Die Reform der EU-Fischereipolitik
- Hintergrund
Alle zehn Jahre wird die europäische Fischereigesetzgebung erneuert. Fangquoten, mögliche Schutzgebiete und die künftige Größe der Fischfangflotten stehen auf dem Prüfstand. Seit April 2009 liegt ein Grünbuch der EU-Kommission vor, um die GFP zu reformieren. Sie grundlegend umzugestalten ist längst überfällig - und nun endlich auf dem Weg: Am 30. Mai 2013 einigte man sich nach mehreren Jahren zäher Verhandlungen auf das Herzstück zur Reform der GFP. Wenn es auch noch einige Schwachstellen gibt, ist es doch ein Wendepunkt hin zu einer nachhaltigen Fischerei, auf den Greenpeace und andere Umweltschützer lange hingearbeitet haben.
Das Problem
Die EU-Fischerei hat sich in den vergangenen Jahrzehnten selbst geschädigt. Fast 90 Prozent der EU-Speisefischbestände sind überfischt oder stehen kurz davor. Die europäische Fischereiflotte gehört zu den größten der Welt und fängt jährlich fast 5,1 Millionen Tonnen Fisch. Einst galten die europäischen Meere als unerschöpflich und Fisch als Billiglebensmittel. Doch mit ausgefeilter Technik waren die Flotten in der Lage, mehr Fisch zu fangen als nachhaltig war. Gleichzeitig wurden die Höchstfangmengen nicht nach wissenschaftlichen Prinzipien, sondern nach kurzfristigen politischen und wirtschaftlichen Erwägungen festgesetzt.
Hinzu kommt eine falsche Subventionspolitik, denn obwohl die Flotte ohnehin zu groß ist, wurden Subventionen für den Neubau gezahlt. Der Hauptteil der Gelder fließt dabei nach Spanien, das in den Jahren zwischen 2000 und 2006 fast die Hälfte der EU-Subventionen bekommen hat, insgesamt 1,6 Milliarden Euro. Besonders aufgrund fehlender oder lückenhafter Kontrolle kommt es zudem immer wieder dazu, dass die Gesetze der GFP gleich ganz ignoriert werden. Die polnischen Kutterkapitäne überzogen in den vergangenen Jahren ihre Dorschquote um bis zu 40 Prozent – die notwendigen Kontrollen um dies zu verhindern fehlten. Doch unter anderem durch intensivere Kontrollen der dadurch eingedämmten illegalen Fischerei wuchsen die Dorschbestände der östlichen Ostsee wieder an.
Das Grünbuch der Kommission
Die Kommission fordert in ihrem Grünbuch "Eine umfassende, tief greifende Reform der Gemeinsamen Fischereipolitik und ein neues Engagement des Fischereisektors (...)". Allerdings darf es sich dabei nicht erneut nur um Stückwerk und kleine Schritte handeln, vielmehr ist ein großer Wurf gefragt, der die eigentlichen Ursachen für den Teufelskreis anpackt, in dem die europäische Fischerei seit mehreren Jahrzehnten gefangen ist.
Wichtige Punkte spricht die Kommission selbst an:
- Überkapazität – zu viele Schiffe fangen zu wenig Fisch. Die Antwort der Fischindustrie auf die zurückgehenden Fischbestände sind der Einsatz größerer Schiffe mit stärkeren Motoren und gesteigerter Fangleistung. Einige EU-Flotten sind um das Dreifache zu groß, um nachhaltig Fischfang betreiben zu können.
- Beifänge – die eingesetzten Fanggeräte sind unselektiv und neben den Zielarten gehen den Fischern Meerestiere in die Netze, die aussortiert und tot oder schwer verletzt über Bord gekippt werden.
- Wissenschaftsbasierte Fangquoten – die vom Fischereiministerrat festgesetzten Fangquoten übersteigen in vielen Fällen die von Wissenschaftlern vorgeschlagenen Mengen. Dies ist einer der Hauptgründe für den Rückgang der Fischbestände.
- Meeresschutzgebiete – es gibt keine Rückzugsgebiete, in denen sich die Fischbestände ungestört vermehren und die zerstörten Lebensräume sich wieder aufbauen können.
- Transparenz und Nachvollziehbarkeit – vielfach sind die Entscheidungswege unübersichtlich und lassen sich nur schwer rückverfolgen.
Die Grundlage einer lohnenden EU-Fischerei ist ein gesunder Fischbestand. Davon ist die Realität jedoch weit entfernt und nur, wenn die von der Kommission genannten Punkte umfassend angegangen werden, haben die europäischen Meere eine Überlebenschance.