Patent auf Embryo-Zellen?
EuGH entscheidet 2011 gegen Patent auf Stammzellen: Zellen aus menschlichen Embryonen dürfen nicht patentiert werden. 2012 kommt die Wende.
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Heute wurde europäische Rechtsgeschichte geschrieben, sagt Christoph Then, Patentberater von Greenpeace. Nach Auffassung des Europäischen Gerichtshofes muss der Mensch in allen Phasen seiner Entwicklung vor kommerzieller Verwertung geschützt werden. Dies gilt auch für Embryonen in der Petrischale. So hat der Gerichtshof den Schutz menschlichen Lebens gegenüber wirtschaftlichen Interessen deutlich gestärkt.
Kein Patent auf menschliche Embryonen
Im Patent von Oliver Brüstle wird unter anderem vorgeschlagen menschliche Embryonen für die Herstellung von Stammzellen zu klonen, um diesen dann die gewünschten Stammzellen zu entnehmen. Nach Ansicht von Greenpeace verstößt das Patent damit gegen das Verbot im europäischen Patentgesetz.
Der EuGH begründet sein Nein mit der Feststellung, dass solche Patente der kommerziellen Verwertung menschlicher Embryonen Vorschub leisten würden.
Die Anwälte des Patentinhabers versuchen im Verfahren das Urteil des EuGH mit Scheinargumenten zu unterlaufen. Der BGH steht jetzt vor der Aufgabe, das Urteil des EuGH so umzusetzen, dass keine unzulässigen Schlupflöcher entstehen, sagt Christoph Then, Berater von Greenpeace.
Patent DE 19756864
Der Neurobiologe Oliver Brüstle hatte 1997 ein Patent auf embryonale Stammzellen angemeldet, das 1999 vom Deutschen Patentamt erteilt wurde. Es umfasst die Herstellung und Nutzung menschlicher embryonaler Stammzellen. Laut Patentschrift sollen die Zellen auch durch das Klonen von Embryonen gewonnen werden. Brüstle stellt aus den Stammzellen Vorläuferzellen her, die sich dann zu Nervenzellen entwickeln.
2004 reichte Greenpeace Klage gegen das Patent ein, um die ethischen Grenzen im Patentrecht gerichtlich überprüfen zu lassen. Die EU-Patentrichtlinie untersagt ausdrücklich Patente auf die kommerzielle Verwertung menschlicher Embryonen. Das Bundespatentgericht gab der Klage weitgehend recht. Dabei verwies es auf den Schutz der Menschenwürde und des menschlichen Lebens.
Vom BGH zum EuGH
Brüstle legte Beschwerde gegen die Entscheidung ein. Im November 2009 verwies der Bundesgerichtshof (BGH) den Fall an den EuGH in Luxemburg, um zunächst zu klären, wie der Begriff des menschlichen Embryos auszulegen sei. Im März 2011 verkündete der Generalanwalt des EuGH in einer ersten Stellungnahme, Zellen, die sich zu Menschen entwickeln können, seien keine Erfindung und darum nicht patentierbar.
Der Gutachter des EuGH schrieb damals: Eine Erfindung muss von der Patentierung ausgeschlossen werden, wenn die Durchführung des technischen Verfahrens, das patentiert werden soll, die vorherige Zerstörung menschlicher Embryonen oder ihre Verwendung als Ausgangsmaterial erfordert.
Urteil mit Wirkung
Die Akte C-34/10 beim EuGH kann nun geschlossen werden. Zwar erteilt das Europäische Patentamt schon seit 2006 keine Patente auf menschliche embryonale Stammzellen mehr. Doch nationale Patentämter, die anders verfahren, müssen ihre Praxis jetzt umstellen. Der Schutz des menschlichen Lebens wird in der EU gestärkt.
Der Patentinhaber wollte erreichen, dass menschliche Embryonen patentiert und wirtschaftlich verwertet werden. Diesen Begehrlichkeiten hat der EuGH heute einen deutlichen Riegel vorgeschoben, sagt Christoph Then.
Schutz des menschlichen Lebens in der EU gestärkt
Die Akte C-34/10 beim EuGH kann nun geschlossen werden. Der Patentinhaber wollte erreichen, dass menschliche Embryonen patentiert und wirtschaftlich verwertet werden. Diesen Begehrlichkeiten hat der EuGH heute einen deutlichen Riegel vorgeschoben, sagt Greenpeace-Experte Christoph Then. Zwar erteilt das Europäische Patentamt schon seit 2006 keine Patente auf menschliche embryonale Stammzellen mehr. Doch nationale Patentämter, die anders verfahren, müssen ihre Praxis jetzt umstellen. So auch Bundesärztekammer-Präsident Frank Ulrich Montgomery: „Embryonale Stammzellen dürfen nie als kommerzielles Erzeugnis verwertet werden. Man würde menschliche Embryonen als banales Ausgangsmaterial benutzen, wenn man Erfindungen zuließe, die embryonale Stammzellen verwenden. Dass wir einen solchen Verstoß gegen die ethischen Grundwerte nicht zulassen dürfen, verlangt schon die Achtung vor dem menschlichen Leben als solches.“
! Update vom 27. November 2012
Wende im Stammzellenstreit
Das BGH Urteil von 2012 legte dieses Urteil neu aus und bildet somit den Abschluss – leider ein Teilerfolg für Greenpeace.
Nach sechsjährigem Patentstreit zwischen Greenpeace und dem Neurobiologen Oliver Brüstle entscheidet der BGH: Das umstrittene Patent von 1999, nach dem Stammzellen aus menschlichen Embryonen entnommen werden dürfen, bleibt rechtskräftig. Voraussetzung ist jedoch, eine schonende Gewinnung von Stammzellen, bei der kein Embryo abstirbt, aus dem sich potenziell ein Mensch entwickeln kann.
Die kommerzielle Nutzung von Embryonen ist damit erlaubt. Aus ethischer Perspektive eine Niederlage.