Verheerende Waldbrände in Indonesien
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Der Himmel über Zentral-Sumatra ist blutrot. Dichter weißer Rauch liegt in der Luft. Mehr als 2.000 Brände loderten in den vergangenen Wochen in Indonesien. Mittlerweile hat Regen die Situation etwas entspannt, das Ausmaß ist jedoch verheerend. Offizielle Schätzungen gehen von insgesamt mehr als 300.000 Hektar Brandfläche aus - mehr als viermal die Größe Hamburgs. Die beiden Regionen Sumatra und Borneo, auch als Kalimantan bekannt, hat es am schlimmsten getroffen.
"Das ist nicht der Mars. Das ist Jambi", twitterte Zuni Shofi Yatun Nisa am 21. September 2019 und zeigt ein in der indonesischen Provinz Jambi aufgenommenes Video. Die Aufnahmen scheinen einem Science-Fiction-Film entsprungen. Sie sind jedoch real, wie Zuni bekräftigte und Berichte von offiziellen meteorologischen Stellen erklärten: Die Rotfärbung entsteht durch die sogenannte Mie-Streuung. Vereinfacht erklärt, ist es die riesige Anzahl mikroskopisch kleiner Rauchpartikel, die das Licht der Sonnenstrahlen auf eine bestimmte Art streuen. Was spektakulär anzusehen ist, verursacht jedoch schwerwiegende gesundheitliche Probleme: "Wir Menschen brauchen saubere Luft, keinen Rauch”, schrieb Zuni in ihrem Tweet. Nach Angaben des Katastrophenschutzes sind rund 920.000 Menschen in den sechs Provinzen auf Sumatra und Kalimantan von Atemwegsproblemen betroffen. Vor allem Jugendliche, ältere und kranke Menschen leiden unter dem dichten Rauch.
Brandstiftung als Kavaliersdelikt?
Es ist nicht das erste Mal, dass Indonesiens Regenwälder in Flammen stehen. Die Brände wiederholen sich jährlich und sind zu einem großen Teil gelegt. Behördenberichten zufolge wurden viele der Feuer entfacht, um Anbauflächen zu schaffen - beispielsweise für Palmöl.
Diese Brandrodungen, die seit Jahrtausenden in der Region betrieben werden, sind in Indonesien eigentlich illegal. Rechtlich belangt werden jedoch nur wenige Brandleger. Für Greenpeace in Indonesien ein unhaltbarer Zustand. In einem Bericht, in dem die Umweltschutzorganisation anhand von staatlichen Daten und Kartierungen die Brände von 2015 bis 2018 analysiert, zeigt sie die fehlenden Konsequenzen auf: Keines der zehn Palmöl-Unternehmen mit den größten Brandflächen zwischen 2015 und 2018 wurde mit ernsthaften staatlichen Sanktionen konfrontiert und keines dieser Unternehmen hat seine Lizenz verloren. Die diesjährigen Brände treten häufig in denselben Regionen auf wie in den vergangenen Jahren.
"Diese wiederkehrenden katastrophalen Brände zu beenden, hätte seit 2015 ganz oben auf der Agenda der Regierung stehen müssen", sagte Kiki Taufik. Er leitet die Waldkampagne bei Greenpeace in Indonesien und verfolgt die Entwicklungen seit Jahren. "Die Ergebnisse unserer Analyse zeigen die Realität: leere Worte und schwache, inkonsequente Strafverfolgung gegen Unternehmen." Greenpeace in Indonesien hat den Präsidenten Joko Widodo aufgefordert, den Unternehmen sofort ihre Lizenzen zu entziehen, wenn sie Land in Brand setzen. Laut Stellungnahmen von Beamten laufen derzeit Untersuchungen bei 14 Unternehmen. Mehr als 300 Personen seien als Verdächtige identifiziert worden. Medien berichteten von vorübergehenden Schließungen von Plantagen wegen des Verdachts der Brandstiftung.
Inzwischen wüten die Brände jedoch weiter. Der gesundheitsschädliche Rauch zieht auch über die Landesgrenzen hinweg. Etwa nach Singapur und Malaysia, wo die Luftverschmutzung zunahm und für öffentliche Gesundheitswarnungen sorgte. Die Flammen beißen sich durch sensible Regenwaldgebiete, dorthin wo Dutzende bedrohte Tierarten leben. Sie verschärfen die Situation für beispielsweise jene drei Orang-Utan-Arten, die nur auf Sumatra und Borneo vorkommen und ohnehin bereits als gefährdet gelten. Hoch lodernde Flammen verschlingen Bäume und Büsche im einst dichten Dschungel und hinterlassen eine geschwärzte Ödnis aus verkohlten Stümpfen und Sträuchern. Doppelt bitter, denn Regenwälder binden CO2 und sind damit unsere engsten Verbündeten im Kampf gegen die Klimakrise. Durch die Brände werden diese Klimaregler nicht nur zerstört, es wird auch massiv CO2 in die Atmosphäre freigesetzt und die Klimakrise zusätzlich angeheizt.
Verantwortung tragen
Eine Spur der Verwüstung, die auch nach Deutschland führt. Denn Palmöl aus Indonesien ist in deutschen Supermarktregalen zu finden, verarbeitet in Schokocremes, Tütensuppen und vielen anderen Alltagsprodukten. Immer wieder sind auch deutsche Unternehmen an Menschenrechtsverletzungen und Umweltzerstörung weltweit beteiligt. Und das, ohne dafür rechtliche Konsequenzen fürchten zu müssen. Die Initiative Lieferkettengesetz, der sich Greenpeace angeschlossen hat, fordert deshalb ein Gesetz, das Unternehmen verpflichtet, Menschenrechte und Umwelt zu achten. Andere europäische Länder wie die Niederlande und Großbritannien haben bereits Gesetze zu Produktionsbedingungen verabschiedet, etwa zum Verbot von Zwangs- und Kinderarbeit. Etwas Vergleichbares braucht auch Deutschland. Verantwortlich wirtschaftende Unternehmen hätten durch ein solches Gesetz nichts zu befürchten – Konsequenzen gibt es nur für die, die zu wenig Maßnahmen ergreifen, um Mensch, Umwelt und Klima zu schützen.