Greenpeace informiert vor Lidl-Filialen über Antibiotika in Billigfleisch
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Unmengen Antibiotika kommen in der Schweinemast zum Einsatz, in den Knochen der Tiere bleiben Rückstände. Das machen Greenpeace-Aktivisten bundesweit vor Lidl-Filialen sichtbar.
Pestizide im Obst, Chemikalien in Speisefischen, Antibiotika in Schweinefleisch: Unsere Lebensmitteln enthalten häufig Stoffe, die wir ganz sicher nicht im Essen haben wollen. Sehen können Verbraucher diese Rückstände in den seltensten Fällen; wer gesund einkaufen möchte, muss sich auf Studien und Untersuchungen verlassen. Aber nicht ausschließlich: Greenpeace-Aktivisten zeigen vor Lidl-Filialen in ganz Deutschland, was in dem dort verkauften Billigfleisch steckt – und das können die Discounter-Kunden sogar mit eigenen Augen sehen. Die Tour beginnt heute in Hamburg.
Unter Schwarzlicht offenbart sich, was ansonsten unsichtbar bleibt: Dank der Greenpeace-Vorrichtung lässt sich auf den ersten Blick erkennen, dass in den Knochen etwas gelblich leuchtet. Unter der Speziallampe fluoreszieren nämlich Rückstände einiger Antibiotika, die in der Tierhaltung eingesetzt werden: Tetracycline sind das meistbenutzte Antibiotikum in der Massentierhaltung, beim Wachstum lagern sie sich in den Knochen der Tiere ab. Greenpeace-Aktivisten touren mit diesem unappetitlichen Kabinettstück durch 32 deutsche Städte – stets vor Filialen des Billigfleischanbieters Lidl, dessen unverantwortliche Preispolitik zu den unhaltbaren Zuständen in deutschen Ställen beiträgt.
800 Tonnen Antibiotika im Jahr
Für billiges Fleisch werden in der Schweinehaltung Unmengen an Antibiotika verwendet – die Massentierhaltung ist nun einmal anfällig für Krankheiten. In Deutschland kommen rund 800 Tonnen jährlich in der Intensivhaltung zum Einsatz, das ist ungefähr genauso viel wie in der Humanmedizin. Doch für den sorglosen Umgang bezahlen die Menschen einen hohen Preis: Je häufiger ein Antibiotikum eingesetzt wird, umso wahrscheinlicher ist es, dass sich Krankheitserreger entwickeln, die dagegen resistent sind – das Antibiotikum wird dann wirkungslos.
Und es ist nicht so, als hätte die Medizin unzählig viele Arten von Antibiotika zur Verfügung, um Krankheiten zu bekämpfen. Die Folgen zunehmender Resistenzen sind heute bereits spürbar: Alleine in Europa sterben jährlich etwa 25.000 Menschen, weil ihre Krankheiten mit herkömmlichen Antibiotika nicht mehr behandelbar sind. Die Rückstände, die Greenpeace unter Schwarzlicht sichtbar macht, sind ein Symptom dieses übermäßigen und verantwortungslosen Gebrauchs überlebensnotwendiger Medizin.
„Der sorglose Einsatz von Antibiotika in der Massentierhaltung ist eine Gefahr für die Gesundheit der Menschen“, sagt Christiane Huxdorff, Greenpeace-Expertin für Landwirtschaft. Das muss aufhören – zum Wohl des Menschen, aber auch der Tiere, die unter unwürdigen Bedingungen ihr Dasein bis zur Schlachtung fristen. „Nur bessere Tierhaltung mit weniger Antibiotika kann die Fehlentwicklung stoppen.“
Billig kommt teuer zu stehen
Wer Fleisch essen will, dem muss das Tier auch etwas wert sein: Die absurd niedrigen Preise, zu denen etwa Schweinefleisch bei Lidl über den Kassenscanner läuft, tragen zu den katastrophalen Zuständen in deutschen Ställen bei. Wenn Landwirte für ihr Fleisch zu wenig Geld bekommen, müssen sie, um wirtschaftlich zu überleben, auf Hochleistung züchten und können sich gute Tierhaltung einfach nicht leisten. „Die Folgen der Billigpreispolitik von Discountern wie Lidl sind fatal“, sagt Huxdorff. „Das ist Raubbau an der menschlichen Gesundheit, den Tieren und der Umwelt.“ Laut einem Rechtsgutachten, das Greenpeace in Auftrag gegeben hat, werden mehr als 90 Prozent der Schweine in Deutschland nicht artgerecht und damit rechtswidrig gehalten.
Die Massentierhaltung verursacht außerdem ein weiteres Problem: Große Mengen Gülle, die das Grundwasser so stark verschmutzen, dass die EU die Bundesregierung bereits vor dem Europäischen Gerichtshof verklagt. Durch die Nitratbelastung wird die Wiederaufbereitung des Trinkwassers aufwändiger. Auch diese Folgen kann der Verbraucher mit eigenen Augen sehen: auf der Rechnung der Wasserwerke.