Jetzt spenden
Boreale Wälder in Alberta, Kanada 10/09/2009
Jiri Rezac / Greenpeace

Dreijährige Auszeit für kanadischen Kahlschlag

Archiviert | Inhalt wird nicht mehr aktualisiert

Fast hätte das Karibu, das Symboltier auf der kanadischen 25-Cent-Münze, in einigen Gebieten des kanadischen Waldes kaum noch eine Chance gehabt. Durch das größte Waldmoratorium in der kanadischen Geschichte könnte sich der Bestand des gefährdeten Rentiers nun wieder erholen. Auf einer Fläche fast so groß wie Deutschland werden die führenden Papierhersteller Kanadas auf Druck von Greenpeace und anderen NGOs in den nächsten drei Jahren auf jeglichen Holzeinschlag verzichten. 

Die beteiligten Umweltverbände und die Papierhersteller werden gemeinsam in einem dreijährigen Prozess Vorschläge erarbeiten, die den Schutz und die ökologisch nachhaltige Nutzung des Waldes zum Ziel haben. Unser langer Atem hat sich gelohnt: Mit vielen gewaltfreien Protesten und zahlreichen Gesprächen mit Unternehmensvertretern konnten wir dieses dringend benötigte Abkommen auf den Weg bringen, freut sich Oliver Salge, Waldexperte von Greenpeace. Das Abkommen ermöglicht einen dreijährigen Planungsprozess mit dem Ziel, 72 Millionen Hektar borealen Wald in geschützte Flächen umzuwandeln und eine ökologisch nachhaltige Forstwirtschaft einzuführen. Neben Greenpeace unterstützen acht weitere Umweltschutzgruppen wie Forest Ethics, Canopy und PEW Environmental Group die Verhandlungen und stellen vorerst ihre Kampagnen gegen einzelne Papierhersteller ein.

Die führenden Papier- und Holzhersteller, insgesamt 21 Unternehmen, darunter AbitibiBowater, Kruger und Weyerhäuser, beteiligen sich an dem Einschlagsmoratorium. Einige von ihnen hatte Greenpeace bereits 2007 in einem Report als Hauptverantwortliche für die Urwaldzerstörung identifiziert: Großteile der von ihnen genutzten Waldflächen sind nicht mehr intakt; Satellitenbilder deckten sogar Kahlschlagflächen größer als Berlin auf. Auch deutsche Zeitungsverlage und Druckereien bezogen Papier aus Urwaldzerstörung; im Jahr 2009 importierte Deutschland für über 100 Millionen Euro Holz, Papier und Zellstoff aus Kanada. In den letzten Jahren haben sich jedoch nach Gesprächen mit Greenpeace mehrere deutsche Verlage aktiv für eine Lösung in dem Urwaldkonflikt eingesetzt und das Ende der Waldzerstörung gefordert. Große Papierkunden wie Axel Springer Verlag, WAZ-Mediengruppe und DuMont haben dazu beigetragen, dass sich die führenden kanadischen Holz- und Papierhersteller heute in Toronto zu weiteren Verhandlungen verpflichten.

Die Luft wird dünn

Der Urwald Kanadas formt zusammen mit den Wäldern Skandinaviens, Russlands und Alaskas das größte Waldökosystem der Nordhalbkugel. Über die Hälfte des kanadischen Urwaldes sind bereits per Konzession zur Abholzung freigegeben. Mit etwa 28 Millionen Hektar deckt die nun für drei Jahre vor Holzeinschlag geschützte Fläche fast den gesamten Lebensraum der gefährdeten Wald-Karibus ab. Der Kahlschlag der kanadischen Papierindustrie bringt nicht nur die Lebensgrundlage zahlreicher Vögel und Säugetiere in Gefahr: Die borealen Wälder spielen als größter Kohlenstoffspeicher der Welt eine entscheidende Rolle im Kampf gegen den Klimawandel. Das bisher größte kanadische Waldabkommen umfasst eine Fläche, etwa doppelt so groß wie Deutschland, die über 25 Milliarden Tonnen Kohlenstoff speichert - so viel wie Deutschland in 30 Jahren emittiert.

Das boreale Waldabkommen ist die bisher beste Chance, dringend benötigte große Urwaldschutzgebiete in Kanada zu verwirklichen und den Klimawandel abzubremsen, sagt Salge. Der vorläufige Abholzungsstopp verschafft den bedrohten Tieren und dem sensiblen Ökosystem endlich die ersehnte Ruhe. Greenpeace wird die kanadischen Verhandlungen in den nächsten Jahren begleiten und sich für eine ökologisch nachhaltige Forstwirtschaft und konkrete Maßnahmen zum Schutz der borealen Wälder einsetzen.

  • Holztransporter in Alberta, Kanada 10/09/2009

    Holztransporter in Alberta, Kanada

    Überspringe die Bildergalerie
  • Sonnenaufgang über einem borealem Wald in Quebec, Kanada 08/15/2009

    Borealer Wald in Quebec, Kanada

    Überspringe die Bildergalerie
  • Waswanipi-Broadback Forest im nördlichen Quebec 08/15/2009

    Waswanipi-Broadback Forest, Quebec

    Überspringe die Bildergalerie
  • Greenpeace-Aktivist vor der Kimberly-Clark-Zellstofffabrik in Terrace Bay, Ontario 08/05/2004

    Zellstofffabrik in Ontario

    Überspringe die Bildergalerie
Ende der Gallerie
Datum
Protest in front of Ikea Store in Wallau

Mehr zum Thema

Amazonas Regenwald
  • 02.10.2024

Ein Gesetz soll zukünftig verhindern, dass Produkte aus Waldzerstörung in der EU auf den Markt gelangen. Doch nun dauert es länger als gedacht.

mehr erfahren
Greenpeace schließt sich den Munduruku an, um gegen die Stauung des Tapajos-Flusses zu protestieren: Gemeinsam entrollten sie ein 20 x 30 Meter großes Transparent mit der Forderung nach einem Ende des Tapajós-Staudammprojekts.
  • 01.10.2024

15 Jahre haben Indigene zusammen mit Greenpeace dafür gekämpft: Jetzt hat die brasilianische Regierung den Regenwald als Lebensraum der Munduruku endlich anerkannt!

mehr erfahren
Toucan in Calilegua National Park

Nirgendwo ist die Artenvielfalt größer als im Amazonasgebiet. Daher ist die Erhaltung dieses Lebensraumes von immenser Bedeutung. Lernen Sie acht wunderschöne Tiere aus dem Amazonasgebiet kennen.

mehr erfahren
Orangutans at BOS Nyaru Menteng Orangutan Rescue Center in Indonesia
  • 27.06.2024

Schon mal gefragt, wo Orang-Utans schlafen? Oder woher ihr Name kommt? Hier kommen zehn spannende Fakten über die Menschenaffen.

mehr erfahren
Junger Orang-Utan klettert in Kalimantan auf Borneo an einer Liane.

Zu Hause, im Supermarkt oder im Garten: Wir alle können etwas für den Waldschutz tun – Tag für Tag. Das kommt auch Klima und Artenvielfalt zu Gute.

mehr erfahren
Torben Dreyer, Gesche Jürgens, Sergio Domingo von Greenpeace im Helikopter
  • 30.05.2024

Neue Folge der Greenpeace-Dokumentation: Im zweitgrößte Wald Südamerikas wird die Zerstörung immer dramatischer. Das EU-Mercosur-Abkommen könnte zur völligen Abholzung des Gran Chaco führen.

mehr erfahren