Jetzt spenden
Greenpeace-Aktivisten im Wattenmeer mit Banner
Daniel Müller / Greenpeace

Gutachten von Greenpeace: Ölbohrungen im Watt nicht rechtens

Archiviert | Inhalt wird nicht mehr aktualisiert

Darf der Konzern Dea im Wattenmeer nach Öl bohren? Der gesunde Menschenverstand sagt Nein: Der Nationalpark beherbergt eine beispiellose Artenvielfalt, ein Unfall hätte verheerende Folgen für Tiere und Landschaft. Doch rechtlich ist das eben nicht ganz so eindeutig – oder so schien es zumindest.

Bereits 2007 hatte der Ölkonzern (damals noch RWE Dea) Anträge auf Erkundungsbohrungen im Wattenmeer gestellt, über die der schleswig-holsteinische Umweltminister Robert Habeck nun zu entscheiden hat. Weil zu dem Zweck erst eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchgeführt werden muss, könnte dieser Vorgang noch Jahre dauern. Ein neues, von Greenpeace in Auftrag gegebenes Gutachten kommt nun zu dem Schluss: Habeck muss das Ergebnis der Prüfung überhaupt nicht abwarten. Die Faktenlage ist so eindeutig, dass er die Pläne schon jetzt ablehnen kann.

Keine Ausnahme für Dea

Im schleswig-holsteinischen Nationalparkgesetz gibt es nämlich bestimmte Schutzvorgaben, die unbedingt einzuhalten sind. Entscheidend ist hier der Paragraph 5 (1), nach dem alle Handlungen unzulässig sind, die „zu einer Zerstörung oder Beschädigung führen können“. Weiter heißt es, dass Ausnahmen von dieser Schutzbestimmung nur dann zugelassen werden können, wenn mit den Bohrungen „keine erheblichen Beeinträchtigungen“ verbunden sind.

Damit müsste das Thema Ölbohrungen im Nationalpark bereits vom Tisch sein, befindet die heute veröffentlichte Rechtsexpertise. Beeinträchtigungen, wie sie unter Einhaltung der Schutzvorgaben zu vermeiden sind, wurden bereits bei einer Vorprüfung zur Umweltverträglichkeit festgestellt. Alleine, dass die Möglichkeit eines Ölunfalls besteht, schließt eine Ausnahmeregelung rechtlich bereits aus, so die Ansicht von Dr. Roda Verheyen, die das Gutachten erstellt hat.

Der Minister ist am Zug

Jörg Feddern, Greenpeace-Experte für Öl, sieht den schleswig-holsteinischen Umweltminister Robert Habeck (Bündnis 90/Grüne) nun am Zug: „Das Gutachten ist eine Gelegenheit für den Minister, dieses einzigartige Ökosystem vor dem Zugriff der Ölindustrie zu schützen.“ Im November überreichte Greenpeace ihm in Kiel rund 24.000 Unterschriften von Touristen und Küstenbewohnern gegen die geplanten Ölbohrungen im Wattenmeer. Den Sommer über hatten Greenpeace-Aktivisten mehrfach auf die Problematik von Ölbohrungen hingewiesen, unter anderem mit einer Informationstour des Schiffs Beluga II entlang der Nordseeküste sowie einem Protest direkt an einer der geplanten Bohrstellen im Nationalpark.

Das Risiko, das Dea mit den Bohrungen in Kauf nimmt, steht in keinem Verhältnis zur möglichen Ausbeute: In den Ölfeldern, die der Konzern unter dem Watt vermutet, lagern rund 20 Millionen Tonnen Erdöl – eine Menge, die den aktuellen Bedarf in Deutschland gerade einmal zwei Monate decken würde. Ein Beitrag zur Versorgungssicherheit ist das nicht.

Damit stehen die wirtschaftlichen Interessen eines einzelnen Konzerns schwerwiegenden Umweltschutzbedenken entgegen. Vor diesem Hintergrund scheint eine Genehmigung der Bohrungen nahezu aussichtslos. Habeck täte Dea mit der vorzeitigen Ablehnung vermutlich sogar einen Gefallen: Ein frühes Aus ersparte dem Konzern die weiteren Planungsschritte für ein Projekt, das ohnehin nicht verwirklicht würde.

  • SH-Umweltminister Robert Habeck und Greenpeace-Ölexperte Jörg Feddern

    Ein Wort mit dem Minister

    Überspringe die Bildergalerie
  • Beluga mit Schwimmbanner im Wattenmeer

    Schutz für eine einzigartige Landschaft

    Überspringe die Bildergalerie
  • Beluga II hinterm Ozeaneum

    Tag des offenen Bootes

    Überspringe die Bildergalerie
Ende der Gallerie
Rechtsexpertise Ölbohrungen im Wattenmeer

Rechtsexpertise Ölbohrungen im Wattenmeer

Anzahl Seiten: 20

Dateigröße: 765.18 KB

Herunterladen
Datum
Rally against Corporations Trying to Sue Critics into Silence in Oakland

Mehr zum Thema

zwei Schlauchboote mit Aktivist:innen auf der Ostsee, im Hintergrund das Schiff
  • 16.12.2024

Gefahr durch Schattenflotte: Warnemünde, Fehmarn und Damp wären im Falle einer Ölpest bedroht. Greenpeace-Aktiviste protestieren bei der Umweltminister:innenkonferenz gegen die gefährliche Fracht.

mehr erfahren
Brennender Tanker "Annika" von oben
  • 11.10.2024

Am Freitagmorgen geriet der Öltanker "Annika" vor der Ostseeküste in Brand, es drohte eine Umweltkatastrophe. Dieser Brand verdeutlicht einmal mehr, wie sehr Tanker die sensiblen Ökosysteme bedrohen.

mehr erfahren
Nach der Havarie des Öltankers Prestige vor der galicischen Küste Spaniens

Öltanker transportieren mehr als die Hälfte des geförderten Rohöls über die Weltmeere. Obwohl die Schiffe seit 2010 Doppelhüllen haben müssen, passieren immer wieder Unfälle.

mehr erfahren
Rally against Corporations Trying to Sue Critics into Silence in Oakland
  • 04.09.2024

Die Geschichte der SLAPP-Klage von Energy Transfer gegen Greenpeace in den USA - und welche Rolle sie weltweit spielt

mehr erfahren
In einem letzten Gefecht kletterten die Demonstranten auf den 125 m langen Fackelausleger der Plattform und schwenkten ein Transparent mit der Aufschrift „Bohren stoppen“. Fangen Sie an zu bezahlen.“ Unterdessen segelten fünf weitere Aktivisten unter der Leitung von Yeb Saño, Executive Director von Greenpeace Südostasien, an Bord des 8 Meter langen Tanker Tracker-Bootes von Greenpeace Nordic aus, um das 51.000 Tonnen schwere White Marlin-Schiff abzufangen, das von Shell unter Vertrag genommen wurde, als es
  • 09.11.2023

Vergangenen Februar protestierten Greenpeace-Aktivist:innen friedlich auf einer Shell-Ölplattfrom gegen Umweltzerstörung. Shell legt nun Einschüchterungsklage vor.

mehr erfahren
Canadian Activists Want 'Arctic 30' Home for the Holidays

2013 werden 28 Greenpeace-Aktivist:innen und zwei freie Journalisten für ihren friedlichen Protest gegen Ölbohrungen vor der Küste Russlands wochenlang inhaftiert. "Zu unrecht", urteilt die EU 2023.

mehr erfahren