... oder was in den letzten 10 Jahren (nicht) passiert ist
- Hintergrund
Auf dem Weltgipfel zur Umwelt und Entwicklung 1992 in Rio de Janeiro trafen sich erstmalig die Regierungen der Erde, um über globale Umweltkrisen zu beraten. Auslöser waren neben der schon damals drohenden Klimaveränderung der dramatische Verlust der Urwälder auf der ganzen Erde.
Fünf verschiedene Abkommen wurden unterzeichnet, wovon eines das völkerrechtlich verbindliche Übereinkommen über biologische Vielfalt (CBD) ist. Für die Wälder gab es zusätzlich eine politische Absichtserklärung der Staaten.
1993 - Waldverlust seit Rio: 30 Millionen Hektar
Fast 10 Jahre nach Rio zeigt sich, dass die meisten der 180 Unterzeichnerstaaten nichts oder viel zu wenig für den Erhalt der Urwälder getan haben. Jedes Jahr sind etwa 15 Mio. Hektar Urwald, eine Fläche die rund der halben Bundesrepublik entspricht, abgeholzt worden: somit insgesamt ca. 150 Mio. Hektar. 150 Mio. Hektar entsprechen einer Fläche, die so groß ist wie Deutschland und ganz Skandinavien zusammen.
1994 - Waldverlust seit Rio: 45 Millionen Hektar
Ehrgeizige Programme, wie das von der deutschen Regierung finanzierte Programm zum Erhalt des brasilianischen Regenwaldes (PPG7) haben bisher 650 Mio. DM verschlungen. Dennoch konnte der dramatische Waldverlust nicht aufgehalten werden. Im Jahre 2000 sind mit 2 Mio. Hektar mehr amazonischer Urwald abgeholzt worden als jemals zuvor.
1995 - Waldverlust seit Rio: 60 Millionen Hektar
Viele Treffen, wenig Urwaldschutz
Mit der CBD hätte nach Rio ein völkerrechtlich verbindliches Instrument zur Verfügung gestanden, das sowohl den Schutz der Urwälder als auch die umweltverträgliche, sozial gerechte und ökonomisch vertretbare Waldnutzung sowie eine gerechte Verteilung der aus einer Nutzung entstehenden Vorteile an die lokale Bevölkerung und die Indigenen ermöglicht hätte.
1996 - Waldverlust seit Rio: 75 Millionen Hektar
Der politische Wille der Regierungen zum Urwaldschutz hat all die Jahre gefehlt. Viel zu stark standen die Nutzungsinteressen an der Ressource Holz im Vordergrund. Dabei waren es all die Jahre vor allem international tätige Konzerne, die Urwälder abgeholzt haben.
1997 - Waldverlust seit Rio: 90 Millionen Hektar
Der waldpolitische Dialog, basierend auf Kapitel 11 der Agenda 21 und der Walderklärung, wurde im Auftrag der Kommission für nachhaltige Entwicklung (CSD) ab 1995 bis 1997 im "Zwischenstaatlichen Verhandlungsausschuss über Wälder" (Intergovernmental Panel on Forests, IPF), sowie von 1997 bis 2000 im "Zwischenstaatlichen Forum für Wälder" (Intergovernmetal Forum on Forests, IFF) mit dem Ziel geführt, eine Empfehlung an die CSD zurück zu geben. In dieser Zeit, in der Millionen Hektar von Urwäldern zerstört wurden, ist das völkerrechtlich geeignete Instrument der CBD auf dem Abstellgleis geparkt worden.
1998 - Waldverlust seit Rio: 105 Millionen Hektar
Der Falls Brook Centre, New Brunswick, Canada, schätzt, der IPF/IFF Prozess allein kostete fast 20 Mio. Can $. Das IPF traf sich 4 mal und überreichte der CSD 1997 Handlungsempfehlungen für die Schwerpunkte der weiteren waldpolitischen Arbeit. Es wurde empfohlen, nationale Forstprogramme zur Umsetzung der internationalen Übereinkommen zu initiieren. An der über all die Jahre dominierenden und blockierenden Frage eines völkerrechtlich verbindlichen Abkommens scheiterte IPF. IFF musste aus der Taufe gehoben werden. Neue Treffen schlossen sich an.
1999 - Waldverlust seit Rio: 120 Millionen Hektar
In 2000 wurde das Waldforum der Vereinten Nationen (UNFF) eingerichtet, das den IPF- und IFF-Prozess weiterführen soll. Obwohl oberstes Ziel die aktionsorientierte Implementierung der bisher erarbeiteten Handlungsempfehlungen ist, geht die Urwaldvernichtung weiter. Mit der ebenfalls neu eingerichteten Partnerschaft zur Zusammenarbeit für Wälder (CPF) sollen die multilateralen Organisationen wie FAO, Weltbank, UNDP, UNEP und die Sekretariate der Konventionen auf gemeinsame Ziele und Schwerpunkte festgelegt werden. Ein dringend notwendiger Schritt!
2000 - Waldverlust seit Rio: 135 Millionen Hektar
Die CBD hat sich der Urwälder, der wichtigsten Heimat der "biologischen Vielfalt", nie richtig angenommen bzw. wurde vom IPF/IFF-Prozess gebremst. Obwohl auf der COP3 1996 beschlossen wurde, ein Arbeitsprogramm zu Waldbiodiversität zu entwickeln, wurde auf den Vorbereitungstreffen jede konkrete, handlungsorientierte Maßnahme vermieden. COP4 hat dann ein unbrauchbares Arbeitsprogramm beschlossen. 2000 musste dann die COP5 entscheiden, dass sich das Arbeitsprogramm weg von der Forschung und hin zu praktischer Aktion entwickeln soll.
2001 - Waldverlust seit Rio 150 Millionen Hektar
CSD, IPF, IFF, UNFF- die letzten Urwälder der Erde verschwinden mit der gleichen Geschwindigkeit wie vor 10 Jahren
Trotz der in Rio gefassten Beschlüsse und der Einberufung verschiedener Gremien zur Umsetzung und Überwachung der Abkommen, konnte die Zerstörung der letzten Urwälder der Erde bisher nicht aufgehalten werden. Nur rund 20 Prozent der ehemaligen Urwälder existieren heute noch. Die Geschwindigkeit der Abholzung nimmt weiterhin zu. Seit 1980 hat die Waldfläche in Entwicklungsländern um rund 10 Prozent abgenommen. Die Entwaldungsrate in Amazonien lag letztes Jahr um 15 Prozent höher als in den Jahren zuvor und hat damit den höchsten Stand in 5 Jahren erreicht.
2002 - Waldverlust seit Rio: 165 Millionen Hektar
Die Regierungen müssen jetzt handeln: Auf dem Urwaldgipfel im April 2002 muss ein Aktionsprogramm der CBD verabschiedet werden, das den Urwaldschutz für zukünftige Generationen garantiert und die Umsetzung der notwendigen Maßnahmen ermöglicht. Dazu ist der politische Wille der Staatschefs notwendig!
V.i.S.d.P.: Martin Kaiser, Stand: 09/2001