Protest gegen Staudammprojekt in Brasilien
- Ein Artikel von Larissa Günther
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Gemeinsam mit der indigenen Bevölkerung protestieren Greenpeace-Aktivisten gegen ein Staudammprojekt im Tapajós. Das Bauprojekt bedroht Natur und Bewohner des Amazonas-Gebietes.
Mitten im dichten Dschungel des Amazonas liegt das Dorf Sawré Muybu. Die Bewohner sind die Munduruku, eine indigene Gemeinschaft, die am Ufer des Tapajós-Flusses, einem Nebenarm des Amazonas, zuhause ist. Seit Jahrhunderten leben die Munduruku hier im Einklang mit der Natur. Doch das Dorf Sawré Muybu und auch die Munduruku des Tapajós-Tals könnten bald verschwinden. Denn die brasilianische Regierung will an einem der letzten unberührten Nebenflüsse des Amazonas ein gigantisches Staudammprojekt verwirklichen – weniger als 20 Kilometer vom Gebiet der Munduruku entfernt.
Doch die Munduruku wehren sich: Heute – am internationalen Tag des Waldes – senden sie gemeinsam mit Greenpeace eine Nachricht an die brasilianische Regierung und die Energiewirtschaft. 60 Vertreter der Munduruku und Greenpeace-Aktivisten breiteten am vergangenen Samstag auf dem Strand an einem heiligen Abschnitt des Tapajós ein 30 Meter großes Banner aus. „Damn the Dam – Keep Tapajós River Alive!“ (Verbannt den Damm – haltet den Tapajós am Leben) steht darauf. Greenpeace und die Munduruku fordern, die zerstörerischen Pläne aufzugeben: „Wird der Tapajós aufgestaut, stirbt der Fluss, der Wald und mit ihm die Kultur und Lebensgrundlage der Menschen an seinen Ufern“, warnt Jannes Stoppel, Greenpeace-Experte für Wälder und derzeit vor Ort im Amazonas.
Einer der letzten intakten Amazonas-Urwälder in Gefahr
Mehr als 40 Staudämme hat die brasilianische Regierung für das Tapajòs-Becken vorgesehen, einige in der konkreten Planungsphase. Der São Luiz do Tapajós, ist der erste Damm, der gebaut werden soll. Das Großprojekt, das den Fluss in mehreren Abschnitten durch riesige Staumauern zerschneiden würde, ist Teil eines umfassenden Plans der brasilianischen Regierung zur Steigerung der nationalen Energieproduktion. Doch das Vorhaben der Regierung könnte immense Schäden in einem der letzten intakten Urwälder des Amazonas anrichten und die indigene Bevölkerung des Tapajós-Tals für immer aus ihrer Heimat vertreiben.
Denn wird der Mega-Staudamm tatsächlich gebaut, hat das dramatische Folgen für die rund 12.000 Munduruku der Tapajós-Region: Für den Damm würde ein Teil ihres Gebietes geflutet, ihre Fischgründe und heiligen Stätten würden zerstört werden. Die Munduruku müssten ihre angestammte Heimat verlassen und ihre traditionelle Lebensweise aufgeben. „Fluss und Wald sind unser Zuhause und unsere Lebensgrundlage – mit dem Bau dieses Dammes nimmt man uns beides”, sagt Juarez Saw Munduruku, Oberhaupt der Munduruku aus Sawre Muybu.
Zerstörung riesiger Waldflächen
Auch aus ökologischen Aspekten wäre der Bau des Staudamms eine Katastrophe: Für den mehr als sieben Kilometer breiten São Luiz do Tapajós-Damm würde ein 729 Quadratkilometer großes Staubecken entstehen – eine Fläche etwa so groß wie Hamburg. Das bedeutete die unwiderrufliche Zerstörung von riesigen Urwaldflächen und zahlreichen Seen und Inseln. Dabei gilt das Tal des Tapajós als eines der artenreichsten im Amazonas. Jaguare, Flussdelphine, Seekühe, hunderte Fisch- und Vogelarten leben hier.
„Noch befindet sich das Dammprojekt in einem frühen Stadium des Genehmigungsprozesses, der genauso ernsthafte Mängel aufweist, wie zuvor das Belo Monte-Staudammprojekt“, so Stoppel. „Dieses ist derzeit Teil der größten Korruptionsermittlung in Brasilien – daraus muss die brasilianische Regierung Lehren und früh genug die Notbremse ziehen.“
Zwar wurde im Vorfeld der Planungen für das Großstaudammprojekt eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchgeführt. Doch geschah dies im Auftrag von Eletrobras, einem führenden Unternehmen Brasiliens mit großem Interesse am Staudammbau. Vor allem aber wurde bei der Prüfung eines völlig außer Acht gelassen: die Auswirkungen auf die in der Region lebenden Menschen – die Munduruku.
Auf Kosten von Mensch und Natur
Energie zu derart hohen Kosten für Mensch und Umwelt zu produzieren, ist weder moralisch vertretbar noch nachhaltig. Auch ist fraglich, ob der Damm tatsächlich die Energie produzieren kann, die sich die brasilianische Regierung von dem Großbauprojekt erhofft. Jüngsten Studien zufolge wird die Wassermenge des Tapajós in den nächsten Jahrzehnten aufgrund nachlassender Niederschläge und weiterer Abholzungen wahrscheinlich um 30 Prozent sinken. Dies könnte den wirtschaftlichen Erfolg des geplanten Megadamms erheblich beeinträchtigen.
Gemeinsam mit den Munduruku fordert Greenpeace die brasilianische Regierung dazu auf, das Genehmigungsverfahren für den Bau der Staudämme im Tapajós-Gebiet zu stoppen und stattdessen auf Lösungen für saubere Energie zu setzen. „Durch die Großstaudämme würden die umliegenden Urwaldregionen weiterer industrieller Expansion ausgesetzt“, so Stoppel, „Die zu erwartende Urwaldzerstörung bedroht die Lebensgrundlagen der indigenen Munduruku und die Biodiversität, und sie trägt zur globalen Klimaveränderung bei. Wir fordern mit den Munduruku: Lasst den Rio Tapajós frei fließen und schützt den Amazonas!“