CO2-Endlager unter Hamburg oder Berlin?
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Die Karte weist 408 Standorte auf, die laut Bundesanstalt für Geowissenschaften (BGR) geologisch als CO2-Endlager in Frage kommen. Betroffen sind vor allem Landkreise und Gemeinden im norddeutschen Raum, aber auch bei München. Sie können sich - zum Beispiel über Google Earth - vergewissern und zu Wort melden. Ist das Gesetz zur CO2-Verpressung (CCS) erst einmal verabschiedet, werden es die Gemeinden schwer haben, sich gegen Endlagerungspläne zur Wehr zu setzen.
Ferienorte, Großstädte, Weltnaturerbe Wattenmeer
Große Endlagerpotentiale gibt es vor allem in Ostfriesland von Bremerhaven bis Oldenburg und Emden, unter den ostfriesischen Inseln Spiekeroog und Langeoog sowie im schleswig-holsteinischen Wattenmeer. Weitere potentielle CO2-Endlagerstätten befinden sich unter dem Ballungsraum Hamburg-Billstedt, sowie bei Sittensen zwischen Hamburg und Bremen. Auch im Südosten von Berlin bei Königs Wusterhausen, in Nordrhein-Westfalen, zwischen Paderborn und Höxter, in Mecklenburg-Vorpommern in der Nähe von Pasewalk und östlich von München bei Waldkraiburg sind Areale zu finden.
CCS-Gesetz ignoriert Fragen der Langzeitsicherheit
CCS bedeutet Carbon Capture and Storage. Dabei wird das bei der Kohleverstromung anfallende Klimagas CO2 abgefangen und im Untergrund verpresst. Die Technologie steht noch am Anfang. Unter Fachleuten ist unstrittig, dass der Einsatz in Kraftwerken voraussichtlich erst in 15 bis 20 Jahren möglich sein wird – zu spät für den Klimaschutz. Zudem sind die Risiken kaum abschätzbar.
Greenpeace lehnt das CCS-Gesetz als übereilten Einstieg in die kommerzielle CO2-Verpressung ab. Das Klimagas muss über 10.000 Jahre sicher unter der Erde verwahrt bleiben. Der Gesetzentwurf wird dieser Notwendigkeit in keiner Weise gerecht. Die Technik ist riskant und bringt uns beim Klimaschutz nicht weiter, sagt Klimaexperte Smid. Wir können unsere Problemstoffe nicht immer einfach unter der Erde verbuddeln und Altlasten und mögliche Havarien unseren Kindern hinterlassen.
Versicherungen wollen bei Leckagen nicht haften
Beim Klimaschutzdialog Wirtschaft und Politik Anfang Februar hat selbst die Versicherungsbranche die Risiken für ein Wiederaustreten von CO2 für unkalkulierbar und nicht zu versichern erklärt. Für Bundesumweltminister Norbert Röttgen ein Dilemma. Er plant nun, mögliche Leckagen aus CO2-Endlagern nicht mehr als Freisetzung von CO2 zu werten sondern so umzudefinieren, dass die Industrie von der privatwirtschaftlichen Haftung befreit wird. Smid: Diese absurden Gedankenspiele lösen nicht die Probleme, sondern gefährden zukünftige Generationen.
Veröffentlichung unerwünscht ...
Greenpeace hatte bereits im Juni 2010 um Auskunft über CO2-Endlager gebeten. Die BGR verweigerte die Herausgabe der Standortinformationen mit unterschiedlichen Begründungen. Nun musste die Behörde die Daten zwar nach dem Umweltinformationsgesetz herausgeben, wollte aber die Veröffentlichung nach dem Urheberschutzgesetz (§ 53) untersagen. Greenpeace gab daraufhin ein Rechtsgutachten in Auftrag. Es kommt zu dem Ergebnis, dass harte Fakten grundsätzlich nicht dem Urheberrechtsschutz unterliegen und eine Tabelle im Excelformat nicht die schöpferische Tiefe erreicht, um urheberrechtlich schützenswert zu sein.
... Bürgerproteste befürchtet?
Der Widerstand gegen eine Veröffentlichung der potentiellen CO2-Lagerstätten mag handfeste Gründe haben. Bisher kam es an jedem möglichen Standort zu massiven Protesten der Bevölkerung. 2009 war ein erstes CCS-Gesetz am Widerstand von Bürgern in Nordfriesland/Schleswig-Holstein gescheitert.
In jüngster Zeit hat zudem ein Fall aus Kanada Aufmerksamkeit erregt. In Saskatchewan gibt es Hinweise auf Lecks in einem unterirdischen CO2-Endlager. Die Besitzer einer Farm über dem Speicher fanden vermehrt tote Tiere auf ihrem Grundstück. Wasser sprudelte wie mit Kohlensäure versetzt. Noch ist nicht endgültig geklärt, ob freigesetztes CO2 für die Vorfälle verantwortlich ist.
Der Fall sorgte auch in Teilen Brandenburgs für Unruhe: In Beeskow und Neutrebbin will der schwedische Energiekonzern Vattenfall potentielle CO2-Speicherstätten erkunden. Gegen die Pläne haben sich bereits Bürgerinitiativen gebildet. Die Stadt Beeskow hat im Juni 2010 Widerspruch gegen die Genehmigung zur Erkundung eingelegt.
Greenpeace fordert Umweltminister Norbert Röttgen auf, alle betroffenen Gemeinden und Regionen über die für möglich befundenen Endlagerstandorte und -kapazitäten zu informieren, bevor das CCS-Gesetz ins Kabinett eingebracht wird.
Update 20.2.2011: Greenpeace veröffentlicht CCS-Gesetzentwurf
Der Gesetzentwurf zur CO2-Verpressung (Stand 14.2.2011) als PDF