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Traktor versprüht Pestizide auf einer Apfelplantage in Deutschland
© Thomas Einberger / Greenpeace

Pestizide – Gefahr für Bienen, Mensch und Umwelt

Pestizide sind überall – auf Feldern, in Wäldern und in privaten Gärten. Sie stecken sogar in konventionellem Obst und Gemüse. Gift für Ökosysteme, Artenvielfalt und Menschen.

Pestizide sollen unerwünschte Kräuter von Äckern und Schädlinge von Nutzpflanzen fernhalten. Das klingt erst einmal harmlos. Doch die Gifte belasten die gesamte Umwelt – und das weltweit. 

Was sind Pestizide? 

Von Frühling bis Herbst kann man vielerorts teils riesige Fahrzeuge auf den Äckern beobachten, die Gift auf Getreide, Zuckerrüben und Kartoffeln spritzen. Denn die konventionelle Landwirtschaft setzt meist auf Sorten, die dafür gezüchtet wurden, den Ertrag zu maximieren, dafür aber anfälliger für Pflanzenkrankheiten oder Schädlingsbefall sind. Großflächige Monokulturen sind ein Schlaraffenland für Schädlinge. Um Ernteeinbußen zu verhindern, sprühen konventionelle Landwirt:innen chemisch-synthetische Pestizide auf ihre Felder.

Dazu zählen Herbizide gegen sogenannte Unkräuter sowie Insektizide gegen Schädlinge wie Blattläuse, Käfer, Milben und Raupen. Fungizide finden bei Pilzbefall Verwendung. Auch in intensiv genutzten Wäldern und privaten Gärten werden Pestizide gespritzt – die Umwelt ist voll davon. 

Pestizide sind schädlich  

Der großflächige Einsatz von Pestiziden hat Folgen: 

  • Pflanzenschutzmittel, wie sie auch von der chemischen Industrie genannt werden, klingt erst einmal harmlos. Doch dahinter verbergen sich chemisch-synthetische Gifte, die – wie Greenpeace bereits vor Jahren nachgewiesen hat –  sogar uns Menschen auf direktem Weg erreichen: als Rückstände in Nahrungsmitteln und im Trinkwasser. 
  • Ein kontinuierlicher Pestizideinsatz kann zu Resistenzen führen, so dass die Mittel innerhalb weniger Jahre ihre Wirksamkeit verlieren –  weil Insekten oder Kräuter widerstandsfähig gegen die Wirkstoffe geworden sind. Um dem vorzubeugen, müssen Landwirt:innen häufig unterschiedliche Mittel einsetzen. Das führt dann zu Mehrfachbelastungen in der Umwelt und in Lebensmitteln. Die Wirksamkeit dieser sogenannten Pestizidcocktails ist nicht ausreichend erforscht und kann unsere Gesundheit noch zusätzlich beeinträchtigen.  
  • Herbizide vernichten unerwünschte auf Äckern wachsende Beikräuter oder Durchwüchse der vorherigen Aussaat – und damit aber auch Nahrungsquellen von Insekten. Die Tiere finden auf den intensiv bewirtschafteten Feldern kaum Futter.
  • Pestizide stören außerdem das ökologische Gleichgewicht: Wird ein Insekt radikal dezimiert, verschwindet es auch als Nahrungsgrundlage für andere Tiere. Die Pestzide können außerdem nicht zwischen Schädlingen und Nützlingen unterscheiden. Sie töten daher auch eine Vielzahl nützlicher Insekten, welche die eigentlichen Schädlinge fressen. Sind Nützlinge tot, kann es zu einer schnellen Wiederbesiedlung mit schädlichen Insekten kommen, was eine erneute Pestizidbehandlung nach sich zieht - ein tödlicher Kreislauf, der die Menge der eingesetzten Mittel sinnlos in die Höhe treibt. 

Warum sind Pestizide gefährlich für Bienen?

Der Insektizideinsatz ist vermutlich für den massiven Rückgang der Bienen mitverantwortlich. Für die Landwirtschaft sind Insekten von großer Bedeutung, da sie viele Kulturpflanzen wie Obstbäume und verschiedene Gemüsesorten bestäuben und somit erheblich zum Ernteerfolg beitragen.

Gemüsestand mit Obst und Gemüse.

Bienen sind nicht nur für die biologische Vielfalt und ein funktionierendes Ökosystem essentiell, sie leisten auch einen wichtigen Beitrag für die Ernährung.

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Einige Pestizide verwandeln Blüten in eine Gefahr für Bienen - besonders Neonicotinoide wie das Nervengift Thiamethoxam. Lange galten die Mittel, die auch zur Schädlingsbekämpfung bei Zuckerrüben eingesetzt werden, als ungefährlich. Das Nervengift schädigt jedoch das Gehirn von Bienen, die dann ihren Orientierungssinn verlieren.  Im Jahr 2018 folgte ein Verbot des Wirkstoffs, doch wenige Jahre später klagten Landwirt:innen über Ausfälle bei der Zuckerrübenernte. In sieben Bundesländern wurden zeitlich befristete Sonderzulassungen für gebeiztes Saatgut auf Druck der Zuckerlobby erteilt.

Stichproben von Greenpeace weisen Thiamethoxam im Jahr 2021 auf Zuckerrüben-Feldern in Deutschland nach. „Obwohl das Insektensterben dramatische Züge angenommen hat, sind in diesem Jahr auf zigtausend Äckern in Deutschland besonders gefährliche Bienengifte ausgebracht worden”, sagt Christiane Huxdorff, Greenpeace-Expertin für Landwirtschaft. Die Folge: Auf 126.900 Hektar Land darf im kommenden Jahr nichts blühen, weil Insekten sonst mit den Giften in Berührung kommen würden. Somit könnten die belasteten Blüten zur Todesfalle für zahlreiche Insekten werden.

Recherche nach Pestiziden in Zuckerrüben. Greenpeace-Expertin Leah Petersen nimmt Proben auf einem Feld in Nordrhein Westfalen.

Pestizidrecherche Zuckerrüben: Greenpeace-Expertin Leah Petersen nimmt Proben auf einem Feld in Nordrhein Westfalen.

Pestizide schaden der Umwelt 

Pestizide verteilen sich in der gesamten Umwelt. Durch ihren immensen Einsatz sammeln sich immer mehr davon in den Böden an und landen auch in Pflanzen neben den gespritzten Feldern. Die schädlichen Stoffe können auch ins Grundwasser gelangen. In Ländern mit intensiver Plantagenwirtschaft wie in Brasilien ist die Belastung des Wassers mit Pestiziden besonders hoch - im Bundesstaat Mato Grosso do Sul konnte die Wasserbehörde 27 verschiedene Wirkstoffe im Grundwasser nachweisen, von denen elf stark gesundheitsgefährdend sind. 

Beim Bananenanbau in Costa Rica werden Pestizide über Flüsse bis ins Meer gespült, wo sie auch vorgelagerte Korallenriffe schädigen. Regionen mit intensiver industrieller Landwirtschaft sind häufig regelrechte Agrarwüsten, in denen kaum noch natürliches Leben vorhanden ist. Mit der Umwelt leiden auch Menschen unter dem Gifteinsatz, die dort arbeiten und leben.

Auch die Unkrautbekämpfung mit Herbiziden kann Insekten schädigen: Jahrelang galt Glyphosat als unbedenklich für Mensch und Tier. Doch Studien zeigen mittlerweile auch, dass Glyphosat den Orientierungssinn von Bienen schädigt und ihre Darmflora beeinträchtigt. Zudem zerstört das Spritzmittel Nahrungsquellen für Insekten, denn Glyphosat tötet alle Pflanzen ab, die nicht gentechnisch verändert oder resistent sind. 

Ein 2021 vom Bundeskabinett beschlossenes Insektenschutz-Paket soll neben mehr Lebens- und Schutzräumen für Insekten auch dafür sorgen, dass in der Landwirtschaft weniger Pflanzenschutzmittel eingesetzt werden. Doch die Maßnahmen zum Schutz von Insekten wie Bienen gehen nicht weit genug. Eine EU-weite Strategie für eine entgiftete Landwirtschaft ist mehr als überfällig: Huxdorff fordert ein Ende der Sonderzulassungen für die gefährlichen Neonicotinoide und ein Verbot von Glyphosat. Im Gegenzug sollte es Subventionen für Betriebe geben, die komplett auf Gifte verzichten. Denn dass es auch anders geht, beweisen ökologisch wirtschaftende Landwirt:innen.

Noch immer exportieren deutsche Agrarchemiekonzerne hochgefährliche Pestizide, die in der EU verboten sind. Es ist höchste Zeit, dass die Bundesregierung die Doppelstandards beendet.

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Pestizide gefährden die Gesundheit 

Pestizide können Menschen sowohl akut als auch chronisch schädigen. Besonders gefährlich sind die langsamen und zeitversetzten Wirkungen von Pestiziden: Sie können die Zellteilung stören, das Entstehen von Krebs begünstigen, das Erbgut verändern, das Immunsystem beeinträchtigen, Allergien auslösen. Für Kinder, Schwangere und ältere Menschen stellen sie ein ernstzunehmendes Gesundheitsrisiko dar. Studien, wie etwa in der National Library of Medicine veröffentlicht, belegen ihren Einfluss auf neurologische und kognitive Störungen, Parkinson, Alzheimer, Fortpflanzungsstörungen und bestimmte Krebsformen. Einige – vor allem ältere – Pestizidwirkstoffe lagern sich im Fettgewebe von Menschen und Tieren ab. Dies führt zu hohen Schadstoffkonzentrationen im Organismus vor allem bei Lebewesen, die am Ende der Nahrungskette stehen. 

Die EU hat Kriterien aufgestellt, nach denen alle Pestizide verboten sein sollen, die das Erbgut verändern, das Hormonsystem beeinträchtigen, die Fortpflanzung gefährden oder krebserregend sind. Darunter fällt zum Beispiel das bis in die 70er Jahre hinein eingesetzte DDT. Das Dauergift lässt sich noch heute im Blut der meisten Menschen nachweisen. Das zeigt, wie schwer bis unmöglich es ist, die eingesetzten Mittel wieder aus der Umwelt rauszubekommen – das gilt insbesondere für die langlebigen Wirkstoffe.

Besonders wichtig ist es, dass die Zulassung von Pestiziden regelmäßig überprüft wird und dabei unabhängige Studien zur Bewertung herangezogen werden, so wie es aktuell auf EU-Ebene bei der Verlängerung von Glyphosat passiert. “Zum Schutz der Gesundheit ist ein Verbot besonders gefährlicher Pestizide längst überfällig. Dazu gehören auch solche, die im Verdacht stehen, Krebs zu erregen oder auf das Hormonsystem wirken”, folgert Greenpeace-Expertin Huxdorff.

In welchen Ländern sind Pestizide verboten?

Einige hochgiftige Pestizide wie Fipronil, die in der EU verboten sind, dürfen Unternehmen legal in außereuropäische Länder exportieren – ein gefährlicher Doppelstandard. Allein 2018 exportieren deutsche Unternehmen 8000 Tonnen an Pestiziden ins Ausland, die in der EU nicht zugelassen sind. Viele der Stoffe gefährden dort die Gesundheit der Menschen, zum Beispiel in Brasilien. 

Die brasilianische Expertin für Pestizide, Larissa Bombardi, erklärt im Interview mit Greenpeace: “Unter den  jüngsten Tragödien im Zusammenhang mit Pestiziden in Brasilien sind wohl die am dramatischsten, bei denen die Wirkstoffe über Dörfer versprüht wurden. In vielen Fällen sind das nachweislich Verbrechen – mit gravierenden Folgen. Etwa 20 Prozent der Pestizidvergiftungen in Brasilien betreffen Kinder und Jugendliche im Alter von 0 bis 19 Jahren, darunter auch Neugeborene.”

Nicht selten landen viele der exportierten Pestizide auch in Europa wieder auf dem Teller. Ein von Greenpeace beauftragtes Labor untersuchte 70 Obstproben aus Brasilien und wies insgesamt 35 verschiedene Pestizid-Wirkstoffe in 59 Proben nach. Davon sind elf in der EU nicht zugelassen. Trotzdem sind die Mangos, Papayas, Limetten, Melonen und Feigen in deutschen Supermärkten erhältlich.

Grafik Pestizide aus Deutschland in brasilianischem Obst: Anzahl der Rückstände pro Probe

Laboruntersuchung konnte bis zu neun verschiedene Pestizidwirkstoffe in Papayas nachweisen

Schon jetzt kommen ein Fünftel der importierten Pestizide in Argentinien, Brasilien, Paraguay und Uruguay aus Europa. Kommt das geplante Freihandelsabkommen zwischen der EU und den Mercosur-Staaten zustande, steigt auch der Export von Pestiziden. Denn das Abkommen soll die Zölle auf Chemieprodukte in Zukunft abschaffen. In Brasilien finden immer mehr hochgiftige Pflanzenschutzmittel Verwendung. “44 Prozent der in Brasilien eingesetzten Pestizide sind in der EU nicht zugelassen”, sagt Agrarökologe Antônio Inácio Andrioli im Interview mit Greenpeace.

Greenpeace-Protest gegen Pestizide mit Cocktail Bar vor dem Wirtschaftsministerium

Caipirinha-Zutaten: Eis, Cachaça, Rohrzucker, Limetten, 7 Pestizide. Eine Greenpeace-Untersuchung von Limetten enthüllt, wie europäische Pestizide um die Welt (und zurück) reisen.

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Sind in Bio keine Pestizide?

Weltweit sind Pestizide für den Rückgang der Artenvielfalt auf Feldern in hohem Grad mitverantwortlich. Die Biodiversität in der Umgebung ökologisch geführter Betriebe ist höher als auf konventionell bewirtschaftetem Land. Denn der Biolandbau verzichtet auf chemisch-synthetische Pestizide. Davon profitieren Natur, Grundwasser und die Lebensmittelqualität. 

Die ökologische Landwirtschaft stärkt die natürliche Widerstandskraft der Pflanzen gegen Krankheiten und Fraßfeinde durch eine bewusste Wahl der Standorte und Sorten, Fruchtwechsel und weitere vielfältige Maßnahmen. Wachsen bestimmte Pflanzen auf einem Feld nebeneinander in einer Mischkultur, können sie Schädlinge voneinander fernhalten. Ist der Boden zusätzlich durch Zwischenfrüchte das ganze Jahr bedeckt, bildet sich weniger Unkraut. Am Feldrand hingegen dürfen wieder wilde Kräuter blühen – darüber freuen sich Bienen und Hummeln, die wiederum viele Nutzpflanzen wie Raps, Erdbeeren, Tomaten und Obstbäume bestäuben. Einige schädliche Insekten, wie etwa Blattläuse, lassen sich außerdem durch nützliche Insekten wie Flor- oder Schwebfliegen bekämpfen – ganz ohne Gift. 

Bio-Lebensmittel sind folglich nahezu frei von Pestiziden. Vereinzelte Rückstände können jedoch vorkommen, da Getreide, Obst und Gemüse nicht unter einer Schutzglocke wachsen – Gifte können die Bio-Pflanzen auch vom Nachbarfeld erreichen. Um Mensch, Natur und Insekten zu schützen, ist es deshalb umso wichtiger, dass sich auch die konventionelle Landwirtschaft vom Einsatz chemisch-synthetischer Pestizide verabschiedet. 

Letztendlich überwiegen in einer Landwirtschaft, die ohne Pestizide arbeitet, die Vorteile. Zwar können sie Ernteeinbußen verhindern, sie verringern jedoch unweigerlich auch die Biodiversität und sind schädlich für Menschen. Auf lange Sicht zerstört die konventionelle Landwirtschaft durch den Einsatz von Pestiziden ihre eigene Grundlage, indem sie die Artenvielfalt in Boden und Luft schädigt. Eine ökologische Landwirtschaft, wie in der Greenpeace-Vision skizziert, schützt Lebewesen und kann trotz geringerer Ernteerträge die Welt ernähren – indem weniger Lebensmittel weggeschmissen und weniger Fleisch gegessen wird. Denn zurzeit verschlingt der Fleischhunger in Europa riesige Anbauflächen für Futtermittel in Deutschland, Europa und sogar in Südamerika – wo Lebensmittel für Menschen wachsen könnten. Ökologische Landwirtschaft ist nachhaltiger und zukunftsfähiger als konventioneller Anbau – ganz ohne Pestizide.

 

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