... eine Überschreitung der ARfD (ist) aus Sicht des gesundheitlichen Verbraucherschutzes nicht akzeptabel.
Der Verkauf derartig giftiger Ware ist schlicht kriminell und ein schwerer Verstoß gegen das Lebensmittelgesetz, sagt Greenpeace-Chemieexperte Manfred Krautter. Isst ein zwölf Kilogramm schweres Kind nur zehn einzelne Beeren dieser stark belasteten Trauben, kann dies schon seine Gesundheit schädigen.
Greenpeace fordert von Unternehmen und Landesbehörden wirksame Kontrollen. Zudem müssen sie sofort Schutzmaßnahmen ergreifen und den Verkauf der gefährlichen Lebensmittel unterbinden. Verbraucher sollten unbedingt auf rückstandsarme Ware achten. Die beste Wahl sind Bio-Lebensmittel, die in der Regel nicht belastet sind, erklärt Krautter.
Verantwortlich: das Seehofer-Ministerium
Die Bundesbehörden verschärfen das Problem durch Schlamperei: Eine Überschreitung der ARfD-Werte bedeutet nicht, dass der Wert automatisch über der in Deutschland geltenden Pestizid-Höchstmenge liegt. Das kommt dadurch zustande, dass das zuständige Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) diese Höchstmengen offenbar fehlerhaft festgelegt hat. Der Greenpeace-Bericht zur aktuellen Untersuchung führt insgesamt 60 solcher unsicheren Höchstmengen auf.
Sowohl das BfR als auch das BVL arbeiten ein und demselben Ministerium zu: dem Bundesverbraucherministerium. Dort scheinen dieses unterschiedlichen Standards bislang kein Grund zur Korrektur zu sein. Minister Horst Seehofer muss seine Behörden anweisen, die Höchstmengen von Agrargiften sofort zu senken und gefährliche Spritzmittel verbieten, fordert Krautter.
Die Ergebnisse im Einzelnen
Die Akute Referenzdosis (ARfD) wird vom Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) und der Weltgesundheitsorganisation (WHO) festgelegt. Sie beschreibt die Menge einer Substanz, die mit einer Mahlzeit oder innerhalb eines Tages aufgenommen werden kann, ohne ein gesundheitliches Risiko für den Konsumenten darzustellen. Bereits bei einmaliger Überschreitung dieses Grenzwertes besteht die Gefahr von Gesundheitsschäden.
Bei einem Kind ist diese Menge natürlich geringer als bei einem Erwachsenen. Die in der unten stehenden Tabelle berücksichtigten ARfD-Grenzwerte gelten für ein 12 bis 16,15 Kilogramm schweres Kind. Besonders besorgniserregend: Trotz akuter Gesundheitsgefährdung wurde die gesetzliche Höchstmenge nur in einem Fall überschritten!
Die Proben mit ARfD-Überschreitung
Lebensmittel
Probennahme
Supermarkt
Pestizid in mg/kgARfD-Aus- schöpfungÜberschreitung der zulässigen Höchstmenge
Pfirsiche / Spanien
04.10.2006
Kaufhof / Berlin
Fenthion 0,31
184 %
Nein
Tafeltrauben / Italien
04.10.2006
Kaufhof / Berlin
Procymidon 0,54
101 %
Nein
Tafeltrauben / Türkei
05.10.2006
Nahkauf / Berlin
Captan 2,9
190 %
Nein
Tomaten / Spanien
17.10.2006
REWE / Köln
Endosulfan 0,42
129 %
Nein
Tafeltrauben / Spanien
17.10.2006
Aldi / Köln
Procymidon 0,85
150 %
Nein
Tafeltrauben / Griechenland
24.10.2006
REWE / München
Captan 1,98
130 %
Nein
Kopfsalat / Deutschland
31.10.2006
Edeka / Dortmund
lambda- Cyhalothrin 0,6
129 %
Nein
Tafeltrauben / Italien
08.11.2006
Edeka / Bad Vilbel
Procymidon 1,36
254 %
Nein
Paprika / Spanien
14.11.2006
Karstadt / Dresden
Endosulfan 0,58
244 %
Nein
Kopfsalat / Österreich
20.10.2006
Billa / Wien
Procymidon 2,4
111 %
Nein
Tafeltrauben / Türkei
25.10.2006
Billa / Wien
Procymidon 1,2
225 %
Nein
Tafeltrauben / Türkei
04.11.2006
Billa / Wien
Carbendazim 0,796
261 %
Ja
(Autorin: Maren Borgerding)