Die blauen Lagunen auf der Eiskappe
- Hintergrund
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Mit Jason Box, dem Wissenschaftler vom Byrd Polar Research Institute in Ohio, haben wir uns auf den Weg gemacht, um die sagenhaften Seen zu erkunden. Sie werden vom Schmelzwasser gebildet und sind mit der Zeit grösser geworden und breiten sich über höhere Lagen aus. Jason hat in seinen wissenschaftlichen Beobachtungen herausgefunden, dass in den letzten 17 Jahren die Menge dieses Schmelzwassers um ein
Drittel zugenommen hat. Je wärmer es wird desto mehr Fläche kommt in den Bereich, der im Sommer an der Oberfläche abschmilzt. Und diese Seen, so unwirklich schön sie auch scheinen, sind die Katalysatoren für die galoppierenden Gletscher.
Wir wollen eine neue Messmethode ausprobieren, mit der in der Zukunft die Menge des Schmelzwassers besser berechnet werden kann. Von Satellitenfotos kann der Umfang der Seen berechnet werden, aber wie tief diese Seen sind, das können die Satelliten nicht erkennen. Aber wir wissen, dass die Farbe der Seen sich mit der Wassertiefe ändert. Wenn es uns gelingt, die Wassertiefe in einigen Seen zu vermessen, dann können diese Daten mit den Satellitenfotos verglichen werden, und die Blauschattierung je nach Wassertiefe wird kalibriert. Danach können diese Daten in Computer gefüttert werden, die dann automatisch die Tiefe der Seen und die Wassermenge berechnen. Und diese Berechnungen erlauben dann Trendaussagen über die zukünftig zu erwartenden Mengen von Schmelzwasser, das die Eiskappe untergräbt.
Dieses Wasser verbleibt nämlich nicht an der Oberfläche, sondern wird durch tiefe Schächte bis an den Grund geleitet. Einerseits wird damit der Fluss des Eises in Richtung Küste beschleunigt und das Eis bricht in Eisberge und schmilzt. Zum anderen wird die gesamte Eisschicht erwärmt. Es gibt kaltes Eis und warmes Eis. Das Eis, das in der letzten Eiszeit gebildet wurde, ist viel kälter und taut daher langsamer als Eis, das in wärmeren Perioden entstanden ist. Durch die enormen Wassermassen, die durch die Kanäle und Schluchten in der Eiskappe in Wasserfällen in die Tiefe rauschen, werden die Eisschichten langsam aber sicher wärmer und sind daher empfindlicher für Klimaänderungen.
Das Boot, mit dem wir die Messungen durchführen, haben wir vom Touristenbüro in Ilulissat ausgeborgt. Als wir es zurückbringen, werden wir von einem englischen Touristenpaar befragt, ob denn nun in der Zukunft Paddeltrips auf die Eiskappe im Touristenprogramm stehen werden.
Das erinnert mich an den Rat eines amerikanischen Wissenschaftlers, den wir in der Planungsphase der Reise konsultiert hatten: Enjoy the ice cap as long as it is still there. Hoffentlich können unsere Messungen dabei helfen, dass die Eiskappe noch lange bestehen bleibt. Wenn wir die USA dazu bewegen können, Massnahmen zum Klimaschutz zu ergreifen, dann ist es möglich.