Wilde Wälder unter Druck
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Neue Weltkarte der Wälder: Der Mensch zerstört im rasanten Tempo die weltweit verbleibende intakte Waldwildnis.
Die Zahl ist schwer vorstellbar: Über 104 Millionen Hektar (8,1 Prozent) der letzten weltweit verbliebenen intakten Waldwildnisflächen wurden innerhalb der letzten dreizehn Jahre zerstört. Eine Fläche, dreimal so groß wie Deutschland. Das enthüllt eine neue Untersuchung von Greenpeace, der Universität von Maryland (UMD) und dem World Resources Institute (WRI) zum Zustand der sogenannten Intact Forest Landscapes (IFL), der letzten intakten Waldwildnisflächen.
„Unsere Auswertung zeigt erschreckend deutlich, wie massiv der Druck auf die Wälder wächst“, sagt Jannes Stoppel, Waldexperte von Greenpeace. „Wir müssen den Wert wilder Wälder wieder schätzen lernen: Sie beheimaten unzählige Tier- und Pflanzenarten, regulieren das Klima, reinigen Luft und Wasser und stellen die Lebensgrundlage für zahlreiche Völker dar.“
Doch der Mensch hinterlässt seine Spuren in der Wildnis: Neue Straßen und Forstwege zerschneiden und fragmentieren die intakten Waldflächen. Und das ebnet den Weg für noch mehr illegalen und kommerziellen Holzeinschlag und andere zerstörerische Entwicklung. Die biologische Vielfalt bleibt auf der Strecke, wertvolle Kohlenstoffspeicher im Wald gehen verloren und der Klimawandel wird durch zusätzliche entstehende Treibhausgase weiter angeheizt.
Größte Verluste in Tropen und borealen Wäldern
Wälder machen knapp über ein Viertel der weltweiten Landfläche aus. Doch nur noch etwa ein Zwölftel der Landfläche besteht aus intakter Waldwildnis, das meiste davon wilde Wälder, aber auch Seen, Buschland, Grasland, Sümpfe, Felsen. 2006 veröffentlichte Greenpeace erstmals eine Weltkarte, die die letzten intakten Waldwildnisflächen zeigt und welche Gebiete dringend Schutz benötigen. Ein Kriterium für ein IFL ist beispielsweise eine Waldwildnisfläche von mindestens 500 Quadratkilometern. Das ist eine Größe, bei der sich die Artenvielfalt ungestört entwickeln kann.
Fast 95 Prozent der verbleibenden Waldwildnis finden sich in tropischen und borealen Regionen. Dort ist der Verlust seit dem Jahr 2000 besonders hoch. 47 Prozent der Degradierung fanden im borealen Waldgürtel, der Kanada, Russland und Alaska verbindet, statt. Das wäre eine Chance für Gremien wie den FSC (Forest Stewardship Council), aktiv zu werden, denn etwa die Hälfte der FSC-zertifizierten Flächen befindet sich in den borealen Wäldern. Die Karte zeigt auch, dass 25 Prozent im südamerikanischen Amazonasgebiet schwanden, weitere 9 Prozent im afrikanischen Kongobecken.
„Es ist unglaublich, in welchem Tempo wir unsere natürlichen Lebensgrundlagen zerstören. Die Realität, die diese Kartierungsdaten widerspiegelt, ist erschreckend und besorgniserregend. Wir brauchen dringend mehr Schutzgebiete, in die der Mensch nicht zerstörerisch eingreifen darf“, sagt Stoppel.
Wildnisschutz – alle müssen mitziehen
„Die letzten wilden Waldlandschaften dieser Erde sind für den Artenreichtum und vor allem für das Klima dieser Erde unverzichtbar und müssen geschützt werden“, so Stoppel Greenpeace fordert deshalb die nationalen Regierungen auf, dringend Schutzgebiete zu realisieren. Zudem muss die Rolle der traditionell im Wald lebenden Bevölkerungen gestärkt werden, deren Existenz vom Wald abhängt.
Internationale Institutionen, wie zum Beispiel das Umweltprogramm der Vereinten Nationen (UNEP), Geberländer und Entwicklungsbanken sollten Entwicklungsländer viel stärker bei der Erhaltung der Waldwildnis unterstützen. Aber auch die Wirtschaft und wir Endverbraucher sind gefragt, die Produktionsketten von Holz- und Papierwaren legal, fair und ökologisch zu gestalten. Holz und Papierwaren sollten bewusst eingekauft und im besten Falle wiederverwertet werden, zum Beispiel durch das Aufarbeiten von Möbeln.