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Prins Christian Sund in Grönland
Christian Åslund / Greenpeace

Ein Greenpeace-Schiff dokumentiert die gefährliche Suche nach Öl in der Arktis

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In arktischen Gewässern wird geschossen – nicht mit scharfer Munition, dafür mit Luftkanonen. Doch auch die verletzen: Wale und andere Meeressäuger sind von den lärmenden Aktivitäten der Ölindustrie betroffen, mit zum Teil tödlichen Folgen. Das Greenpeace-Schiff „Arctic Sunrise“ ist auf dem Weg, um die schädliche Praxis bei der Suche nach Bodenschätzen vor der Nordost-Küste Grönlands zu beobachten.

Dort geht derzeit ein norwegisches Unternehmen mittels „Seismic Blasting“ auf die Suche nach Ölvorkommen, im Auftrag von Shell, Enron, BP und weiteren Konzernen. Das Prinzip: Komprimierte Luft wird durch das Wasser auf den Meeresgrund gefeuert, das zurückgeworfene „Echo“ enthält Informationen über Öl und Gas im Boden. Die dafür benötigte Lautstärke ist enorm: Im Wasser beträgt sie 259 Dezibel, über Wasser würde sie von Menschen als achtmal so laut empfunden wie ein Düsenjet beim Abheben.

Alle zehn Sekunden, rund um die Uhr

Eine Strecke von bis zu 7000 Kilometer soll in den nächsten Monaten auf diese Art vermessen werden, mit 16 Luftkanonen, die alle zehn Sekunden feuern, und das rund um die Uhr. Für die Wale ist die Geräuschverschmutzung eine Katastrophe, bestätigt ein neuer Report, der von Greenpeace in Auftrag gegeben wurde.  

„Der Lärm kann ihr Gehör sowie ihre Fähigkeit zu kommunizieren beschädigen und sie desorientieren“, sagt Dr. Oliver Boisseau von der Non-Profit-Organisation Marine Conservation Research, die die Untersuchung durchführte. „Tauch- und Fressverhalten sowie Bewegungsmuster werden dadurch beeinflusst.“

Dabei kann es zu schwerwiegenden Verletzungen und sogar zum Tod kommen: Verirrte Wale stranden oder werden unter einer Eisdecke gefangen, wo sie ersticken. Greenpeace wird mit Unterwassermikrophonen das Vorgehen dokumentieren, um die Öffentlichkeit über die beispiellos brachialen Erschließungsmaßnahmen zu informieren.

Kaltschnäuziges Vorgehen

„Luftkanonen in einen wichtigen und wunderschönen Ozean zu feuern, ist bloß eine der verwerflichen Unternehmungen der Ölindustrie in der Arktis“, sagt Sune Scheller, Arktis-Experte von Greenpeace an Bord der „Arctic Sunrise“. „Shell und andere Ölkonzerne hoffen, dass die Welt nichts über Seismic Blasting erfährt und noch viel weniger über die Gefahr für bedrohte Wale und andere Meerestiere. Aber wir sind hier, um den Wahnsinn aufzudecken.“

Die Route, auf der auf diese Weise nach Bodenschätzen gesucht wird, kommt Gebieten gefährlich nahe, die von den Behörden Grönlands als „besorgniserregend“ bezeichnet werden oder gänzlich abgesperrt sind - zum Schutz der Narwalpopulation, von Walrössern und des bedrohten Grönlandwals.

Was Seismic Blasting in diesem zerbrechlichen Ökosystem anrichtet, lässt sich nicht mit Gewissheit sagen, da es bislang keine verlässlichen Erkenntnisse über dessen Kurz- und Langzeitfolgen in der Arktis gibt. Aber gerade darum ist das Vorgehen unvorsichtig und kaltschnäuzig. Für empfindliche Spezies wie den Narwal könnten die Folgen verheerend sein.

Erst am 10. August wurde vor der Küste Grönlands auf Satellitenbildern ein Ölteppich von etwa 60 Quadratkilometern entdeckt. Die dänische Küstenwache konnte aufgrund widriger Witterungsbedingungen und Meereis in der Region erst fünf Tage später vor Ort sein, und selbst dann bedingt durch zu hohe Wellen keine Proben nehmen. Die Untersuchungen mussten eingestellt werden, die Quelle des Öls bleibt damit unklar. Das Beispiel zeigt die Hilflosigkeit der Behörden im Umgang mit den Bedingungen in der Arktis - die Sicherheitsmaßnahmen funktionieren im Ernstfall nicht. 

  • Sune Scheller auf der Arctic Sunrise

    Im Auftrag der Wale

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  • Arctic Sunrise auf See

    Auf Horchposten

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Report: Seismische Untersuchungen bedrohen Wale

Report: Seismische Untersuchungen bedrohen Wale

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