21., 22. und 23. März 2011 in Fukushima
- Ein Artikel von Sigrid Totz
- Nachricht
Chronologie des Atomunfalls in Fukushima: Die Lage am 21., 22. und 23. März 2011: Es wird eine erhöhte Strahlung nachgewiesen, auch bei Lebensmitteln.
Timeline vom Sonntag, 20. März 2011
18:37 Uhr: Die japanische Regierung hat empfohlen, das Leitungswasser in der Präfektur Fukushima aufgrund einer möglichen Verstrahlung nicht zu trinken. Zuvor waren bereits erhöhte Strahlungswerte im Leitungswasser von Tokio und anderen Regionen des Landes festgestellt worden. (SpOn)
16:49 Uhr: Das japanische Gesundheitsministerium meldet bedeutende Dosen an Strahlung bei Raps. Der stamme aus Regionen, die bisher nicht als radioaktiv verstrahlt galten. Rund um das AKW Fukushima 1 wurden zuvor bereits erhöhte Strahlenwerte bei Milch und Spinat gemessen. Die japanischen Behörden bestreiten, dass diese gesundheitsschädlich seien. (SpOn)
15:08 Uhr: AKW-Betreiber TEPCO meldet, es werde mehrere Tage dauern, bis die Reaktoren 3 und 4 von Fukushima 1 wieder mit Strom versorgt werden können. Die Stromversorgung der restlichen vier Reaktoren ist wieder hergestellt.
13:09 Uhr: Das Japan Atomic Industrial Forum (JAIF) schätzt Wasserstand und Druck in den Reaktordruckbehältern 4, 5 und 6 im Augenblick als sicher ein. In den Reaktordruckbehältern der Blöcke 1, 2 und 3 soll der Wasserstand dagegen weiterhin besorgniserregend niedrig sein. In den Abklingbecken der Reaktoren 3 (MOX-Brennstäbe) und 4 ist der Wasserstand ebenfalls zu niedrig. Beide werden mit Wasser von außen gekühlt. Im Becken von Reaktor 4 soll es eine Wasserstoffexplosion gegeben haben.
10:30 Uhr: Derzeitiger Stand: Die Mannschaft in Fukushima 1 will versuchen, Reaktor 1 und 2 ans Stromnetz anzuschließen. In Reaktor 3 hatte sich die Lage zwischenzeitlich wieder verschärft, so dass TEPCO erneut Druck ablassen wollte. Da dann eine Stabilisierung eintrat, ist dies nicht geschehen. Jetzt soll wieder Wasser auf das Abklingbecken gespritzt werden. Auch Reaktor 4 soll weiterhin mit Wasser von außen gekühlt werden. Da hier noch mehr von Wänden und Dach steht, ist es schwieriger, das Abklingbecken zu treffen. Die Situation in den Reaktoren 5 und 6 hat sich durch die Stromzufuhr relativ entspannt.
Timeline vom Montag, 21. März 2011
17:58 Uhr: Das Meerwasser nahe der Atomanlage Fukushima sei über 120-mal höher mit radioaktivem Jod belastet als normal, berichtet die Nachrichtenagentur Kyodo News. Die Belastung mit radioaktivem Cäsium sei fast 25-mal höher. Laut TEPCO sei es zu früh, um die Auswirkungen des kontaminierten Wassers auf Fischereiprodukte einzuschätzen.
13.52 Uhr: Der Rauch, der aus Reaktor 2 austritt soll nicht aus dem Abklingbecken aufsteigen, berichtet Kyodo und beruft sich dabei auf den Betreiber TEPCO.
13.05 Uhr: Die japanische Atomaufsicht wirft dem Betreiber des AKW Fukushima Schlamperei bei den vorgeschriebenen Inspektionen vor. Bereits am 2. März erschien ein Bericht, in dem die Behörde Verzögerungen im Zeitplan der Inspektionen sowie die nicht durchgeführte Untersuchung von 33 Teilen der Anlage anprangerte.
12.45 Uhr: Aufgrund der Katastrophe in Fukushima müssen aus Sicht der IAEA internationale Richtlinien zur Nuklearsicherheit überarbeitet werden. Die momentanen Regelungen reflektierten die Realitäten der 1980er Jahre und nicht die des 21. Jahrhunderts, sagt der Chef der IAEA.
11.45 Uhr: Die Nachrichtenagentur Kyodo meldet unter Berufung auf Japans Atomsicherheitsbehörde, es steige kein Rauch mehr aus Block 3 auf, dafür aber wieder aus Block 2. Ursache für die Rauchentwicklung ist unklar.
10.33 Uhr: Die japanische Regierung verbietet die Lieferungen von Frischmilch aus der Präfektur Fukushima sowie von Spinat aus mehreren angrenzenden Bezirken.
09.35 Uhr: Das havarierte japanische Atomkraftwerk Fukushima ist teilweise evakuiert. Die Arbeiter:innen, die sich in der Nähe des Reaktors 3 befunden hätten, seien in Sicherheit gebracht worden, weil Rauch aus dem Reaktor aufsteige, teilt TEPCO mit. In den Brennelementen des Reaktors befindet sich hochgefährliches Plutonium.
08.45 Uhr: Der Druck in Reaktor 3 ist wieder angestiegen. Es wird wieder erwogen, kontrolliert Druck abzulassen.
07.30 Uhr: Der japanische Ministerpräsident Naoto Kan hat seinen für heute geplanten Besuch in der Region um Fukushima abgesagt. Grund: Für die Region ist Regen angesagt.
06.20 Uhr: Japans Atombehörde bestätigt, dass die Reaktorblöcke 5 und 6 wieder ans Stromnetz angeschlossen wurden. Gleichzeitig wird bekannt, dass der Druck in Reaktor 3 wieder ansteigt.
Timeline vom Dienstag, 22. März 2011
20.15 Uhr: Die Nachrichtenagentur Kyodo berichtet über radioaktive Partikel an weiteren Lebensmitteln rund um das AKW Fukushima. Bei Brokkoli und Rohmilch seien die gesetzlichen Grenzwerte überschritten.
19.25 Uhr: Die Internationale Atomenergiebehörde IAEO hält ein Leck im Reaktor 1 in Fukushima für möglich. Außerhalb der Anlage gebe es noch immer hohe Strahlungswerte. Bisher habe noch nicht herausgefunden werden können, ob der Sicherheitsbehälter des Reaktors beschädigt sei.
18.50 Uhr: Der niedersächsische Ministerpräsident McAllister (CDU) kündigte an, dass es in seinem Bundesland zusätzliche Sicherheitsüberprüfungen für das marode Atommülllager Asse, das Endlager Schacht Konrad und das Zwischenlager in Gorleben geben werde.
18.30 Uhr: Der Strahlenbiologe Edmund Lengfelder wirft den Verantwortlichen in Japan gezielte Falschinformation vor. Er vermute, dass die Öffentlichkeit nicht angemessen und nicht wahrheitsgemäß unterrichtet wird.
17.35 Uhr: Die Internationale Atomenergiebehörde (IAEO) äußert sich werden besorgt darüber, dass der Status des Fukushima-Reaktors 1 unbekannt ist. Der IAEA-Vertreter Graham Andrew sagte, es lägen auch keine Informationen über die Temperaturen in den Abklingbecken der Blöcke 1, 3 und 4 vor.
15.35 Uhr: Die Betreiberfirma TEPCO berichtet, dass es Techniker:innen gelungen ist, im Kontrollraum von Block 3 in Fukushima Licht zu machen. Block 3 gilt als besonders gefährlich. Der Reaktorkern, die MOX-Brennstäbe sind beschädigt und die Kühlsysteme ausgefallen.
14.20 Uhr: Der japanische Sender NHK warnt vor neuen Erdstößen bis zu einer Stärke von 7 oder mehr. Die Beben könnten bereits beschädigte Gebäude zum Einsturz bringen oder einen weiteren Tsunami auslösen, hieß es bei Warnung.
13.10 Uhr: Die japanische Atomaufsicht gibt bekannt, dass das Abklingbecken in Fukushimas Reaktor 2 wieder mit Wasser gefüllt ist.
11:00 Uhr: Die Unsicherheit am defekten AKW in Japan dauert an, mehrfach stiegen in den letzten Stunden Rauch und Dampf auf. Die Behörden halten an ihrer Strategie fest, die Reaktorblöcke von außen zu kühlen und mit Strom zu versorgen. Die Strahlenbelastung des Meerwassers steigt.
Timeline vom Mittwoch, 23. März 2011
15.24 Uhr: Die japanische Atomaufsicht widerruft ihre Aussage, es sei am Mittwoch im Bereich des Reaktorblocks 2 zur bisher höchsten Strahlenbelastung gekommen. (Fokus Online/n-tv)
13.48 Uhr: Laut Angabe der japanischen Atomaufsicht ist im Bereich von Reaktor 2 die Strahlenbelastung so hoch wie noch nie. (Fokus Online)
11:09 Uhr: Wegen des Schwarzen Rauchs über Reaktor 3 sind alle für Mittwoch geplanten Kühlaktionen der Feuerwehr abgeblasen worden. Aus Sicherheitsgründen wurde die gesamte Atomanlage geräumt. (Fokus Online / NHK-TV)
9:10 Uhr: Über Reaktor 3 in Fukushima soll schwarzer Rauch aufgestiegen sein. TEPCO hat die Helfer aufgefordert, das Gelände vorübergehend zu verlassen. (Reuters/NHK-Tv)
07:36 Uhr: Zusammenfassung der letzten Stunden (nach dpa): Babys und Kleinkinder sollen in Tokio kein Leitungswasser mehr trinken. Bei Messungen wurden 210 Becquerel pro Liter an radioaktivem Jod 131 festgestellt. Der Grenzwert für Kleinkinder liegt bei 100 Becquerel. Für ältere Kinder und Erwachsene liegen die Grenzwerte des japanischen Gesundheitsministeriums bei 300 Becquerel pro Liter, so der Fernsehsender NHK.
Die Warnung wurde für die 23 zentralen Bezirke in Tokio und das westlich gelegene Tama-Gebiet durchgegeben. Die erhöhten Werte an radioaktivem Jod 131 wurden in einer Wasseraufbereitungsanlage in Tokio festgestellt. Bei radioaktivem Cäsium 137 seien keine überhöhten Werte registriert worden.
Der Lieferstopp für Gemüse aus der Präfektur Fukushima wurde inzwischen ausgeweitet. Das japanische Gesundheitsministerium veröffentlichte eine Liste mit elf Gemüsearten, bei denen eine teilweise drastisch erhöhte Radioaktivität festgestellt wurde. Darunter sind Spinat, Broccoli, Kohl und das japanische Blattgemüse Komatsuna.
In Proben fand das Gesundheitsministerium beim Blattgemüse Kukitachina 82.000 Becquerel an radioaktivem Cäsium und 15.000 Becquerel an radioaktivem Jod - dies übersteigt die zulässigen Grenzwerte um den Faktor 164 beziehungsweise 7. In der Präfektur Ibaraki wurde auch radioaktiv belastete Milch gefunden.
Die radioaktive Strahlung aus dem AKW Fukushima macht Einsatzkräften und Bevölkerung zunehmend zu schaffen und erschwert das Krisenmanagement. Die Arbeiten zur Instandsetzung der Reaktortechnik im Block 2 wurden deswegen am Mittwoch unterbrochen. Nach einer Meldung der Nachrichtenagentur Kyodo wurde eine Radioaktivität von 500 Millisievert pro Stunde gemessen - die natürliche Hintergrundstrahlung liegt je nach Region bei etwa 2 Millisievert pro Jahr. (Zum Vergleich: In Deutschland beträgt die maximal erlaubte Jahresdosis für die Bevölkerung 1 Millisievert.)
In Block 2 wird befürchtet, dass der innere Reaktorbehälter bei einer Explosion in der vergangenen Woche beschädigt wurde. Techniker:innen wollen dort wie schon im Reaktorblock 3 zunächst die Beleuchtung im Kontrollraum wiederherstellen und Messinstrumente mit Strom versorgen.
Wegen steigender Temperaturen im Block 1 wurde dieser laut japanischer Atomaufsicht von außen mit Wasser gekühlt. Ähnlich Reaktorblock 4: Dort soll das Abklingbecken für abgebrannte Kernbrennstäbe gekühlt werden. Bei Block 3 sei am Nachmittag ein Feuerwehreinsatz zur Kühlung der Anlage geplant.