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Die Rainbow Warrior nach dem Attentat des französischen Geheimdienstes 1985. In der Bordwand klafft ein großes Loch
Gill Hanly / Greenpeace

Das Vermächtnis der Rainbow Warrior

Erinnerungen an den 10. Juli 1985

Die Zeiten haben sich grundlegend geändert, seit der französische Geheimdienst das Greenpeace-Schiff Rainbow Warrior mitten im Hafen von Auckland/Neuseeland mit einem Bombenanschlag versenkte. Mittlerweile gibt es keine Atomwaffentests mehr, die Doktrin der gegenseitigen nuklearen Vernichtung (Mutually Assured Destruction, MAD) aus der Zeit des Kalten Kriegs und die Angst vor einem nuklearen Winter sind neuen Kriegen und der Klimakrise gewichen.

Auch Greenpeace hat sich verändert, doch sind viele Besatzungsmitglieder der Rainbow Warrior von 1985 dabei geblieben. Ein Gespräch mit Bunny McDiarmid – später internationale Greenpeace Geschäftsführerin, Kapitän der Rainbow Warrior Peter Willcox und Steve Sawyer, amerikanischer Aktivist. 

Bunny McDiarmid:

Das einzige Crewmitglied aus Neuseeland war die 28-jährige Bunny McDiarmid. Sie arbeitete als Matrosin und hatte die sieben vorangegangenen Jahre damit verbracht, durch die Welt zu reisen. Sie war ebenfalls von Bord gegangen und befand sich mit ihrem Partner Henk Haazen, dem dritten Maschinisten der Warrior, bei ihren Eltern. Bunny erinnert sich, dass Martini Gotje gegen zwei oder drei Uhr morgens anrief und sagte, dass das Schiff versenkt und Fernando getötet worden sei. Vollständiger und tiefster Unglaube und Schock bei dem Versuch zu begreifen, dass Fernando tot war, war ihre Reaktion: Unvorstellbar, dass das Schiff und Fernando verschwunden waren, einfach so.

Ich glaube, die Franzosen hatten absolut nicht verstanden, warum Greenpeace Erfolg hatte. Sie hatten keinerlei Vorstellung davon hatten, was die Anziehungskraft von Greenpeace damals ausmachte oder warum wir mit unseren Aktionen Erfolg hatten, wenn sie ernsthaft dachten, sie könnten dem mit solchen Unternehmungen ein Ende setzen.

Die Rainbow Warrior ist weit mehr als ein Teil von Greenpeace sie ist Bestandteil von Neuseelands Geschichte geworden. Das Schiff gehört jetzt auch den Neuseeländern. In vielen der Auseinandersetzungen im pazifischen Raum um Atomwaffen wurde die Warrior als Symbol angesehen und das wird auch weiter so sein. Wann immer sie in diesem Teil der Welt Thema ist, erinnern sich die Leute an sie als Teil der Kampagne gegen Atomwaffentests.

Ich glaube wir müssen uns der Entwicklung anpassen, uns verändern, wachsen und mutig sein. Es gibt nicht viel, wo wir etwas abschauen können; es gibt kaum Modelle, die wir kopieren könnten. Eigentlich denke ich, dass ein Greenpeace-Beitrag für diesen Planeten nur von uns selbst entwickelt werden kann. Der Kernpunkt ist, über all diese verschiedenen Schranken hinweg - seien sie politisch, kulturell oder religiös - einen Weg zur Zusammenarbeit zu finden und gute Arbeit zu leisten. Ich glaube nicht, dass ich im Laufe der 20 Jahre zynisch geworden bin. Vielleicht bin ich heute realistischer. Manchmal weiß ich, dass Greenpeace zu einem Thema zunächst zwei Schritte nach vorne und dann wieder einen Schritt zurückkommen wird. Aber es ist immer noch absolut ermutigend zu erleben, wie viel eine kleine Gruppe engagierter Leute für die Veränderung zum Besseren erreichen kann.

Kapitän Peter Willcox:

Der Bombenanschlag bestätigte mich darin, dass das, was ich tat, tatsächlich eine Bedeutung hatte. Ich versuche heute nicht, die Leute zu motivieren. Ich kann nichts daran ändern, wenn die Ziele jemanden morgens nicht aus dem Bett bringen, um Wale zu retten, Giftmülltransporte zu verhindern oder zu versuchen ein neues nukleares Wettrüsten zu verhindern. Wenn die Ziele jemanden nicht begeistern, dann kann ich das auch nicht. Meine Aufgabe ist, die grundlegenden Kenntnisse weiterzugeben: Wie man sicher auf einem Schiff arbeitet, wie man sicher mit einem Schlauchboot umgeht. Wenn die Kampagne jemanden nicht motiviert, dann ist er hier am falschen Platz.

In Auckland hielten wir nach dem Bombenanschlag eine Trauerfeier für Fernando. Wir versuchten sie lockerer zu gestalten und eine lustige Geschichte über ihn zu erzählen. Aber ich werde niemals das Gewicht vergessen, das sich auf meine Schultern legte, als wir schließlich den Sarg aufnahmen und damit aus der Kirche gingen.

Willcox und Matrose Grace O'Sullivan, ebenfalls ehemaliges Crewmitglied der versenkten Rainbow Warrior, waren einige Monate nach dem Bombenattentat an Bord des Greenpeace-Schiffs Vega nach Moruroa zurückgekehrt, um dort gegen die französischen Atomtests zu protestieren. Sie wurden festgenommen und ausgewiesen.

Steve Sawyer, damals 29 Jahre alt:

Sicher, auf internationaler Ebene hatte Frankreich einen Preis zu zahlen, aber innenpolitisch war das Attentat ein Erfolg. In Frankreich wurde Greenpeace ausgelöscht. Ungefähr ein Jahr nach dem Bombenanschlag mussten wir unser Büro schließen. Die zwei Geheimdienstagenten wurden bei ihrer Heimkehr als Helden gefeiert. Für den Rest der Welt war es in einer Hinsicht eine sehr positive Entwicklung, denn nun konnte die Frage der Atomtests wesentlich weiter oben auf die politische Tagesordnung gesetzt werden. Das war auch für Greenpeace das Wesentliche, aber wir machten uns in Frankreich keine Freunde und konnten dort auch keinen Einfluss gewinnen. Weltweit wurde Greenpeace jedoch immer stärker.

Die Versenkung der Rainbow Warrior verschaffte uns einen Platz in der öffentlichen Wahrnehmung und Beachtung, die wesentlich zur Entwicklung von Greenpeace beitrug, sagt Peter Willcox. Greenpeace hat sich zweifellos verändert, stimmt Sawyer zu. Obwohl ich zugeben muss, dass 1978 bei meiner ersten Greenpeace-Aktion Leute aus Vancouver dabei waren, die über die gute alte Zeit sprachen, als Schiffe noch aus Holz waren und Männer aus Eisen, und als Greenpeace noch richtig was losgemacht hat. Mittlerweile höre ich dieses Gerede über die "gute alte Zeit" schon seit 25 Jahren.

Das nachhaltigste Vermächtnis von Greenpeace dürfte wohl sein, dass es heute viel mehr selbstverständlich ist, Umweltfragen gegenüber den Verantwortlichen zu thematisieren. Aber die Welt, in der Greenpeace heute operiert, ist weitaus komplexer. Die Organisation sucht ständig nach neuen Wegen, um durchschlagende Dinge zu machen. Neue Wege, um die wachsenden ökologischen Bedrohungen zum Thema zu machen, neue Wege, um Veränderungen zu erreichen.

Ich wünschte, ich könnte sagen, es gäbe nie wieder Atomtests und wir müssten uns nie wieder mit diesem Thema beschäftigen. Und ich wünschte ich könnte sagen, ich wäre von den US-Bestrebungen zur Wiederaufnahme atomarer Testprogramme überrascht gewesen, aber so ist es leider nicht.

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