Greenpeace-Report zeigt: Ölplattformen belasten die Nordsee
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56 ausgediente Ölplattformen sind inzwischen sicher an Land entsorgt worden – dank der Brent-Spar-Kampagne verrotten sie nicht auf dem Meeresgrund. 32 weitere Bohrinseln werden in den kommenden zehn Jahren folgen; auch sie finden ihr Ende auf festem Boden. Ein Erfolg – aber dennoch Anlass für Greenpeace, sich 20 Jahre nach der Brent-Spar-Kampagne mit dem Zustand der Nordsee heute zu befassen: Ein Report der Umweltschutzorganisation gibt Auskunft über die aktuelle Situation der Öl- und Gasindustrie dort.
Ölproduktion wird dreckiger
Er zeigt, dass der Nordostatlantik, insbesondere die Nordsee, zu einer ausgedehnten Industrielandschaft geworden ist: 751 Anlagen – darunter 490 Plattformen – verschmutzen durch ihren täglichen Betrieb Luft und Wasser. Jährlich gelangen mehr als 8000 Tonnen Öl und 220.000 Tonnen Chemikalien in das Meer. Zudem werden 30 Millionen Tonnen des klimaschädlichen Kohlendioxids von den Plattformen emittiert – das entspricht etwa den jährlichen CO2-Emissionen von Neuseeland.
Dabei ging die Erdölförderung seit dem Jahr 2000 um mehr als die Hälfte zurück. Das hört sich gut an, hat aber zur Folge, dass die Verschmutzung pro geförderter Tonne Öl steigt. Denn um den Abwärtstrend aufzuhalten, muss mehr Energie und Chemie eingesetzt werden, um das Öl an die Oberfläche zu bringen. Zudem werden auch mehr und mehr kleinere Felder erschlossen; die Bohrungen und die damit verbundenen Verschmutzungen nehmen also zu.
„Der Aufwand wächst und führt dazu, dass bezogen auf die geförderte Tonne Öl und Gas die Emissionen zum Teil deutlich zunehmen,“ sagt Dr. Christian Bussau, Biologe bei Greenpeace, der als Aktivist bei der Besetzung der Brent-Spar-Plattform dabei war.
Um die Dauerbelastung der Nordsee und des Nordostatlantik durch die Ölindustrie zu verringern, fordert Greenpeace daher strengere Kontrollen der Plattformen, eine deutliche Senkung der Emissionen – und schließlich sogenannte Zero-Discharge-Plattformen. Solche Konstruktionen, die praktisch keine Belastung der Nordsee erzeugen, sind technisch möglich, werden aber von der Branche nur halbherzig weiterentwickelt. Das von ihnen belastete Wasser würde an Land entsorgt oder in Lagerstätten zurückgepumpt werden. Es flösse nicht ins Meer.
Zwischenfälle an der Tagesordnung
Doch selbst mit diesem Verfahren bliebe die Offshore-Förderung von Öl und Gas riskant. Denn Plattformen sind grundsätzlich komplizierte technische Anlagen. Ein kleiner Fehler genügt, um einen Zwischenfall oder schlimmstenfalls ein Unglück wie die Expolsion auf der Deepwater Horizon vor fünf Jahren auszulösen. Auch in der Nordsee gibt es immer wieder Unfälle. So kam es 2010 auf der norwegischen Gulfaks-C-Plattform zu einem Beinahe-Blowout. Ein Jahr später flossen 216 Tonnen Öl aus der britischen Gannet-Alpha-Bohrinsel ins Meer. 2012 strömten große Mengen Methan über Wochen aus einem Gasleck auf der Elgin-Plattform. Auf der norwegischen Plattform Statfjord C traten 2014 rund 30 Tonnen Öl aus. Die norwegischen Behörden stellten „ernste Verstöße gegen gesetzliche Regelungen fest“.
Wie Plattformen heute entsorgt werden, zeigt das Video: