Giftige Luftballons – Krebs erregende Nitrosamine gefährden Kinder
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Update Mai 2022: Der Artikel kann veraltete Informationen enthalten. Das Problem der Nitrosamine in Luftballons bessert sich, ist aber noch nicht vollständig gelöst, wie folgender Bericht der Untersuchungsämter Baden-Württemberg zeigt.
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Kindergeburtstage, Fasching, Hochzeiten und Silvesterfeiern machen mit Luftballons erst so richtig Spaß. Doch sind die bunten Spaßmacher auch so harmlos wie sie aussehen? Schon beim Aufblasen hinterlassen sie oft einen merkwürdigen Geschmack im Mund. Der Greenpeace-Test von 21 verschiedenen Kinder- und Party-Ballons zeigt es nun: Die meisten enthalten hohe Konzentrationen Krebs erregender Nitrosamine, die man beim Aufblasen oder Spielen leicht aufnehmen und verschlucken kann.
Es gibt zwar Grenzwerte für Babysauger aus Kautschuk und für Lebensmittel, jedoch nicht für Luftballons. Greenpeace fordert deshalb rasche Abhilfe und das Verbot von Nitrosaminen in Luftballons. Bis es dazu kommt, beachten Sie bitte unsere Verbrauchertipps.
Luftballons erwiesen sich beim aktuellen Test des Greenpeace-EinkaufsNetzes als wahre Giftblasen: Bis zu 464 µg (Mikrogramm) Nitrosamine pro Kilogramm fanden die von Greenpeace beauftragten Labors in handelsüblichen Luftballons. Zwar gibt es keine verbindlichen Grenzwerte, doch das Bundesinstitut für Risikobewertung und -kommunikation (BfR) empfiehlt 10 µg/kg. 17 der getesteten 21 Ballons (81 Prozent), überschritten diesen Wert um das bis zu 46-Fache. Vier Ballons (19 Prozent) enthielten Nitrosamine im Bereich des Grenzwertes. Rückstandsfrei war kein Ballon. Hinzu kamen hohe Rückstände nitrosierbarer Verbindungen, die sich im Körper in Nitrosamine umwandeln können. Die für diese Stoffe geltende Grenzwertempfehlung von 5 Mikrogramm pro Kubikdezimeter (µg/dm2) überschritten 3 Ballons.
Nitrosamine - starke Krebsauslöser
Nitrosamine gehören ohne Zweifel zu den stärksten Krebs erzeugenden Stoffen, denen der Mensch ausgesetzt sein kann, so lautet das Urteil der Toxikologen im Standardwerk Lehrbuch der Toxikologie.
Die meisten Nitrosamine nehmen wir vermutlich über belastete Lebensmittel oder Tabakrauch auf. Beim Kontakt mit bestimmten hoch belasteten Produkten wie Luftballons kann jedoch diese schon zu hohe Normalbelastung noch einmal leicht verdoppelt werden. Ein unnötiges zusätzliches Gesundheitsrisiko!
Die Krebs erregende Wirkung von Nitrosaminen beim Menschen ist eindeutig erwiesen. Besonders gefährdete Organe sind Leber, Speiseröhre, Magen, Nieren und Harnblase. Hinzu kommt die Erbgut schädigende (mutagene) Wirkung der zahlreichen Nitrosamine. Alle bislang untersuchten Verbindungen können bereits in geringen Konzentrationen Tumore auslösen. Greenpeace fordert daher, dass Lebensmittel und Konsumprodukte möglichst vollkommen frei von diesen Giften sein müssen, d.h. sie dürfen nicht mehr nachweisbar sein.
Wie gefährlich sind Luftballons?
Schon seit den 60er Jahren ist bekannt, dass bei der Vulkanisation von Gummiprodukten giftige Nitrosamine entstehen. In den vergangenen Jahren wurde immer wieder über hohe Belastungen in Luftballons berichtet. Die Gefahr hat jedoch abgenommen, wie eine neue Untersuchungen aus dem Jahr 2021 zeigt.
In der Vergangenheit zeigten Untersuchungen, dass Nitrosamine beim Aufblasen der Ballons über den Mund leicht aufgenommen und verschluckt werden konnten: Das Bundesinstitut für Risikobewertung und -kommunikation (BfR) alarmierte im Dezember 2003: Im Extremfall konnte über Luftballons ebensoviel N-Nitrosamin aufgenommen werden wie über Lebensmittel.(...) Die nachgewiesenen hohen Gehalte an N-Nitrosaminen hielt das BfR aber für vermeidbar, die daraus resultierende Belastung für nicht akzeptabel.
Vor allem Kinder waren von der Belastung betroffen. Sie blasen besonders oft Ballons auf. Kleinkinder lecken oder nuckeln gar an den Ballons. Dabei reagieren Kinder noch empfindlicher auf diese Schadstoffe als Erwachsene. Das Bundesinstitut für gesundheitlichen Verbraucherschutz und Veterinärmedizin (BGVV) und das BfR gingen damals davon aus, dass Gesundheitsschäden durch die Ballons gerade bei Kindern nicht auszuschließen sind.
Viele Warnungen – noch keine Konsequenzen
Das Nitrosaminproblem hat sich in den letzten Jahren verschärft: Untersuchungen des Chemischen und Veterinäruntersuchungsamtes Stuttgart zeigten, dass die Belastungen getesteter Luftballons zwischen 2001 und 2003 angestiegen sind.
Wiederholt haben Verbraucherschützer und Behörden Grenzwerte für Ballons und andere Produkte gefordert, die Belastungen hervorrufen können. So etwa das Land Baden Württemberg im Jahr 2001 und 2003, das BGVV im Jahr 2002 und das BfR im Jahr 2003. Das zuständige Verbraucherministerium (BMVEL) erklärte nach Anfrage von Greenpeace am 16.2.2004 seine Absicht, entsprechende Änderungen vornehmen zu wollen. Termine für deren Umsetzung oder Grenzwerte oder wurden allerdings nicht genannt. Für Spielzeug wurde keine Regelung angekündigt.
Grenzwerte gibt es bisher lediglich für Baby-Sauger und Nuckel, die wie Luftballons aus Kautschuk hergestellt werden. Nach der Bedarfsgegenständeverordnung dürfen solche Gummisauger in einem speziellen Test mit einer speichelartigen Lösung nicht mehr als 10µg auslösbarer Nitrosamine enthalten. Das BGVV forderte schon im Jahr 2002 für Luftballons nach einem ähnlichen Test einen Grenzwert von 10 µg/kg für Nitrosamine bzw. 5 µg/dm2 für nitrosierbare Stoffe. Einen Grenzwert hat die Bundesregierung jedoch bis heute nicht erlassen.
Was und wie hat Greenpeace getestet?
Greenpeace ließ in zwei anerkannten Speziallabors 21 Luftballons aus deutschen Drogerien, Spielwarenhandlungen, Kaufhäusern und von McDonald's auf Nitrosamine und nitrosierbare Stoffe untersuchen. Die Labors haben dabei das vom BfR empfohlenen Testverfahren angewandt und deren Grenzwertempfehlungen herangezogen. In der hier beigefügten Test-Tabelle werden für jedes Produkt die Mittelwerte zwischen den beiden Labormessungen angegeben.
Nach Schätzungen von Greenpeace stammt die Hälfte der in Europa verkauften Luftballons aus europäischer Herstellung, die anderen Hälfte wird aus Asien (China, Indonesien, Thailand, Malaysia) und Nord-, Süd- und Mittelamerika (USA, Paraguay und Mexiko) geliefert. In Deutschland gibt es mit der Firma Everts nur einen Produzenten. Ihre Ware trägt in der Regel ein TÜV-Kennzeichen und soll schadstoffkontrolliert sein. Bei unserem Test wies die von Everts in Deutschland produzierte Ware vergleichsweise geringe Rückstände auf; nicht jedoch die von Everts offenbar in Malaysia produzierte und bei uns unter dem gleichen Namen verkaufte Ware. Die anderen von Greenpeace gekauften Ballons stammten laut Packung aus ganz verschiedenen Produktionsländern – oft wurde jedoch gar kein Herkunftsland genannt.
Greenpeace fordert:
- Vom Verbraucherministerium: Das sofortige Verbot jeglicher Rückstände von N-Nitrosaminen, nitrosierbaren Verbindungen und anderer gefährlichen Schadstoffe in Luftballons und sonstigen Produkten, bei denen für den Menschen die Gefahr der Aufnahme besteht. Die Nachweisgrenze darf nicht überschritten werden. Zumindest aber muss der vom Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) geforderte Grenzwert von 10µg/kg erlassen und eingehalten werden.
- Vom Handel und den Herstellern: Ein sofortiges Verkaufsstopp von nitrosaminbelasteten Ballons und die Rücknahme entsprechender Ballons von den Kunden gegen Kostenerstattung.
- Die Aufklärung der Belastung von Luftballons und anderen möglicherweise belasteten Konsumprodukten mit N-Nitrosaminen in einer repräsentativen Untersuchung durch die zuständigen Bundes- und Landesbehörden sowie die stetige Überwachung der Produkte.
Das können Sie tun:
Kinder und Erwachsene sollten keine Luftballons mit dem Mund aufpusten. Verwenden Sie nur Ballon-Pumpen.
Für Babys und Kinder unter drei Jahren sind Ballons als Spielzeug nicht geeignet. Sie könnten beim Knuddeln und Lutschen besonders viele Nitrosamine aufnehmen.
Haben Sie Luftballons zu Hause, die bei unserem Test schlecht abschnitten oder bei deren Unbedenklichkeit Sie bezweifeln? Dann schicken Sie diese am besten an Verbraucherministerin Künast und fordern Sie von Ihr, endlich Nitrosamine in Ballons und anderen Spielsachen zu verbieten. Adresse: Bundesministerium für Verbraucherschutz, Ernährung und Landwirtschaft, 11055 Berlin.