Freitag, 18. März 2011 in Fukushima
- Ein Artikel von Sigrid Totz
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Chronologie des Atomunfalls in Fukushima: Die Lage am 19. März 2011: Es wurde eine Stromleitung gelegt, doch noch ist unklar, ob die Kühlung funktioniert.
Timeline vom Freitag, 18. März 2011
21:14 Uhr: Zusammenfassung des Tages: Nachdem die zurückliegenden Tage eine Schockmeldung nach der anderen mit sich brachten, scheint jetzt etwas Ruhe einzukehren. Eine trügerische Ruhe, denn auch wenn es gelungen ist, in Fukushima 1 eine Stromleitung zu legen - Entwarnung ist damit nicht gegeben. Niemand weiß, ob die Kühlwasserpumpen laufen werden, ob sie nicht durch Erdbeben, Tsunami, Explosionen und Feuer irreparabel beschädigt sind.
Die Lage in den einzelnen Reaktoren des AKW sieht derzeit so aus:
Reaktor 1: Es heißt, die Sensoren könnten kein Kühlmittel im Reaktordruckbehälter mehr messen. US-Expert:innen gehen bei ähnlichen Siedewasser-Reaktortypen davon aus, dass ab komplettem Kühlmittelverlust im Reaktordruckbehälter noch 17 Stunden bis zur Kernschmelze bleiben.
Reaktor 2: Der Kern im Reaktordruckbehälter liegt zum Teil noch im Wasser, eventuell gibt es Schäden am Reaktordruckbehälter.
Reaktor 3: Starke Schäden. Der Kern im Reaktordruckbehälter liegt zum Teil noch im Wasser. Eventuell gibt es Schäden am Reaktordruckbehälter. Es besteht die Gefahr einer erhöhten Freisetzung von Plutonium durch den Einsatz von MOX-Brennelementen. Zwar ist es gelungen, Wasser in das Abklingbecken zu schießen, doch wie hoch der Wasserstand jetzt ist, bleibt unklar. Einziges Zeichen für einen Erfolg war der Wasserdampf, der aufstieg.
Reaktor 4: Da dieser Block erst kürzlich entladen wurde, befindet sich kein Brennstoff mehr im Kern. Alle Brennelemente liegen im Abklingbecken. Dort ist der Wasserfüllstand niedrig und die Strahlenbelastung dadurch hoch.
Reaktor 5 und 6: In diesen beiden Blöcken hat sich die Situation durch Wiederanschluss an das Stromnetz eventuell verbessert. Das allerdings hängt davon ab, ob die Kühlpumpen noch intakt sind und mit Strom betrieben werden können.
20:10 Uhr: TEPCO: Wir möchten uns bei den Menschen in der Gegend des Kraftwerks aufrichtig für die Besorgnis und Belästigung durch den Vorfall am Atomkraftwerk Fukushima Daiichi und das Ausströmen radioaktiver Substanzen entschuldigen. (Spiegel online)
20:03 Uhr: Der Betreiber des AKW Fukushima 1, TEPCO, hat mitgeteilt, dass eine Stromverbindung zu der Unglücksanlage hergestellt worden sei. Zunächst solle Reaktor 2 versorgt werden, dann Reaktor 1, dann die Meiler 3 und 4. Wann der Strom fließen soll, ist derzeit unklar. (Spiegel-Online)
16:30 Uhr: In Reaktor 4 des AKW Fukushima sammelt sich erneut explosiver Wasserstoff. Das geht aus der aktuellsten Analyse des Japan Atomic Industrial Forum (JAIF) hervor. Das Risiko für eine weitere verheerende Wasserstoffexplosion soll nach Expert:innenenmeinung aber gering sein, weil es in dem zerstörten Gebäude schon Öffnungen gibt. Dadurch könne der Wasserstoff relativ schnell entweichen (dpa).
15:30 Uhr: Zusammenfassung nach derzeitigem Informationsstand: Sowohl in Reaktor 2 als auch 3 werden Schäden vermutet. Der Druck in der Kondensationskammer stieg zeitweise, was auf einen schnellen Druckanstieg und anschließendes Versagen des Sicherheitsbehälters (Containments) zurückgehen könnte. Nach den schweren Schäden an den Reaktorgebäuden sind die Containments die letzte Schutzmaßnahme vor dem Austreten von Radioaktivität.
In den Sicherheitsbehältern der Reaktoren 1 und 3 ist laut TEPCO der Druck sehr niedrig. Unbekannt ist, ob die Instrumente nicht funktionieren oder ob der Abfall des Drucks mit einem Versagen der Sicherheitsbehälter zusammenhängt.
Wie hoch der Kühlwasserstand in den Abklingbecken ist, schätzt TEPCO anhand von Sichtungen aus Helikoptern und Sichtungen von Rauch und Qualm ein.
30 Kilometer nordwestlich von Fukushima wurden heute und gestern Strahlungsdosen von 0.15 bis 0.17 mSv/h gemessen. Dies ist ungefähr die Dosis, die entsteht, wenn einem Menschen einmal stündlich die Brust geröntgt wird. Den Menschen in der Region wurde geraten, ihre Häuser nicht zu verlassen, eine Evakuierung wurde jedoch nicht angeordnet.
7 Militär-Löschfahrzeuge haben insgesamt 50 Tonnen Wasser in Richtung des Abklingbeckens von Reaktor 3 abgegeben. Im Anschluss war Dampf zu sehen, was bedeutet, dass es zumindest Teile des Wassers in das Becken geschafft haben, aber die Behörden bewerten die Aktion nicht.
50 Tonnen würden das Wasserniveau nur um 25 Zentimeter heben, könnten aber möglicherweise geschmolzene Brennstäbe am Boden des Beckens abkühlen. Es wurde versucht eine große Anzahl an Trucks zu benutzen, um einen konstanten Strom von Wasser zu gewährleisten, aber der Plan war nicht erfolgreich.
Das Militär plant heute einen weiteren Bewässerungsversuch. Die Tokioter Feuerwehr hat ihre Versuche abgebrochen. Ein Grund dafür wurde nicht angegeben, aber bisher haben hohe Strahlungswerte immer die Arbeiten behindert. Der Verteidigungsminister sagte, die Versuche könnten bis Mitternacht andauern.
Das US-Militär berichtet, dass es Unterschiede zwischen den von ihnen gemessenen Strahlungslevels und den von den japanischen Behörden angegebenen gebe.
Die japanische Atombehörde hat den Unfall auf Stufe 5 der INES-Skala gehoben. Das ist dieselbe Stufe wie bei Three Mile Island, jedoch weniger als die von der französischen Atomaufsicht vorgeschlagene Stufe 6.
13:30 Uhr: Insgesamt sind innerhalb von 40 Minuten 50 Tonnen Wasser zum Abkühlen auf die Brennelemente im Abklingbecken gesprüht worden (BBC).
12:55 Uhr: Die Notstromleitung zu den Reaktoren 5 und 6 in Fukushima steht. Am Samstag hofft AKW-Betreiber TEPCO die Reaktoren 1 und 2 mit Strom versorgen zu können, berichtete der Sender NHK. Für Sonntag sei ein Anschluss der Reaktoren 3 und 4 an das Stromnetz geplant, so ein Sprecher der japanischen Atomsicherheitsbehörde NISA.
09:44 Uhr: Die Kühlung des Reaktors 3 mit Wasserwerfern zeigt nach Angaben von Regierungssprecher Edano erste Erfolge.
09:41 Uhr: AKW-Betreiber TEPCO überlegt, Fukushima 1 mit einer Schicht aus Sand und Beton zu begraben. Zunächst solle aber versucht werden, den Reaktor abzukühlen. Nach der Katastrophe in Tschernobyl wurde ebenfalls mit Sand und Beton eine Deckschicht geschaffen. Die Greenpeace-Expert:innen sagen, das würde die Ausbreitung von Strahlung zwar nicht verhindern, aber zumindest vermindern.
08.14 Uhr: TEPCO kündigt für Samstag funktionierende Stromleitungen für die ausgefallene Kühlung der beiden Blöcke 1 und 2 des AKW Fukushima 1 an. Nur eine Kühlung der Reaktoren kann eine komplette Kernschmelze verhindern. In einem Gebäude neben Block 1 sei bereits ein Stromverteiler installiert worden, meldete NHK weiter unter Berufung auf TEPCO. Nun werde an einer Verbindung zum Transformator am Block 2 gearbeitet. (SpOn)
08:12 Uhr: Die Kühlversuche per Wasserwerfer sollen nun auch auf Reaktor 1 von Fukushima I ausgeweitet werden, sagte Regierungssprecher Yukio Edano (NHK/SpOn).
07.39 Uhr: Die Strahlenwerte am Westtor des AKW Fukushima 1 sind um 17 Zähler auf 292 Mikrosievert pro Stunde gesunken. Am 17. März um 18 Uhr UTC wurden in den Reaktoren 5 und 6 im Abklingbecken 65,5 Grad bzw. 62, 0 Grad gemessen. Laut der Internationalen Atomenergiebehörde IAEA betrüge die Temperatur bei normalen Betrieb unter 25 Grad.
07:10 Uhr Der Chef der Internationalen Atomenergiebehörde IAEA, Yukiya Amano, wird bei seinem Japan-Besuch das AKW Fukushima 1 NICHT besichtigen. Der japanische Premierminister Naoto Kan will die internationale Gemeinschaft besser über Lage informieren. (Quelle: SZ/Kyodo)
07:00 Uhr: Wenige Minuten später steigt weißer Dampf von Block 3 auf. Rund 140 Helfer stehen in der Stadt Iwaki südlich der Anlage in Fukushima bereit. (Spiegel)
06:13 Uhr: In einem zweiten Fehlversuch richten Einsatzfahrzeuge der Armee ihre Wasserfontänen auf Block 3 Fukushima 1. Block 4 soll noch folgen; eventuell auch Block 1.
04:29 Uhr: Die US-Armee wird zunächst nicht weiter mit Helikoptern Wasser auf das AKW Fukushima 1 werfen. Über hundert japanische Feuerwehrleute verstärken die Bemühungen, Reaktor 3 von außen zu kühlen. Regierungschef Edano hat Block 3 zuvor höchste Priorität eingeräumt: Es ist zu befürchten, dass die Brennstäbe seien ohne Wasserkühlung sind und eventuell erhöhte Strahlung abgeben. (Tagesschau/NHK)
04:25 Uhr: Etwa 240 Kilometer südlich vom Krisen-AKW Fukushima 1 liegt die 35-Millionen-Menschen-Metropole Tokyo. Der Wind – und damit mögliche radioaktive Strahlung - soll am Freitag aus dem Nordwesten Richtung Pazifischer Ozean wehen, am Samstag aus dem Südwesten Richtung Nordpazifik.
03.59 Uhr: AKW-Betreiber TEPCOhofft auf ein funktionierendes Kühlsystem in Reaktor 2 zu Freitagnacht (Ortszeit), so berichtet SpOn.
03:16 Uhr: Die Deutsche Polizeigewerkschaft hält laut Sprecher H. Benker deutsche Atomkraftwerke für nicht sicher vor Terrorangriffen. Szenarien wie gezielten Flugzeugabstürzen, Raketenangriffen mit mobilen Trägersystemen und Cyber-Attacken auf die Computer-Netzwerke der Reaktoren stehe die Polizei hilflos gegenüber. (SpOn/BILD)
02:21 Uhr: Ein Sprecher der japanischen Sicherheitsbehörde Nisa berichtet: Eine neu verlegte Stromleitung soll die Kühlung in Reaktor 1 und 2 zum Laufen bringen. Löschhubschrauber und Wasserwerfer versuchen weiterhin, an den Reaktoren 3 und 4 Kühlung zu bringen.
02:07 Uhr: Rauch steigt aus Reaktor 2 auf - ob dieser aus dem Abklingbecken des Reaktors stammt oder von einer neuen Explosion ist noch nicht geklärt. (Spiegel)
0:45 Uhr: "Die Lage der obdachlosen Japaner wird angesichts eines Wintereinbruchs immer dramatischer. Der Fernsehsender NHK zeigt Bilder aus dem stark verwüsteten Nordosten, auf denen Menschen in Turnhallen ohne Heizung eng aneinander kauern, um sich gegenseitig Wärme zu spenden. Es gebe zwar Öfen und Heizungen, mangele aber an Strom und Heizöl", schreibt n-tv.
0:30 Uhr: Ein Diesel-Generator versorgt die Reaktoren 5 und 6 des AKW Fukushima I mit Strom. (Quelle: BBC)