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Fundraiser Gerhard Wallmeyer gehörte zu den Gründern des deutschen Greenpeace-Büros
Max Seiler / Greenpeace

Private Spenden ermöglichen unsere Arbeit

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Es ist schon fast ein Ritual: In der Vorweihnachtszeit berichten die Medien über vermeintliche oder echte Spendenskandale. Eine gute Gelegenheit, einmal die Spendenwerbung von Greenpeace zu beleuchten. Die Redaktion sprach deshalb mit Gerhard Wallmeyer, der bei Greenpeace für das Fundraising zuständig ist.

Online-Redaktion: Greenpeace erklärt immer wieder, sich nicht von Politik oder Unternehmen sponsern zu lassen. Entgeht Greenpeace dabei nicht eine Menge Geld?

Gerhard Wallmeyer: Ja, das kann durchaus sein. Ich habe schon mehrere Situationen erlebt, wo uns nicht nur Beträge von einigen tausend Euro angeboten wurden sondern auch Millionenbeträge. Das stärkste Angebot waren mal fünf Millionen Dollar bar auf den Tisch. Aber Greenpeace hat da schon immer eiserne Prinzipien gehabt: Kein Geld von Firmen, Parteien oder vom Staat. Alle Greenpeace-Sektionen weltweit existieren nach diesem Prinzip. Deshalb sind die privaten Spenden umso wichtiger. Ohne private Spenden gäbe es kein Greenpeace - so einfach ist das. Erst vor zwei Wochen haben wir einer Firma 15.000 Euro zurücküberwiesen. Das tat mir eigentlich weh. Ich habe mit dem Firmeninhaber telefoniert und er hat diese Spende wirklich aus besten Absichten überwiesen und es war eine Firma, die tolle Produkte herstellt. Aber wo soll man eine Grenze ziehen? Wo fängt die Bestechung an? In dem Feld muss man klare Linien beibehalten.

In vielen anderen Ländern gibt es de facto keine Firmenspenden, die nicht an Bedingungen geknüpft sind. Ich persönlich habe seit vielen Jahren einen engen Kontakt zu Greenpeace Russland. Dort ist völlig klar: Wenn eine Firma 1.000 Euro gibt, erwartet sie eine Gegenleistung. Und wenn man die gewünschte Gegenleistung nicht erbringt, wird es ungemütlich. Also besser kein Geld annehmen.

Online-Redaktion: Aber könnte Greenpeace nicht ganz offen mit Firmen kooperieren?

Gerhard Wallmeyer: Das scheint zunächst eine Möglichkeit zu sein. Greenpeace hat auch schon mit Firmen kooperiert - ohne dass dabei allerdings Geld floss. Sobald Geld fließt, taucht doch die Frage auf, beeinflusst nicht doch die Spende die inhaltliche Meinung von Greenpeace? Und in der Tat, ich habe in Gesprächen mit anderen Organisationen, die sich sponsern lassen, häufig genau diesen Eindruck. Wenn Greenpeace weiter kritisch bleiben will, muss es auch finanziell unabhängig bleiben. Als Greenpeace Anfang der 90er Jahre den FCKW-freien Kühlschrank entwickelt hat, sind wir eine Kooperation mit einem Kühlschrankhersteller eingegangen. Dem haben wir aber die ersten zehn Prototypen voll bezahlt.

Online-Redaktion: Nun ist Greenpeace ja eine der größten Umweltschutzorganisationen. Wie funktioniert denn das Fundraising bei Greenpeace?

Gerhard Wallmeyer: Greenpeace wendet sich an Privatpersonen. Dies allerdings ohne Unterschiede an Jede und Jeden, ob Millionär oder Hartz IV-Empfänger. Wir wollen keine Gewissensprüfung oder Schnüffelei. Andererseits behält sich Greenpeace aber vor, jede einzelne Spende anzunehmen oder abzulehnen. Wenn wir den Eindruck haben, es ist ethisch bedenklich, dann lehnen wir ab. Dafür haben wir feste Richtlinien, die in einer detaillierten Fundraising-Ethik niedergelegt sind.

Greenpeace hat eine andere Philosophie als etwa Hilfsorganisationen: Greenpeace sucht Fördermitglieder, die ähnlich denken und handeln würden wie wir und die Greenpeace auch finanziell unterstützen wollen. Ich sehe in der Fördererschaft von Greenpeace eine Wertegemeinschaft, die gemeinsam Veränderungen in der Gesellschaft herbeiführen will. Dem Fundraising kommt dabei die Rolle zu, diesen Zusammenhalt zu organisieren und neue Mitglieder zu finden. Greenpeace-Fördermitglieder bekommen deshalb auch viele Informationen und Angebote, sich weiter zu engagieren. Alle Zusendungen kann man aber auch abwählen. Ein Anruf genügt. Auch deshalb gibt es bei Greenpeace auf keiner Ebene irgendwelche Kündigungsfristen. Wenn jemand Greenpeace nicht mehr gut findet, soll er oder sie zu nichts gezwungen werden.

Hilfsorganisationen suchen dagegen Spenden, damit sie anderen Menschen oder anderen Hilfszwecken konkrete Hilfe zukommen lassen können. Ein gemeinsames Engagement für bestimmte Reformen der Gesellschaft spielt dort gar keine oder eine untergeordnete Rolle.

Online-Redaktion: Wie findet ihr neue Fördermitglieder?

Gerhard Wallmeyer: Das versuchen wir auf jede nur erdenkliche Art, die legal ist und sich mit den Greenpeace-Prinzipien und den Prinzipien des Fundraising-Verbandes vereinbaren lässt. Es werden Spendenbriefe verschickt, Anzeigen geschaltet, Infostände auf öffentlichen Plätzen aufgebaut, Internetkampagnen lanciert, Vorträge gehalten, etc, etc. Jede einzelne Maßnahme hat ihre spezifischen Vor- und Nachteile.

Beim Verschicken von Briefen z. B. kann man froh sein, wenn ein bis zwei Prozent der Angeschriebenen mit einer Spende reagieren. Es ist durch strengere Datenschutzregeln schwieriger geworden, potenziell interessierte Menschen anzuschreiben. Es kann außerdem passieren, dass am Tag der Aussendung eine große Katastrophe passiert und so die Aufmerksamkeit für einen Fundraisingbrief gegen Null tendiert. Dann waren alle Anstrengungen und Kosten für die Katz. Deshalb ist das Volumen solcher Aussendungen in den vergangenen Jahren stark zurückgegangen.

Im Bereich des Internets sind wir derzeit am experimentierfreudigsten. Auf vielen Webseiten finden sich Greenpeace-Anzeigen und -Banner. Das hat natürlich einen großen Vorteil, da kein Papier bedruckt und transportiert werden muss wie beim Brief oder der Printanzeige. Aber auch bei der Bezahlung gibt es dort neue Formen, die gut sind. Bei den klassischen Printmedien kann man eine Anzeige für einen bestimmten Preis buchen. Wenn sie nicht taugt, hat man einen Verlust.

Im Internet konnten wir teilweise Verträge für Anzeigen abschließen, bei denen wir nur dann einen fixen Preis bezahlen, wenn jemand tatsächlich Fördermitglied geworden ist oder tatsächlich gespendet hat. Dadurch wird jedes Risiko vermieden und es ist für beide Seiten eine faire Vereinbarung. Das ist die derzeitig effektivste Fundraisingform und dazu ist sie auch noch umweltfreundlich. Für den Spender ist es von Vorteil, weil ein viel geringerer Teil seiner ersten Spende für die Werbung dieser Spende verlorengeht. Nach unseren Erfahrungen der ersten Monate beträgt dieser Anteil im Schnitt zehn Prozent bei Einmalspendern und weniger als drei Prozent bei Fördermitgliedern. Leider ist die Funktion des Internets für Spenden bisher insgesamt noch sehr gering. Nur circa ein Prozent aller Spenden wird in Deutschland übers Internet getätigt. Bei Greenpeace sind das zwar einige Prozent mehr, aber insgesamt doch wenig.

Die Infostände mit bezahlten Dialogern auf der Straße haben sich dagegen in den vergangenen Jahren stärker verbreitet. Diese speziellen Infostände haben einen großen Vorteil gegenüber Briefen und Anzeigen, da man auch Menschen erreichen kann, die auf Briefe typischerweise nicht reagieren. Und gegenüber den Infoständen mit rein ehrenamtlichen Greenpeacern haben sie den großen Vorteil, dass die bezahlten Dialoger eben jeden Tag draußen sind und nicht nur am Samstag. Andererseits ist die Arbeit der Dialoger mental sehr schwierig. Man/frau muss immer frisch und freundlich sein, auch wenn ein Passant einem sehr unangenehm gegenübertritt. Greenpeace verbindet diese speziellen Infostände mit seinen aktuellen Kampagnen. Dadurch sind diese Infostände auch ein guter Kanal für die Informationsverbreitung. Wir haben schon riesige Kampagnen mit Unterschriftenlisten darüber organisiert.

Online-Redaktion: Vielen Dank für das Gespräch!

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