Fliehen vor dem Klimawandel
Eine Ausstellung auf dem Greenpeace-Schiff Beluga zeigt: Der Klimawandel treibt jährlich Millionen Menschen in die Flucht.
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Fawad Durrani hat am eigenen Leib erfahren, dass auch der Klimawandel Menschen aus ihrer Heimat vertreibt und in die Flucht zwingt. Der Greenpeace-Fachreferent für den Zusammenhang von Klimawandel und Abwanderung war zehn Jahre alt, als 1996 verheerende Überschwemmungen das Haus seiner Eltern in der pakistanischen Grenzregion Peshāwar zerstörten. Klatschnass standen er und seine Familie auf der aufgeweichten Lehmstraße und hatten wieder alles verloren. Dabei hatten sich die Durranis erst wenige Jahre zuvor die Existenz in Pakistan mühsam neu aufgebaut, nachdem sie 1991 vor dem Bürgerkrieg aus Afghanistan, ihrem eigentlichen Heimatland, geflohen waren.
Davon wird Fawad Durrani demnächst den Menschen in Koblenz, in Frankfurt, Würzburg oder Mannheim berichten. Denn der 31-Jährige ist Teil der Mannschaft, die demnächst mehrere Wochen lang mit dem Greenpeace-Schiff Beluga II durch Deutschland tourt, um die Menschen an Rhein und Main über den Klimawandel als Fluchtursache zu informieren. Diesen Freitag beginnt die Tour in Münster. Enden wird sie Mitte November in Bonn, wenn dort die Weltklimakonferenz stattfindet. (Alle Tourdaten finden Sie hier.)
Klimawandel als Fluchtverstärker
„Klimawandel ist selten der alleinige Auslöser für Flucht, aber er verschärft die Situation in eh schon durch Krisen und Kriegen gebeutelten Regionen“, erklärt Durrani. Wie bei seiner Familie. In Afghanistan sind drei Viertel aller Menschen schon mindestens einmal vertrieben worden. Wetterextreme wie Dürren, Überschwemmungen und durch heftige Regenfälle ausgelöste Erdrutsche nehmen dort von Jahr zu Jahr zu. Krisen in der Landwirtschaft und Kriegs- und Terrorwirren verstärken sich gegenseitig. Und jede Vertreibung schwächt die Menschen weiter.
„Vielleicht ist eine Familie in der Lage, sich ein oder zweimal nach einer Katastrophe eine neue Existenz aufzubauen, aber irgendwann geht es nicht mehr“, sagt Durrani. Nach Europa oder Deutschland kommen die Menschen meist erst am Ende einer oft jahrelangen Odyssee als Flüchtlinge im eigenen Land oder in den angrenzenden Regionen.
Fluchtursache Flut
Die Anzahl der Menschen, deren Zuhause durch Klimawandel-bedingte Naturkatastrophen zerstört wird, ist erschreckend. Internationale Organisationen wie das Internal Displacement Monitor Center (IDMC) sprechen von 25 Millionen Menschen jedes Jahr – doppelt so viele, wie Krieg und Gewalt jährlich neu aus ihrer Heimat vertreiben.
Aufgeteilt auf die Art der Naturkatastrophen heißt das laut IDMC: Zwischen 2008 und 2015 zwangen Fluten 110 Millionen Menschen in die Flucht. Stürme vertrieben 60,2 Millionen Menschen aus ihrer Heimat, extreme Temperaturen 960.000, Erdrutsche 704.000 und Waldbrände 362.000 Menschen. Am schlimmsten betroffen ist Asien.
Wegschauen hilft nicht
Nun geht natürlich nicht jeder Erdrutsch und jedes Hochwasser auf das Konto des Klimawandels. Doch die Erderwärmung führt schon heute dazu, dass Wetterextreme häufiger geworden sind – das Risiko, von solchen Naturkatastrophen vertrieben zu werden, ist heute schon 60 Prozent höher als noch vor 40 Jahren. Und klar ist: Diese Tendenz wird steigen. Und zwar massiv.
„Dieses Problem müssen wir sehen und darauf reagieren“, fordert Durrani. „ Wir müssen aufhören, darüber zu diskutieren, wie stark oder weniger stark der Klimawandel an den Flüchtlingsströmen beteiligt ist, die nun in Deutschland oder Europa ankommen. Der Klimawandel schadet Menschen, er vertreibt Menschen – und je wirkungsvoller wir den Klimawandel aufhalten können, und je besser die Staatengemeinschaft den betroffenen Ländern hilft, die Not in ihrem Land, in ihrer Region aufzufangen, umso weniger Menschen werden sich auf weite Abwanderungen machen müssen.“